„Follies, mehrfach“ im Bonner Kunstverein

Gabriel Lester und Haegue Yang zeigen Raum-Installationen

von Andreas Rehnolt
Ausstellung „Follies, mehrfach“ im Bonner Kunstverein
 
Die beiden präsentierten Künstler beschäftigen sich in ihren Installationen
mit Formen der Theatralik und der Aktivierung des Zuschauers im Raum
 
Bonn - „Follies, mehrfach“ ist der Titel einer Ausstellung, die seit dem vergangenen Dienstag im Bonner Kunstverein zu sehen ist. Aus der Landschaftsarchitektur entliehen bezeichnet der Begriff „Follies“ nach Angaben der Aussteller ein kleines Bauwerk, eine exzentrische oder historisierende Garten-Einrichtung, die keine andere Nutzung kennt, als die Landschaft zu animieren und die Fantasie anzuregen. In der bis zum 23. November geplanten Schau wurden mit Gabriel Lester und Haegue Yang zwei Künstler zusammengebracht, die sich, wie das Architekturelement, in ihren Installationen mit Formen der Theatralik und der Aktivierung des Zuschauers im Raum beschäftigen.
Beide Künstler kommen immer wieder zu experimentellen Formaten, die Konventionen des Ausstellungsdispositivs in Frage stellen und das Thema der Installation im Bezug auf Theater und Film für sich nutzen. Mit jeweils zwei großen raumgreifenden Installationen präsentieren der 1972 geborene und in Amsterdam lebende Lester und die 1971 geborene koreanische Künstlerin Yang, die in Berlin lebt, Arbeiten, die neben visuellen, taktilen und akustischen auch partizipative Qualitäten beinhalten.


Gabriel Lester, How To Act
 
Lester hat für die Ausstellung eine Neuproduktion seiner Installation „How To Act“ (1999-2014) geschaffen. Die Arbeit, aus einem bühnenähnlichen Einbau mit einer komplexen Lichttechnik, funktioniert wie eine Art Theaterstück. Mit Hilfe von Licht dirigiert der Künstler unsichtbare Charaktere durch den Raum, die man sich als Zuschauer selbst vorstellen kann. Das Sezieren von Dingen, Editieren, Auffächern und eine aufgezwungenen Perspektive sind Mechanismen, die der Künstler einsetzt, um dem Betrachter einen bestimmten Aspekt einer Architektur oder eine emotionale Stimmung vorzuführen und Assoziationen zu bilden. Die zweite, neue Arbeit schuf Lester für den halböffentlichen Außenraum des Kunstvereins. In den nächsten 12 Monaten ist die Arbeit - ähnlich einer Bushaltestelle - jetzt für jedermann zugänglich und soll die Wahrnehmung des Ortes ständig verändern.
 
 
 Haegue Yang, Boxing Ballet

Yangs Arbeit ist in der Skulptur verankert. Das Prozessuale, die Bewegung und Instabilität sind zentrale Themen für sie. Ihre Arbeiten bestehen oft aus Alltagsgegenständen wie Ventilatoren, Wäschetrocknern oder Jalousien, die als bewegliche Teile in einer Installation inszeniert sind oder aber auf die Möglichkeit von Bewegung hindeuten. Im Kunstverein präsentiert Yang ihre jüngste Installation, die sie aufgrund ihrer langjährigen Beschäftigung mit Oskar Schlemmers Triadischem Ballett (1922) entworfen hat. Dem Geist seiner Zeit verbunden, hatte Schlemmer für sein Ballett Kostüme gefertigt, die die Bewegungen der Tänzer limitierten und sie mechanisch aussehen ließen.
In der Installation „Boxing Ballet“ von Yang finden sich fünf „Sanic Figures“, deren Gestalten auf Schlemmers Kostümen beruhen. Die Figuren stehen innerhalb einer szenischen Umgebung, aus Collagen, Bodenlinien und farbigen Wänden. Der Betrachter ist hier angehalten, zwischen diesen lebensgroßen Puppen umherzugehen, sie auch selbst zu bewegen und währenddessen eine eigene Komposition im Raum zu schaffen. In der anderen Hälfte der Ausstellungshalle befindet sich Yangs „VIP's Union“. Diese Arbeit folgt einem Konzept, das sich in nahezu jeder Stadt wiederholen läßt und dabei jeweils so anders ausfällt, wie die Dynamik jeder Stadt einzigartig ist, hieß es zum Start der Ausstellung.
Diese Arbeit der Koreanerin setzt sich aus geliehenen Tischen und Stühlen von Menschen zusammen, die mit ihrer Tätigkeit „etwas bewegen“ und in der einen oder anderen Weise zu einem gesellschaftlichen Mehrwert beitragen. Durch das Einbeziehen unterschiedlicher Tätigkeitsfelder wie etwa Wissenschaft, Sport, Wirtschaft, Politik, Soziales) mittels der Stellvertreter „Tisch“ oder „Stuhl“ verfolgt die Künstlerin das Ziel, die innovativen Kräfte einzelner Bürgerinnen und Bürger der Stadt zu bestärken und diese „als temporäre Gemeinschaft“ in der Ausstellung sichtbar zu machen.
 
Die Ausstellung ist dienstags bis sonntags von 11 bis 17 Uhr sowie donnerstags von 11 bis 19 Uhr geöffnet.