Die 1950er, 60er und 70er im Spiegel ihrer Automobilität

Alexander Franc Storz – „So rollten die Fünfziger/Sechziger/Siebziger"

von Robert Sernatini und Frank Becker

So rollten sie…
 
Die 1950er, 60er und 70er
im Spiegel ihrer Automobilität
 
Wer erinnert sich nicht an sein erstes Auto, vom Munde abgespart, meist gebraucht gekauft und heiß geliebt. Stolz ließ man sich damit ablichten, gerne auch mal das Auto und die Freundin oder Ehefrau. Das trug man dann im Portemonnaie mit sich herum um damit anzugeben und sagen zu können: schau mal! Schließlich waren beide der kostbarste Besitz, vor allem die Freundin. Wer in alten Fotoalben stöbert, findet diese Bilder, die so viel zu erzählen haben, in unendlichen Variationen immer wieder: am Samstag beim Wagenwaschen, der Familienausflug am Wochenende, Picknick mit der Süßen, Schnappschüsse von der ersten Italienreise, die Verkehrssituation, die eher zufällig mal mit aufs Bild kam oder – denkt man an die Fünfziger – die noch fast leere Autobahn. Ein ähnliches Bild sollte sich zwanzig Jahre später während der Ölkrise wiederholen.
 
In den 50ern und 60ern noch ein Luxusartikel für den „kleinen Mann“, man arbeitete sich hoch: von Schusters Rappen über das eigene Fahrrad, ein erstes „FmH“ (Fahrad mit Hilfsmotor), vielleicht ein Moped von Kreidler oder Herkules, ein kleines Motorrad oder einen der schicken neuen Roller von Heinkel oder Vespa. Und dann: das erste eigene Auto. Man war damals noch bescheiden und genierte sich nicht für die gebrauchte Rostlaube – Hauptsache vier Räder! Wer Anfang der 50er einen Standard-Brezelkäfer oder in den 60ern das Export-Modell von VW hatte, war zufrieden. Die hielten es nämlich mit der Werbung und fuhren, fuhren, fuhren…

Wunderbare, noch nicht allzu viele, oft schlicht ausgestattete Wagen rollten damals auf den bundesdeutschen Straßen und Autobahnen, auf denen die Polizei Porsche fuhr, - in den frühen 1950ern, grüßten sich Autofahrer (Autler) noch beim Begegnen auf der Landstraße oder beim Überholen auf der Autobahn. Lloyd, Hansa, Goliath, Isetta, DKW, Gutbrod, Taunus, Spatz, Goggomobil oder NSU der Autler standen den Karossen der Herrenfahrer gegenüber: Mercedes, Opel Kapitän, Rekord, Borgward, Porsche, BMW 502, Ford 17 M oder auch schon mal ein Ami-Schlitten. Autos hatten übrigens noch ihren individuellen Schnitt, ein „Gesicht“, das Blech war dick, das Benzin billig, an den Tankstellen wurde man bedient (dazu gibt es ein besonders gelungenes eigenes Buch, über das wir später berichten) und man fand garantiert einen Parkplatz zu Hause vor der eigenen Tür oder genau da, wo man beim Einkaufen oder Vergnügen gerade hinwollte. Und bei einer Panne konnte man noch fast alles selber reparieren.


VW 1200 Standard 1951, selbst reparieren normal - Foto © Frank Becker



BMW 502 V8, der "Barockengel" 1958 - Foto © Frank Becker


Porsche 90 SC Cabrio, 1962  - Foto © Frank Becker

Mit dem Wirtschaftswunder wuchs die Automobilproduktion, und die damals noch gesicherten Einkommen machten Autokäufe höheren Anspruchs möglich. Es war in den 60ern wie jetzt, 50 Jahre später: die Autoindustrie war der Motor der Wirtschaft. Mehr Geld in der Lohntüte ließ auch Autoträume schneller wahr werden. Zwar blieben Luxussegment und Otto Normalverbrauchers Möglichkeiten immer noch zwei Welten, aber jeder konnte sich schon mehr leisten. Die Palette der deutschen Werke von Opel und Ford, Volkswagen, BMW, Borgward und Mercedes wurde reichhaltiger – und sukzessive kamen Importe hinzu: Fiat, Peugeot, Renault, Citroen erfreuten sich wachsender Beliebtheit. Dafür verschwanden einige der anderen Marken still und leise – oder auch mit einem Knall wie Borgward – von der Bildfläche. Den Deutschen ging es immer besser und der „Gebrauchte“ mußte immer häufiger dem Neuwagen weichen.
Die 70er Jahre brachten zum einen regelrechten Boom bei Import und deutscher Produktion. Zum anderen markierten die beiden Ölkrisen 1973 und 1979, die sogar zu Sonntagsfahrverboten führten, einen Wandel.


