Selfie, Bifie, Dronie

Eine Lifestyle-Glosse

von Roderich Trapp

Roderich Trapp - Foto © Bettina Osswald
Selfie, Belfie, Dronie
 
Der digitale Lifestyle wird immer komplizierter. Wer was auf sich hält, kann schon längst von Mallorca aus per App seiner Jalousie zu Hause mitteilen, daß sie noch nicht hochgehen muß, weil sich der Flug verspätet. Das hat ihm eine andere App gerade mitgeteilt, die daraufhin automatisch seine Pizzalieferung für den Heimkehrer-Imbiß bei Lieferando.de storniert. Selbst machen müssen wir eigentlich gar nichts mehr. Außer Selfies.
Selfies kennen Sie inzwischen sogar als analog lebender Mensch: Das sind diese Fotos, die Menschen mit Handys von sich selbst schießen und darauf meistens aussehen wie eine frisch geborgene Wasserleiche aus dem ARD-Tatort. Deshalb müssen sie dringend mit Freunden in aller Welt geteilt werden.
 Möglicherweise hat sich die Selfie-Welt auch aus diesem Grund sehr schnell in andere Richtungen weiterentwickelt. Zum Beispiel in Richtung der Belfies. Dabei fotografiert man nicht mehr den Kappes, sondern den Pöppes. Das erfordert erhebliche Gelenkigkeit oder einen Spiegel, erzeugt aber im Netz viel höhere Aufmerksamkeit. Vor allem wenn man Kim Kardashian heißt und das eigene Hinterteil zur beruflichen Kernkompetenz entwickelt hat.
Nicht unkompliziert sind auch Felfies, bei denen das mit abgelichtete Tier in der Regel besser aussieht als der Fotograf. Ganz zu schweigen von den aktuell in allen Urlaubsgebieten im Sekundentakt entstehenden Bifies von Frauen in ihren Bikinis. Hier rächt sich wie bei allen anderen Selfies die Tatsache, daß der Aufnahmewinkel durch die überschaubare Länge des menschlichen Armes extrem limitiert und das Motiv damit gerne im extremen Weitwinkel verzerrt ist. Da sieht dann selbst Heidi Klum auf ihrem Belfie aus, als hätte sie gerade an einer holländischen Strandbude dreimal Pommes spezial gegessen.
Aber auch für dieses Problem gibt es schon wieder Lösungen. Zum Beispiel in Form des Selfie-Sticks. Am Ende dieser Teleskopstange kann man das Smartphone befestigen, um per Fernauslösung aus größerer Entfernung Bilder von sich mit mehr drauf zu produzieren, die dann auch keiner sehen will. Bei japanischen Touristen auf der üblichen „Ganz Europa in drei Tagen inklusive An- und Abreise“-Tour gehört dieses Instrument inzwischen zur Standardausrüstung. Übrigens speziell bei Gruppenaufnahmen, die neuerdings Ussie heißen.
Noch bessere schlechte Fotos kann man natürlich machen, wenn man eine Drohne benutzt. Dronies sind die neue Königsdisziplin der Selfies. Das Smartphone fliegt dabei mit einem kleinen Hubschrauber ständig hinter einem her und filmt oder fotografiert automatisch alles, was man so macht. Wobei: So neu ist das gar nicht, das hatten wir früher schon mal. Da hieß das aber noch Stasi...
 
Bis die Tage!
Ihr
Roderich Trapp



© 2015 Roderich Trapp/Rundschau Verlags-Gesellschaft -
Erstveröffentlichung in der Wuppertaler Rundschau am 18.7.2015
Veröffentlichung in den Musenblättern mit freundlicher Genehmigung des Autors und der Wuppertaler Rundschau
Für das Selfie-Foto danken wir Karl-Heinz Krauskopf (DGPh).