Waldesluuhuhust....

oder: Holla, die Waldfee!

von Ludwig Lenis

Foto © Stefan Soell
Waldesluuhuhust
 
»Es war einmal ein armes kleines Mädchen, dem war Vater und Mutter gestorben, es hatte kein Haus mehr, in dem es wohnen und kein Bett mehr, in dem es schlafen konnte und nichts mehr auf der Welt, als die Kleider, die es auf dem Leibe trug und ein Stückchen Brot in der Hand, das ihm ein Mitleidiger geschenkt hatte; es war aber gar fromm und gut. Da ging es hinaus, und unterwegs begegnete ihm ein armer Mann, der bat es so sehr um etwas zu essen, da gab es ihm das Stück Brot; dann ging es weiter, da kam ein Kind und sagte: „Es friert mich so an meinem Kopf, schenk mir doch bitte etwas, das ich darum binden kann", da thät es seine Mütze ab und gab sie dem Kind. Und als es noch ein bißchen gegangen war, da kam wieder ein Kind, und hatte kein Leibchen an, da gab es ihm seins; und noch weiter, da bat eins um ein Röcklein, das gab es auch von sich hin. Endlich kam es in Wald und es war schon dunkel geworden, da kam noch eins und bat um ein Hemdlein, und das fromme Mädchen dachte: Es ist dunkle Nacht, da kannst du wohl dein Hemd weggeben und gab es hin. Da fielen auf einmal die Sterne vom Himmel und waren lauter harte, blanke Taler und ob es gleich sein Hemdlein weggegeben, hatte es doch eins an, aber vom allerfeinsten Linnen, da sammelte es sich die Taler hinein und ward reich für sein Lebtag.«
 
Soweit das Märchen von den Sterntalern (KHM 153) aus der Sammlung der Brüder Grimm. Wir haben da jüngst ein paar arme Mädchen entdeckt, die haben ebenfalls ihr letztes Hemd weggegeben. Und bevor sie ein neues aus feinstem Linnen bekommen konnten, war ein Fotograf zur Stelle, der das weidlich ausnutzte. Aber mal ganz ehrlich meine Herren: Sie würden doch an einem Sonntagnachmittag beim Waldspaziergang lieber einer dieser - hier für einen Kalender im Bild festgehaltenen - scheuen Grazien begegnen als einer Rotte Schwarzkittel. Selbstverständlich gäben Sie auch umgehend Ihren Mantel her, um die Blöße der armen Dinger zu bedecken. Nur: Sie werden wohl kaum das Vergnügen haben, es sei denn, sie werden im nächsten Jahr zufällig Augenzeuge des Fotoshootings von Stefan Soell für den neuen „Wald Lust“-Kalender oder eines seiner anderen erotischen Foto-Projekte.
Der Gegensatz zwischen der grünen Natur und den makellosen Modellen ist augenfällig – auch schon deshalb bleibt das Ganze eine Illusion, ein Märchen wie weiland das der Brüder Grimm, das der Fotograf für einen großformatigen Monats-Kalender und ein dazu passendes Buch geschaffen hat. Die Illusion dürfen Sie sich, ob Spaziergänger, Jägersmann oder Oberstwaldmeister, gerne kaufen und als besagten Kalender an die Wand hängen.


Foto © Stefan Soell
 
Stefan Soell – „Waldes Lust“ Kalender 2015
© 2014 teNeues / Mohn Media, Wandkalender, 14 Blatt , Spiralbindung, 34x 44 cm
ISBN 978-3-03766-630-2
12,95 €
 
Weitere Informationen:  www.teneues.com/  -  www.mohn-kalender.de/