Als wir mobil wurden

Friedhelm Wessel – „Als Oppa Mopped fuhr“

von Frank Becker

Bildunterschrift
Als wir mobil wurden
 
Schon Friedhelm Wessels warmherziges Portrait des Rhein-Herne-Kanals „Manchmal auch in Unterbuxe“ (2012) sorgte für heiteres Erinnern und brachte auch Lesern außerhalb der Region die Welt der „Ruhris“ zwischen 1940 und 1970 und ihre kleinen Glücksmomente beim Baden am Kanal nahe. 2014 legte Friedhelm Wessel mit einem Blick auf die ersten motorisierten Ausflüge der Kumpel und ihrer Familien nach. In seiner Sammlung „Als Oppa Mopped fuhr“ erinnert er an die bescheidenen, aber stolzen Anfänge der privaten Mobilität, an die Zeiten, als man als Besitzer einer NSU Quickly, Herkules K 50, Kreidler Florett, einer alten BMW R 32 oder gar einer Dürkopp MD 150 oder der BMW R 125 der „King“ auf den Straßen zwischen Bottrop und Herne, Dortmund und Schalke war und den guten alten Drahtesel vorläufig im Keller abstellen konnte. Einen Quantenspung vollzog, wer sich vom sauer Ersparten irgendwann das erste Auto zulegen konnte. Das war die große Zeit der kleinen Wagen, das waren die spartanischen Messerschmitt Kabinenroller, BMW Isetta, das Goggomobil von Glas, der NSU Prinz, der Lloyd 600, danach mit erhöhtem Luxusgefühl der DKW F 12 von Auto Union, der VW Käfer 1200, die Arabella von Borgward, der schon elegante Ford Taunus 12 M und irgendwann viel später der zur Ruhr-Legende gewordene Opel Manta. Mit der Motorisierung begannen auch die ersten weiteren Ferienreisen, erklärtes Traumziel war Italien, wo 1958 rund 4 Millionen Deutsche Urlaub machten.
 
Die älteren Leser werden sich daran erinnern, daß man damals jederzeit und überall einen Parkplatz für sein Auto finden konnte, daß ein Liter Benzin zwischen 48 und 50 Pfennig kostete, man kilometerweit über das noch dünne Autobahnnetz (1957 waren es 2.400 km, heute sind es vollgestopfte 12.900) düsen konnte, ohne anderen Autos zu begegnen (vom Stau ganz zu schweigen) und daß die Autoradios (Mittel- und Langwelle) noch Röhren hatten. Friedhelm Wessel hat aus seinen eigenen Erinnerungen an diese in der Tat bewegte Zeit und Beiträgen von Thomas Althoff, Anja C. Paterak, Karin Boehm, Joachim Elfenbach und Heinz Georg Schmenk ein unterhaltsames Kaleidoskop von Mopped- und Auto-Geschichten zusammengestellt, zeigt auf Fotos aus dem eigenen und fremden Archiven die Moped- und Kleinwagen-Legenden und stellt in Informations-Kästen ein paar interessante Fakten  dazu. Wußten Sie z.B., daß es 1965 in Deutschland 41.000 Tankstellen gab, aktuell jedoch nur noch 14.000? 1962 wurde das neu eröffnete Opel-Werk Bochums ganzer Stolz. Man baute 1963 dort 100.000 Kadetts. 2014 wurde das Werk geschlossen, die Opelaner arbeitslos. Der TÜV wurde 1951 eingeführt, der Zebrastreifen 1952, die Parkuhr 1954, die Geschwindigkeitsbegrenzung auf 50 km/h in Städten 1957 und die Radarfallen 1959. Auch beachtenswert: 1956 wurde Helmut Rahn, der „Boss“, Fußballweltmeister von 1954, Pächter einer Tankstelle in Essen. Der mußte nämlich noch sein Geld mit Arbeit verdienen.
Wieder ein unterhaltsames Buch aus dem Verlag Henselowsky Boschmann und unsere Empfehlung wert.
 
Friedhelm Wessel – „Als Oppa Mopped fuhr“
Mit der Quickly zum Pütt, mit dem Käfer über den Brenner.
80 Seiten, gebunden, Fadenheftung, mit vielen Fotos von Friedhelm Wessel, Werner Boschmann u.a. und Beiträgen von Thomas Althoff, Anja C. Paterak, Karin Boehm, Joachim Elfenbach und Heinz Georg Schmenk
ISBN 978-3-942094-46-7
9,90 €

Weitere Informationen:  www.vonneruhr.de/