Opel Rekord P 1, 1958 - Foto © Frank Becker

Volvo und Saab eroberten das Herz der Sicherheitsbewußten, Citroen 2CV und Renault R4 wurden zum Liebling von Studenten und Sparfüchsen, der VW begann, sein Gesicht zu wandeln (nicht unbedingt zu seinem Vorteil) und die hoch motorisierten Flaggschiffe von Opel und Ford gingen vor den explodierenden Spritpreisen in die Knie. Heute sind sie wieder Kult. Noch bevor die Japaner in en 80ern mit geballter asiatischer Wirtschaftmacht auf den europäischen Automarkt drängten, kamen wirtschaftlichere, schnittigere deutsche Produktionen zum Zug. Man traute sich sogar, eigene Sportwagen zu produzieren: Ford Capri, Opel GT, Volksporsche und Buggy.


Renault R4 1969 - Foto © Frank Becker
 
So bunt wie die sich wandelnde Autolandschaft dieser drei Jahrzehnte sind die drei Bücher, die wir Ihnen hier vorstellen: quasi die kollektive deutsche Automobil-Erinnerung (West) an die 50er, 60er und 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Alexander Franc Storz hat Album-Bilder, Werks- und Werbefotos, dazu Geschichten und Fakten gesammelt, fachkundig kommentiert und sie zu unterhaltsamen Kaleidoskopen der Jahrzehnte zusammengestellt. Prall voller Erinnerungen zeigen sie, wie Autos das Gesicht ihrer jeweiligen Zeit, eines Jahrzehnts geprägt haben. Vom soliden Brezelkäfer der frühesten 50er über die sparsamen Studentenmobile 2CV und R4 und die benzinfressenden Schlachtschiffe Opel Admiral und Ford Granada bis zum Audi und den vernunftbetonen Schweden Volvo oder Saab ist alles drin.


Ford 26 M, 1970 - heute wieder Kult - Foto © Thomas Max Müller / pixelio.de
 
Firmenfotos ergänzen die privaten Schnappschüsse. Man kann mit Fug und Recht sagen, daß jedes dieser drei Bücher ein Quell der Freude des Erinnerns ist. Sicher, sie richten sich überwiegend an die Generationen, die damals „dabei“ waren, an Nostalgiker, die von den guten alten Autofahrerzeiten schwärmen, doch auch jeder grundsätzlich an der Geschichte des Autos und an der Zeitgeschichte Interessierte wird hier eine Fundgrube finden, ein Füllhorn entdecken.
 
Alexander Franc Storz – „So rollten die Fünfziger - Unterwegs im Wirtschaftswunder“
© 2012 Motorbuch Verlag, 176 Seiten, gebunden, 230mm x 265mm, 253 s/w Bilder & 70 Farbbilder  -  ISBN: 978-3-613-03395-5

19,95 € / 27,90 CHF
 
Alexander Franc Storz – „So rollten die Sechziger - Zwischen Mauerbau und Mondlandung“
© 2013 Motorbuch Verlag, 176 Seiten, gebunden, 230mm x 265mm, 144 s/w Bilder & 183 Farbbilder  -  ISBN: 978-3-613-03584-3
19,95 € / 27,90 CHF
 
Alexander Franc Storz – „So rollten die Siebziger - zwischen Prilblumen und autofreien Sonntagen“
© 2014 Motorbuch Verlag, 176 Seiten, gebunden, 230mm x 265mm, 100 s/w Bilder & 149 Farbbilder  -  ISBN: 978-3-613-03633-8
19,95 € / 27,90 CHF

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Roger Gloor – „Alle Autos der 50er-70er Jahre“
 
Weitere Informationen:  www.paul-pietsch-verlage.de

Redaktion: Frank Becker