Glänzende Tuba und sinfonischer Genuß

Hartmut Müller, Robert Schumann und Toshiyuki Kamioka

von Frank Becker

Sonntag, 09. Dezember 2007, 11:00 Uhr
Stadthalle, Großer Saal

4. Sinfoniekonzert:
Aufbruch und Umbruch


Hartmut Müller - Foto © Jörg Chmilewski

Hartmut Müller,Tuba

Sinfonieorchester Wuppertal
Leitung: Toshiyuki Kamioka

IGOR STRAWINSKY
Pulcinella-Suite (1920-22, rev. 1947/1965)

RALPH VAUGHAN WILLIAMS
Konzert für Baßtuba und Orchester
f-Moll (1954)

ROBERT SCHUMANN
Sinfonie Nr. 2 D-Dur op. 61




Betörendes von schimmerndem Blech
und Traumhaftes von Robert Schumann

 

Sonntagmorgens gibt´s im Stadtpark Blasmusik. Da geht der Papa mit den Kleinen hin - die bekommen ein Eis und staunen über die dicke Tuba. Die Musike macht rumtata und täterä und der Herr Vater wippt militärisch mit dem Fuß. Daß es auch ganz anders geht - und wie anders! - zeigte heute der Tubist Hartmut Müller mit dem Wuppertaler Sinfonieorchester unter Leitung seines GMD Toshiyuki Kamioka.
Nach einer Aufführung der Pulcinella Suite Igor Strawinskys, einer Ballettmusik ohne Ballett, was ihr im Grunde ein wenig den Boden entzieht, aber sie durch die Herausarbeitung der komödiantischen Seite durch das Orchester dennoch anhörbar machte, kam, worauf wohl viele der Musikfreunde gespannt gewartet hatten:  Ralph Vaughan Williams´ Konzert für Baßtuba und Orchester  in f-Moll mit Hartmut Müller. Daß der mit seiner Tuba-Formation "Melton Tuba Quartett" weltweit gefragte Solist  in Deutschland zu den Besten seines Fachs
gehört, belegte er eindrucksvoll mit seiner seelenvollen Interpretation. 

Delikatesse

Fast unwirkliche Klänge, Töne, die wie aus dem Nichts "herauf" tönen, von unten kommend nach oben zu streben scheinen, als quellen sie unmittelbar aus der Erde, entlockt Hartmut Müller in der Prelude der Baßtuba - elementar, weich und bei aller Fülle fast zärtlich. Ungehörte, unerhörte Schwingungen läßt das mächtige Instrument durch den Hauch des Atems seines Virtuosen frei.
Im wundervollen Gleichgewicht zwischen dem großen Orchesterapparat und dem ätherischen Klang des schimmernden Blechs entsteht zauberhafter Einklang, der in der Romanza liebliche Landschaftsbilder malt. Etwas bewegter, fast deftig - neinnein, keine "Blasmusik"! - präsentiert sich der Schlußsatz des f-Moll-Konzerts. Vielleicht ist das so, weil das Finale auch die Bezeichnung "alla tedesca" enthält. Das Zarte billigt man uns wohl nicht ganz zu. Eine Rarität, eine wirkliche Delikatesse, zumal mit einem Tubisten vom Rang Müllers. Eine brillante (und humorvolle) Bearbeitung eines Bachschen Cello-Stücks für Tuba schenkte der Solist seinen Streicherkollegen und dem begeisterten Publikum als Zugabe. Augenzwinkernd "zitierte" er J.S.B.: "Solange die Tuba noch nicht erfunden ist, darf das Stück auch vom Cello gespielt werden".

Erhaben - erhebend

Robert Schumanns großartiger Sinfonie Nr. 2 C-Dur op. 61 gehörte der zweite Teil des wundervollen Konzerts.
Toshiyuki Kamioka dirigierte das erhabene wie erhebende Werk nicht nur: er war es. Von großer Schönheit und innerlicher Tiefe riß die Komposition unter seiner Stabführung im Allegro vivace keinen Widerstand duldend mit, wurde organisch, wie z.B. beim Einsatz der Holzbläser im Adagio espressivo, verwöhnte in seinen sanft fließenden piano-Passagen (genau da mußte natürlich in Reihe 13 links jemand 20 Sekunden lang knisternd ein Bonbon auswickeln - herzlos!) und verwöhnte fast maßlos im glänzenden Finale mit einem prächtigen Allegro molto vivace. Daß Toshiyuki Kamioka die wunderbare Sinfonie mit expressiver Körpersprache auswendig dirigierte, sei nur am Rande erwähnt.  Einen besseren Einstieg in einen Sonntag kann ich mir nicht vorstellen. Bravo!

Das Konzert wird morgen, Montag, 10.12., um 20.00 Uhr im Großen Saal der Wuppertaler Stadthalle wiederholt. Empfehlung: unbedingt anhören! Und eine herzliche Bitte: nicht knistern, husten, röcheln - das Konzert wird vom WDR 3 für eine Rundfunkausstrahlung mitgeschnitten.

Weitere Informationen unter: www.sinfonieorchester-wuppertal.de

Tip: Das Melton Tuba Quartett feiert sein 20-jähriges Bestehen mit einem großen Jubiläumskonzert am 26.1.2008 in der Klosterkirche Lennep. Informationen unter: www.melton-tuba-quartett.de.
Eintrittskarten unter Tel. 02191-997090 • 02191-668255 • 0190-704061 und per E-Mail unter info@klosterkirche-lennep.de