It’s just a jump to the left…

Richard O’Briens „The Rocky Horror Show“ in Hof

von Alexander Hauer

© SFF Fotodesign Hof
Theater Hof
Richard O’Briens
„The Rocky Horror Show“

Premiere, 14. Februar 2015
 
Musikalische Leitung: Willi Haselbek – Inszenierung: Reinhardt Friese – Choreographie: Stephan Brauer – Bühne und Kostüme: Annette MahlendorfBilder: SFF Fotodesign Hof

Besetzung: Magenta: Cornelia Löhr – Janet: Julia Leinweber – Brad: Jörn Bregenzer – Erzähler: Thomas Hary - Riff-Raff: Chris Murray - Columbia: Susanna Mucha - Dr. Frank´nfurter: Léon Van Leeuwenberg – Rocky: Stefan Reil - Eddie, Dr. Everett Scott: Jonathan Agar – Kamerafrau: Despina Rhaue – Phantoms: Evelina Kukushkina // Eva Dollinger // Regula Fischbach // Nicolas Firlei-Fernandez // Robin Goller // Anna Lena Goltz // Daniel Grünert // Lara Hofmann // Lina Rifq Kamal // Esra Karyagdi // Wiktor Lukaszynski // Nora Oeser // Marina Schubert 

It’s just a jump to the left…

Ein außerirdisch guter Musicalcast verstärkt mit Shakespearedarstellern rockt das Universum

Als 1973 der Universalmusiker Richard O’Brian seinen Rocky in seinem The Royal Court Theatre London, einem 63-Personen-Theater aus der Taufe hob, dachte noch keiner an die Generation Porn. Die Darstellung von Sexualität auf der Bühne war zumindest auf der Insel noch verpönt. Transvestiten waren höchstens als Lachnummer in Stücken wie „Charlies Tante“ akzeptiert, als Lebensart aber auf keinen Fall. Trotzdem, oder vielleicht auch gerade deswegen haben sich die Fantasien eines 14-jährigen, der nicht wohin weiß mit der Pubertät, so rasant durchgesetzt und zumindest die Musicalwelt erobert.
Aber was ist das Faszinierende an dem Stück heute, in einer durch und durch sexualisierten Welt? Reinhardt Friese begeht nicht den Fehler, das Stück auf eine höhere Ebene zu stellen, sondern er und seine Ausstatterin Annette Mahlendorf verzichten auf alles offensichtlich Anstößige, zeigen nichts und lassen alles erahnen. Und erreichen genau damit diese besondere Komik, die der eher trivialen Dramaturgie den frivolen Reiz gibt.

Don’t dream it, be it

Auf einem Filmstreifen als Bühnenbild, auf dem alle Orte der Handlung, live von kleinen Modellen abgefilmt, projiziert werden. Die Kostüme changieren durch die Jahrzehnte der Filmgeschichte, orientieren sich aber an den Erwartungen des Publikums, genährt durch die 1976er Verfilmung.


© SFF Fotodesign Hof


Thomas Hary führt als Erzähler durch die Handlung und erträgt tapfer die Schmähungen des Publikums. Jörn Bregenzer singt, spielt und tanzt den Spießer, der ein Wechselbad der Gefühle und sexuellen Orientierungen durchmacht. An seiner Seite Julia Leinweber, als Janet Weiss(zzzzzzzzzzzzzzzzzzzzzzzzzzzz), die von der Spießerbraut zur Gelegenheitsschlampe mutiert.
Dr. Frank’n’Furter, Léon van Leeuwenberg, der trotz 1,95 m ohne Pumps, dunklen Locken und Perlenkette auch als Präsidentengattin durchgehen würde, mutiert zum überaktiven Sexmonstrum, das die beiden Normalos in arge Gewissenkonflikte bringt. Seine Dienerschaft, Riff-Raff, Chris Murray mit Wagnertenor und Stentorstimme in Kinskiqualität, Magenta, Cornelia Löhr und Columbia, Susanna Mucha unterstützen ihn dabei.
Stefan Reil, Franks neuestes Hobby, erstrahlt mit Vergoldung auf einem Körper, den man nicht nur durch die Anmeldung im Studio bekommt. Der dafür geistig nicht ganz entwickelte Kunstmensch, interessiert sich auch nicht besonders für seinen Schöpfer, glänzt aber durch eine voluminöse Rockstimme und außerordentliche Beweglichkeit.
Jonathan Agar, in einer Doppelrolle als Eddie, der übergewichtige Motorradrocker, und Dr. von Scott, der Naziwissenschaftler mit neuer Identität, besticht mit Stimme und einer akrobatische Tanzeinlage zusammen mit Columbia.


© SFF Fotodesign Hof

Das Publikum als „12. Mann“
 
Überhaupt die Choreografie, Stefan Brauer hat nicht nur seine Solisten, inklusive des Erzählers, gedrillt, sondern auch den Jugendclub des Theaters als Phantome zu einer geschlossen überragenden Ensembletruppe geführt.
Rebecca Anne Hicks und ihre Jungs von der Rocky Horror Band - Christopher von Mammen, Marius Leicht, Alfred Kallfass, Ralf Wunschelmeier und Mike Müller, sorgen für den richtige Sound und den richtige Druck.
Aber was für den Fußball der 12. Mann ist, ist im Theater das Publikum. Sonst eher verhalten, rasteten die Hofer bei der Premiere aus, rockten das Haus und hinterließen ein Schlachtfeld aus Reis, Wasser, Klopapier und Spielkarten.
Bei den (zu wenigen) Zugaben hat es niemanden mehr auf den Stühlen gehalten und die meisten sangen und tanzten mit.

Fazit: Reinhardt Friese schafft es, aus den Schauspielern des Hausensembles den Musicaldarsteller herauszulocken und in einen perfekten Cast zu integrieren - und für den Theaterfreund gilt, wer den Weg nach Hof nicht schafft, ist selbst dran schuld!

Weitere Informationen: http://www.theater-hof.de/