Der Abstandhalter

Aus dem Tagebuch

von Erwin Grosche

Foto © Frank Becker
Erwin Grosche hält Abstand
und andere Merkwürdigkeiten
 
3. September: Der Abstandhalter - „Das kennen sie doch auch, dieses Schild bei der Sparkasse: „Bitte Abstand halten“. Ich rufe dann immer, wieso, ich dachte Geld stinkt nicht!“ In Finnland ist der Körperabstand bei Gesprächen ca. 80 cm, in Deutschland ca. 60 cm. Aber ich bestehe auf einem Abstand von zwei Metern. „Erst mal gucken, dann sich jucken“, sagt der Ostwestfale. Mehr Abstand, mehr Liebe, mehr Glück. „Meine Frau und ich sind seit dreißig Jahren glücklich verheiratet, aber wir sehen uns auch nur zwei Mal im Monat.“

4. September:
  Wir gingen über die Brücke, obwohl darunter kein Wasser war.

8. September:
Senioren sind gerade sehr „in“. Ich sah jetzt Jugendliche, die gingen mit Geh-Hilfen tanzen und schrien sich laut an, als wären sie taub. Total crazy, oder?

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2. September: Er hatte beim Joggen einen Rucksack auf, in den er vier dicke Bücher von Adorno, C.G. Jung, Freud und Oppenheimer gepackt hatte. „Bildung hat mir mein ganzen Leben versaut“, keuchte er. „Nun will ich mich weiter damit quälen.“
 


© 2014 Erwin Grosche
Redaktion: Frank Becker