Sprachkurs erwünscht!

Claudia Koreck: "fliang"

von Bernd Geisler

Sprachkurs für Nichtbayern erwünscht

Es gibt Menschen, die reden, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Manche öffnen diesen Schnabel, um zu singen. Zu ihnen gehört Claudia Koreck, eine blonde 21-jährige. Ihr Schnabel ist in Bayern gewachsen. Das an sich ist natürlich kein Hindernis, Lieder und Person nett und mehr zu finden.

Claudia Koreck legt Wert auf ihre Texte, sie müssen „authentisch sein, und so klingen, wie sie es selbst sagen würde“ (Zitat aus ihrer Biographie). Da hat sie nicht bei jedem gute Karten. Ich habe kein gesungenes Wort ihrer Lieder verstanden. Ich bin im Ruhrgebiet geboren und größten Teils dort aufgewachsen. Ich vermute alles südlich von Frankfurt dicht beim Äquator. Dort hausen wilde Löwen, und urige Gestalten schlagen sich beim Volkstanz ins Gesicht. Also her mit dem Beiheft. Daß „fliang“ etwas mit „fliegen“ zu tun hat und „I mog de Dog“ nicht heißt „Ich mag deinen Hund“ - darauf wäre ich nie gekommen. Erinnert denn so eine Zeile wie „I mohohohog de Dohohohog“ (wörtliches Zitat aus „I mog de Dog“ des Beiheftes) nicht an einen Kläffer? Ich muß auch zu meiner Schande gestehen, daß ich den französischen Text des letzten Liedes „Chocolat“ für bayerisch gehalten  habe - das Bajuwarische hatte mich umnebelt wie drei Maß Oktoberfestbier. Ich bin ein bequemer Mensch, ich möchte nicht immer mit dem Textheft herumlaufen, um Claudias wichtige Botschaft zu enträtseln. Da gehöre ich wohl nicht zur Zielgruppe. Schade. Sie kommt nämlich so authentisch daher, daß ich sie schon gerne kennenlernen möchte.

Ich nehme ihr ab, daß sie (noch?) durch und durch echt ist, und sie an das glaubt, was ihr aus dem bayerischen Mund sprudelt. Ein nettes Mädel und vermutlich sogar mehr. Aber ihre Lieder! Claudia Koreck zeichnet durchweg verantwortlich für die Musik. Und die klingt genau so, wie ich mir eine 21-Jährige vorstelle, die beginnt, ihre selbstgemachten  Liedchen zu trällern: Mit viel Gefühl und Herz. Begeisterung, Natürlichkeit und Wärme gibt’s obendrauf. Nur Charisma - das, was nach dem Anhören von zwölf Liedern hängen bleibt -, das fehlt. Die Erinnerung an die CD reduziert sich auf Gesang mit Standardbegleitung. Vielleicht hat das Leben noch keine Narben auf ihren Stimmbändern - Soul - hinterlassen, vielleicht fehlt ihr noch das Gefühl, mit dem Rücken an der Wand zu stehen, um ihre Aggressivität loszuwerden, vielleicht dümpelt ihre Botschaft von „Verliebtsein, Verlassensein, Verrücktsein“ (Zitat Biographie) noch in zu seichtem Chiemseewasser.

Manchmal zuckt zudem arg bedrohlich ein rosarotes Schlagerherz in ihr. Getreu des Titels ihrer Lebensbeschreibung „A Sternderl am Musikhimmel“. Die Lieder „Es liegt nur an dir“, „Herbstwind“ (Juliane Werding lässt grüßen) und „Vergangenheit“ fänden, mit Bombastsound aufgemotzt, durchaus ihr Publikum in der Hitparade des ZDF. Die Band hält sich bedauerlicherweise auf der CD vornehm zurück. Die Musiker könnten Claudia Koreck an die Wand spielen, drehten sie voll auf. Aus „Schrei“ würde ein richtiger Fetzer à la Jule Neigel werden. Davon zeugt auch eine gleichzeitig erschienene DVD mit nahezu identischem, etwas umfangreicherem Programm. Die muß wohl in Bayern aufgenommen worden sein. Niemand hatte ein Textheft in der Hand.

Beispielbild
Cover Photo: Jens Palfi

Claudia Koreck
Fliang

Cladia Koreck - Gesang, Akustische Gitarre
Titus Voller - Gitarre
Gunnar Graewert - Tasten
Andreas Otto Schellinger - Bass
Manni Müller - Schlagzeug

Produzent: Gunnar Graewert

©  2007 Lawine - Sony BMG

Titel:
Fliang   4:24
Schrei   3:37
Herbstwind   5:14
I wui weg   3:13
Unverwundet    3:51
Schuah aus   3:20
I mog de Dog   5:00
Es liegt nur an dir   4:03
Wenn des alles is   2:57
Vergangenheit   3:56
Daschn   3:16
Chocolat   4:29

Gesamtzeit: 47:27

Weitere Informationen unter: www.claudia-koreck.de