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„Entscheidungen - Mein Leben in der Politik“ von Gerhard Schröder

von Wolfgang Nitschke

Wolfgang Nitschke - © Manfred Linke / laif
Aus dem Lippischen
 
„Entscheidungen - Mein Leben in der Politik“
von Gerhard Schröder
 
 
Liebe Leser!

Und so beginnt der ganze Tinnef:
„Erinnerungen aufschreiben, die Schwebeteilchen im Kopf zu einander bringen und zu Bildern fügen. Was war wichtig?
War all das wichtig, woran Erinnerung bleibt? Oder gibt es schwarze Löcher, die mit Macht schlucken, was nicht erinnert werden will?“

Wie? „Schlucken, schwarze Löcher, Schwebeteilchen“? Macht er uns jetzt den Stephen Hawking mit 5 Promille intus? Ich glaub’, ich hol’ mir mal ’ne Flasche Bier.
„Erste Erinnerungen: Das Wummern, wenn der Fußball an die Holzwand des Behelfsheim klatschte. Draußen Gejohle, und drinnen klirrten die Tassen.“
Meine Güte ... is dat Hölderlin? Kann doch nich’ sein!
„Das Behelfsheim an einer Eckfahne des Fußballplatzes in Bexten, etwa zwanzig Kilometer östlich von Bielefeld, also
im Lippischen.“

„Im Lippischen“! Mann, is’ mir schlecht!

Nein, das war weder Hawking noch Hölderlin. Diese lip­pische Volks-Schmiere in Reinkultur ist original imitiertes Günter-Grass-Blech, ge­hubert & getrommelt von Ex-Regierungsspre­cher Karsten-Uwe Heye, nach einer Idee aus’m Läppisch-Schröderschen.
Doch kaum hat man sich mit diesem Dorfterrorjargon ab­gefunden, wechselt er abermals seinen Ghostwriter und gibt uns paar Seiten weiter den Wallraff:
„Ich war unten, und das wurde mir selbst in kleinen Details unter die Nase gerieben. Unser Pfarrer küm­merte sich im Konfirmandenunterricht nur um die Kinder aus besseren Kreisen. Für den Rest war der Vi­kar zuständig.“
So, so! Der Vikar ... An der Stelle mit dem Vikar, der für den Rest zuständig war, befürchtete ich, daß nun wieder der Nobel-Erotiker G-Punkt Grass die Regie übernehmen würde. Stattdessen blitzte plötzlich aber der wahre Schröder durch:
„ ... zudem trieb mich ein brennender Ehrgeiz. Ich wollte was Besseres werden!“
Ja. Ach, wenn doch der Heye beim Pellen von Schröder seiner Zwiebel nur ein klein wenig mehr Ironie verwendet hätte, hätte er schön hinten dransetzen können: „Und im Übrigen – und das wird man ja wohl noch sagen dürfen – war das damals beim Führer auch nicht an­ders gewesen. Und so beschloß ich, Politiker zu werden!“
Doch was macht er? Er läßt die Ironie einfach weg und schreibt:
„Mein ganzes Leben lang habe ich versucht, Grenzen immer wieder an den Horizont zu verschieben.“
Daß er also heute immer noch stolz darauf ist, Arm in Arm mit seinem grünen Taxifahrer und dem überforder­ten Swimmingpoolplantscher Rudi Scharping als erster deutscher Kanzler nach ’45 wieder Belgrad bombardiert zu haben, „um Auschwitz zu verhindern“, und sich ansonsten 540 volle Seiten damit brüstet, nicht ganz so schlicht zu sein wie George W. Bush ... geschenkt! Was ich noch zitieren wollte, war dieses:
„Technik war nicht meine Stärke, dafür aber Schnel­ligkeit, und zudem trieb mich ein brennender Ehrgeiz.“
Was? Den hatten wa schon? Okay, dann eben den hier:
„Ich habe häufig mit meiner Frau Doris über Wirkung und Wahrnehmung unserer Politik im Alltag der Men­schen diskutiert. Denn die Doris war selbstverständlich meine wichtigste Verbindung zur Außenwelt – so auch während der BSE-Krise.“
Gute Nacht.

Nachtrag:
Die ganze Wahrheit über den Basta-BamS-und-Glotzen-Kanzler aber erfuhr man nur via seine Lieblingszeitung BILD:
„Welches Kapitel ist Ihnen am leichtesten gefallen?“
Schröder:
„Das Kapitel, in dem ich über meine Jugend erzähle. Das sind einfach wahre Begebenheiten.“

(August 2013)