Zentrum für verfolgte Künste in Solingen nimmt seine Arbeit auf

von Andreas Rehnolt

Am 1. Januar nahm das Zentrum
für verfolgte Künste in Solingen
seine Arbeit auf
 
Zahlreiche Ausstellungsplanungen
mit Bezug auf in der NS-Zeit
verfolge
 Künstler stehen auf dem Programm
 
Von Andreas Rehnolt
 

Solingen - Am 1. Januar hat das Zentrum für verfolgte Künste im Kunstmuseum Solingen offiziell den Betrieb aufgenommen. Nach rund 25 Jahren harter Kämpfe und zäher Verhandlungen kann das Projekt endlich an den Start gehen, erklärte der Vorsitzende der Else Lasker-Schüler-Gesellschaft und der Stiftung „Verbrannte und verbannte Dichter - Für ein Zentrum der verfolgten Künste“, Hajo Jahn aus Anlaß des Starts des Zentrums. Das wolle zur „zeitgemäßen Erinnerungskultur und -pädagogik“ beitragen, so Jahn weiter. Aufgabe der Kultureinrichtung ist es, Exilgeschichten von Künstlern, Schriftstellern und Publizisten während des Nationalsozialismus und aus der DDR zu dokumentieren und zu erforschen.
Tausende Künstler, Schriftsteller und Publizisten flohen während des Nationalsozialismus aus Deutschland. Es sind Namen wie Bertolt Brecht und die Literaturnobelpreisträger Nelly Sachs und Thomas Mann, aber auch viele weniger Bekannte. Doch ein Museum für die Geschichte und Werke des Exils gab es in Deutschland bislang nicht. Auch Exilgeschichten aus der DDR, der zweiten deutschen Diktatur im 20. Jahrhundert, sollen dort künftig dokumentiert und ausgestellt werden.
 
Seit 2008 werden im Kunstmuseum Solingen und in einem internationalen Netzwerk interessierter Personen und Institutionen kulturhistorische Projekte zum Zeitraum 1914 bis 1989 erarbeitet. Erstes Ergebnis ist die vom Bundestagspräsidium beschlossene Ausstellung des Deutschen Bundestages zum 70. Jahrestag nach den Ereignissen von 1945: Kunst- und Literatur als Dokumente zum Kriegsende und Befreiung der Menschen in den Konzentrationslagern. „Niemand zeugt für den Zeugen“ ist nach einem Gedicht Paul Celans die große Ausstellung im Abgeordnetenhaus des Deutschen Bundestages in Berlin überschrieben, die am 27. Januar 2015 in Berlin eröffnet werden soll.
Das Zentrum für verfolgte Künste konzipierte diese Schau und kooperiert dabei mit den Gedenkstätten und Museen Yad Vashem in Jerusalem, Auschwitz – Birkenau in Polen und Theresienstadt in Tschechien. Von Berlin aus soll die Ausstellung danach ins Felix Nußbaum-Museum nach Osnabrück wandern. Danach wird sie ab dem 25. Juni 2015 im neuen Museum für zeitgenössische Kunst in Krakau präsentiert. Israel möchte im Anschluß die Ausstellung nach Yad Vashem übernehmen und hat dem Zentrum für verfolgte Künste eine ständige Kooperation angeboten, hieß es vor dem Start des Zentrums.
 
Schirmherr der ersten Ausstellungsreihe des Zentrums für verfolgte Künste ist Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU). Zur feierlichen Eröffnung des Zentrums wird die Multimediaausstellung „Frauen im Holocaust“ aus dem israelischen Yad Vashem übernommen. Weiter wird es in Solingen die erste Ausstellung der Originalzeichnungen Michel Kichkas für die Graphic Novel „Zweite Generation“ geben. Dieses im Egmont Verlag erschienene Buch stellt einfühlsam und mit Hilfe des Humors die Erfahrungen eines Sohnes vor, dessen jüdische Eltern durch die Erlebnisse in den 1940er Jahren geprägt worden sind. Weitere Ausstellungen für 2015 und 2016 sind bereits in Planung. 
Zuletzt hatte die Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller, die ein Zentrum für verfolgte Künste seit über zwei Jahrzehnten unterstützt, Ende November in Solingen an die politisch Verantwortlichen in Deutschland appelliert, endlich an die ins Exil gegangenen und dort vielfach vergessenen Autoren, Maler, Tänzer oder Musiker zu erinnern. „Wir brauchen einen Ort, der all das rund um das Thema Exil deutscher Künstler zeigt. Bislang ist Deutschland das seiner Geschichte schuldig geblieben“, hatte Müller erklärt. 
 
Gesellschafter der Zentrum für verfolgte Künste GmbH sind mit zwei Dritteln Anteil der Landschaftsverband Rheinland und mit einem Drittel Anteil die Stadt Solingen. Auf dieser Grundlage ist eine Finanzierung der laufenden Kosten in Höhe von 435.000 Euro pro Jahr gesichert. Hajo Jahn als Vorsitzender der Stiftung „Verbrannte und verbannte Dichter - Für ein Zentrum der verfolgten Künste“, erklärte gegenüber dem epd, das neue Zentrum werde nur wirklich eine Einrichtung von nationaler und internationaler Bedeutung, „wenn auch der Bund mit institutioneller Förderung einsteigt wie beim Zentrum gegen Vertreibung“.
Eine Gruppe von Bundestagsabgeordneten der Fraktion „Die Grünen“ hat für 2015 gefordert, dem Zentrum für verfolgte Künste im Bundeshaushalt insgesamt 1,5 Millionen Euro für laufende Planungen sowie zur Sicherung von zwei wichtigen Kunstsammlungen zur Verfügung zu stellen.
 
 
Redaktion: Frank Becker