Schönheiten fast im Vorübergehen

Alexander Krichel mit Chopin, Beethoven und Mozart beim Bayer-Klavierzyklus

von Daniel Diekhans

Alexander Krichel - Foto © Uwe Arens / Sony Classical

Schönheiten fast im Vorübergehen
 
Alexander Krichel eröffnete den Bayer-Klavierzyklus
in der Historischen Stadthalle Wuppertal
 
Programm:
Frédéric Chopin, „Ballade Nr. 1 g-Moll“
Ludwig van Beethoven, „Sonate Nr. 31 As-Dur“
Wolfgang Amadeus Mozart, „Dürnitz-Sonate“ genannt
Frédéric Chopin, „Introduktion und Variationen über ein Thema aus Mozarts ‚Don Giovanni‘ B-Dur“
 
Alexander Krichel hat mit Mitte Zwanzig erreicht, wovon viele Musiker ihr Leben lang träumen. Zwei erfolgreiche Solo-Alben hat der junge Pianist bereits veröffentlicht. Letztes Jahr kürte ihn die „Echo“-Jury zum Nachwuchskünstler des Jahres. Aktuell ist ein Album auf dem Markt, auf dem Krichel zusammen mit einem Orchester Mozart, Chopin und Hummel interpretiert. Was seine Interpretationen auszeichnet, ist ihre nonchalante Virtuosität. Mit Leichtigkeit schafft er so Schönheiten fast im Vorübergehen.
Man nehme nur Chopins „Ballade Nr. 1“, mit dem Krichel sich beim Eröffnungskonzert des diesjährigen Bayer-Klavierzyklus dem Wuppertaler Publikum präsentierte. Den Akkord, dem das thematische Material der Ballade entsprang, deutete er nur an. Umso größer war die Wirkung, als das Thema eine erste dynamische Steigerung erfuhr. In stürmischen Läufen glitten seine Finger über die Tastatur. Leise schien das Drama zu verebben, um dann aber im „Presto con fuoco“ seinen wahren Höhepunkt zu erreichen.
 
Befeuert von diesem Energieschub widmete sich Krichel Beethovens später „Sonate As-Dur”. Einem hell glitzernden Triller folgte im Kopfsatz eine fein gewirkte Melodie. Wie ein Weckruf wirkte der Mittelsatz mit seinen schroffen dynamischen Gegensätzen und den akzentuierten Synkopen. Den klagenden Gesang, der am Anfang des Finalsatzes erklang, überführte Krichel wie selbstverständlich in das muskulöse Thema der Fuge, die von nun an das Geschehen bestimmte. Eine ähnlich orchestrale Fülle erreichte Krichel bei Mozarts „Sonate D-Dur, bei der er mit schnellem Tremolo, Oktavenspiel und Überkreuz-Figuren der Hände glänzen konnte.
Mit den „Don Giovanni“-Variationen blieb der Pianist Mozart treu und kehrte gleichzeitig zu Chopin zurück. Die langsame Einleitung ließ erste Funken sprühen, die sich bei Erklingen des Arien-Themas in einem prächtigen Farbrausch entlud. Die Gesangslinie von Don Giovanni und Zerlina verwandelte sich in einen brillanten Tastentanz und durchlief rasant weitere Metamorphosen, die in einer Coda „alla Polacca“ kulminierten.
 
Damit war das Konzert aber noch nicht zu Ende. Nach viel Applaus stellte sich Alexander Krichel mit einer nachdenklich interpretierten Miniatur als Komponist vor. Die zweite Zugabe machte sogar noch größeren Eindruck. Den bei Gitarristen beliebten Walzer „El Diablo Suelto“, geschrieben vom Venezolaner Heraclio Fernández, spielte Krichel derart gelöst, dass man bei sich dachte: Beim nächsten Mal mehr davon!
 
Weitere Informationen unter: www.kultur.bayer.de und www.stadthalle.de