Mit der Souveränität eines Alten

Denis Kozhukhin setzte den Bayer-Klavierzyklus mit einem spannenden Konzert fort

von Daniel Diekhans

Foto © Paul Marc Mitchell

Mit der Souveränität eines Alten
 
Denis Kozhukhin setzte den Bayer-Klavierzyklus
mit einem spannenden Konzert fort
 
Programm:
Joseph Haydn, „Sonate D-Dur Hob XVI: 24“
Franz Schubert, „Klaviersonate D-Dur D 850“
Modest Mussorgsky, „Bilder einer Ausstellung“
 
Das zweite Konzert einer Reihe hat es oft schwer. Denn es muß den Vergleich mit dem Eröffnungskonzert aushalten. Die Frage „Wird es so gut wie das erste Mal?“ stellt sich fast automatisch ein. Solche Skepsis war beim zweiten Konzert des Bayer-Klavierzyklus zum Glück unbegründet. An diesem Abend in der Stadthalle Wuppertal blieben zwar einige Plätze leer, aber die, die da waren, erlebten ein erstklassiges Konzert mit Denis Kozhukhin.
Kritiker zählen den 28-jährigen Russen zu den führenden Pianisten seines Landes. Nach einem Studium in Madrid und am Comer See startete er als Solist durch. Kammermusik spielte er mit Größen wie Renaud Capuçon und Jörg Widmann. Noch im Frühjahr gastierte er – im Rahmen einer Tournee mit den St. Petersburger Philharmonikern – in der New Yorker Carnegie Hall. Beim Klavierzyklus stellte Kozhukhin ein anspruchsvolles Programm mit der abgeklärten Souveränität eines Alten vor.
Als Vorgeschmack auf sein Können spielte Kozhukhin Haydn, dessen Klaviersonaten er sein aktuelles Album widmete. Mit nuancierter Dynamik und Phrasierung brachte er die Dramatik der frühen „Sonate D-Dur“ auf den Punkt. Freilich ohne zu übertreiben. Selbst rasante Läufe interpretierte er angenehm unaufgeregt.
Im direkten Vergleich mit Haydns kurzweiligen Sätzen erschien Schuberts große „D-Dur Sonate“ wie ein Monument aus Klang. Immer weiter steigerte Kozhukhin das Feuer des „Allegro vivace“ im Wechsel von Stakkato und Legato. Beim Satz „Con Moto“ schlug er einen ernsten, ja pathetischen Ton an. Das „Scherzo“ belebte er mit temporeichen Arpeggien, die beim Zuhörer wie kleine Blitze einschlugen. Als zackigen Marsch intonierte er das „Rondo“. Ein liedhaftes Thema verwandelte sich in einen wild kreisenden Tanz. Mühelos gelang dem Interpreten auch das große Accelerando des Finales.
 
Die zweite Konzerthälfte hatte Kozhukhin für einen Landsmann reserviert – und für dessen berühmtestes Werk. Modest Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“ wurden von Aquarellen und Skizzen des frühverstorbenen Malers Viktor Hartmann inspiriert. In seiner Interpretation betonte der Pianist den Wagemut des Klavierzyklus, der bis an die Grenzen des technisch Möglichen geht. Bereits die feierlichen Akkorde der „Ersten Promenade“ ließen aufhorchen. Den Humor des Werks spielte Kozhukhin beim „Ballett der unausgeschlüpften Küken“ und bei der „Hütte der Baba-Jaga“ mit unregelmäßig gesetzten Trillern und Dissonanzen aus. Die wuchtigen, vollgriffigen Akkorde des „Großen Tors von Kiew“ führten das „Promenaden“-Thema zur Vollendung.
Damit war der Abend aber noch nicht vorbei. Zweimal bat das Publikum lautstark um Zugaben. Mit einem Präludium von Bach und einem Ausschnitt aus Glucks „Orfeo“-Oper konnte Kozhukhin weitere Kostproben seines großen Talents geben.
 
Daniel Diekhans
 
Weitere Informationen unter: www.kultur.bayer.de und www.stadthalle.de