Hypnotismus

Chris Gall – „Piano Solo“

Red./Sabine Kaufmann

Hypnotismus
 
Wer wissen möchte, warum Chris Galls „Piano Solo“ eines der schönsten Solo-Piano-Alben der letzten Jahre ist, der muß sich nach dem traumhaften Intro „My Waltz“ nur noch „Yorke’s Guitar“ anhören, das zweite Stück auf dem Solo-Debüt des Münchner Klangpioniers, um tief in Galls Klangwelt hineingezogen zu werden. Kraftvoll und warm ist Galls Hommage an den Gitarristen Thom Yorke, dabei so vielschichtig und hypnotisierend – es war längst fällig, daß er sich nach zwei gefeierten Trio-Alben allein an den Flügel gesetzt hat.
Chris Gall hat wie kaum ein anderer deutscher Pianist in der letzten Zeit die Stilgrenzen des Jazz konsequent und originell erweitert. Sein letztes Trio-Album Hello Stranger (erschienen 2010 bei ACT) war für die Süddeutsche Zeitung „eine der wuchtigsten und dynamischsten Neuerscheinungen der letzten Jahre.“
 
Fast gleichzeitig mit seinem Tour-Start als exklusiver Gast bei Quadro Nuevo („Tango!“ - Besprechung morgen in den Musenblättern), die er auf ihrer Reise nach Buenos Aires begleitete und bei den CD-Aufnahmen als Pianist, Komponist und Arrangeur mitwirkte, erscheint nun Chris Galls erste Piano-Solo-CD. Neben einer Hommage an Debussy („The Little Shepherd“) und einer bezaubernden Variation von Yann Tiersens Filmmusikklassiker „La Valse d’Amélie“ finden sich auf „Piano Solo“ ausnahmslos Eigenkompositionen. Diese hat Gall oftmals auf sich immer wiederholende, nahezu hypnotisierende Motive reduziert. „Es ist faszinierend, Elemente von minimal music mit ihren wiederkehrenden Mustern mit der Freiheit der Improvisation zusammen zu bringen“, sagt Gall. Disziplin und Phantasie brauchen einander, bedingen einander. Hätten sich Eric Satie, Keith Jarrett und Steve Reich im Studio getroffen – so ähnlich hätte ihr Album wohl geklungen.
Auch klangtechnisch setzt Chris Gall auf „Piano Solo“ Maßstäbe. Eingespielt auf dem berühmten Steinway der Ludwigsburger Bauer-Studios, in denen bereits Miles Davis, Lionel Hampton oder Chick Corea aufzeichneten, dürften selbst jazzferne Sound-Aficionados ob der Klangqualität mit der Zunge schnalzen. Satter, voller, direkter und zugleich wärmer war schon lange kein Piano-Solo-Album mehr. Getragen von diesem Sound entwickelt Gall unablässig neue Ideen und lässt Musik entstehen, die ruhig ist wie das Meer von weitem, und zugleich bewegt und schillernd wie jede einzelne Welle.
 
Anm. der Rezensentin: Ich habe mit geringen Änderungen und Ergänzungen fast wortgetreu den Pressetext von GLM Music übernommen. Treffender konnte man das Gefühl beim Anhören von Chris Galls „Piano Solo“ un die Fakten nicht in Worte fassen. Wer die CD anhört, wird auch verstehen, warum ich sie unserem Bereich Klassik zugeordnet habe. (Sabine Kaufmann)
 
Chris Gall – „Piano Solo“
© 2015 GLM Music GmbH / (P) 2015 Edition Collage – produziert von Chris Gall
 
1. My Waltz (Chris Gall) 3:01 - 2. Yorke’s Guitar (Chris Gall) 3:59 - 3. Augmented (Chris Gall) 2:42 - 4. Empty, Pale Blue Paper (Chris Gall) 7:14 - 5. Straying (Chris Gall) 4:25
6. Boedo, Cuarto día (Chris Gall) 2:04 - 7. Rose (Chris Gall) 3:47 - 8. The Story of Mr & Ms Ease (Chris Gall) 4:12 - 9. The Little Shepherd (Claude Debussy) 3:18 - 10. Children’s Daydream (Chris Gall) 2:28 - 11. A Roundabout’s Diary (Chris Gall) 3:15 - 12. Moran (Chris Gall) 3:20 - 13. Reminiscence (Chris Gall) 3:22 - 14. Forró (Chris Gall) 5:02 - 15. La Valse d’Amélie (Yann Tiersen) 5:54
Gesamtzeit:  58:53
 
Weitere Informationen:  www.chrisgallmusic.com  -  www.glm.de