Das schlaue Füchslein (The Cunning Little Vixen)

Ein Animationsfilm zu Leos Janaceks Oper - gelobt

von Peter Bilsing
The Cunning Litte Vixen
(Das schlaue Füchslein)
 
Ein Animationsfilm zu Leos Janaceks Oper
 
Das „schlaue Füchslein“ von Leos Janacek ist eigentlich nicht direkt eine Kinderoper, genauso wenig wie Humperdincks „Hänsel & Gretel“, aber m. E. die bezauberndste und charmanteste Möglichkeit, Kinder und Jugendliche für die Gattung Oper gewinnen zu können. Ich kann das aus eigener Erfahrung bestätigen, denn alle meine vier Kinder sahen schon mit 4-5 Jahren Janaceks Meisterwerk auf dem Theater (natürlich in einer relativ werktreuen Inszenierung!) und sind seitdem, neben ihren heutigen unvermeidbaren Superstars, diesem Kunstgenre weiterhin kontinuierlich gewogen.

Beim „schlauen Füchslein“ handelt es sich nicht nur um eine bunte Bilderbucherzählung zwischen Menschen und Tieren mit Musik, sondern in erster Linie führt uns die Geschichte durch einen Mikrokosmos der Existenz. Es ist eine Parabel über den immerwährenden Zyklus vom Leben. Liebe, Tod und Wiedergeburt, gespickt mit viel Humor aber auch Tragik und kritischer Natur- bzw. Menschenwahrnehmung, wobei mit dem Tod sehr ehrlich umgegangen wird: er verliert seine Tragik dadurch, daß er als notweniges Element eines immerwährenden Kreislaufs auf die Tier- und Naturwelt projiziert wird. Obwohl jede Note im Prinzip ein Stück Natur ist (und ohne diese undenkbar) liefert uns die Geschichte aber doch letztendlich auch ein Sinnbild unseres eigenen Lebens.
 
Es gibt nun einen wunderbaren Animationsfilm dieses Werkes. Kein Geringerer als Kent Nagano konnte für die musikalische Bearbeitung (das Originalwerk wurde auf etwas mehr als eine Stunde behutsam verkürzt) gewonnen werden. Ein Traum, wie Nagano sich erinnert, den er seit bald 30 Jahren mit sich herumtrug. Für die bildnerische Umsetzung zeichnet im Produktionsteam der berühmte und weltweit für seine Kino- und Zeichentrickfilme anerkannte, vielfach ausgezeichnete Grafiker und Animationsfilmregisseur Geoff Dunbar verantwortlich.
 
Das schöne an den bewegten Bildern sind die vielfältigen Perspektiven und die nostalgisch anmutende Typisierung der Figuren; als wenn man ein richtig schönes Kinderbilderbuch von anno dazumal aufschlägt. Und gerade weil eben Dunbars bewegte und bewegende Zeichnungen nicht diesen überperfekten und sterilen Computerschliff heutiger Animationsfilme haben (er hat sich bewußt etwas an die ursprünglichen Federzeichnungen von 1920 angelehnt), sind sie so wunderbar und traumhaft schön. Es ist fast so, als wenn die Oma ein altes edles Kinderbuch durchblättert, um ihren Enkeln eine Gute-Nacht-Geschichte vorzulesen.
 
Der Film wurde zusammen mit der BBC und dem Deutschen Sinfonie- Orchester Berlin 2003 als Fernsehfilm realisiert. Er liegt in einer sehr gelungenen 16:9-formatigen DVD-Fassung vor, wahlweise stereophon oder im brillanten 5.1 Dolby-Digital-Ton abspielbar. Leider wird englisch gesungen, aber die deutschen Untertitel sind sinnvoll gesetzt. Es gibt auch ein kurzes Making-of mit dem Zeichenmagier „himself“, sowie ein interaktives Storyboard; etwas wenig Begleitmaterial.
 
Der Londoner Evening Standard schrieb anlässlich der Premiere: „Vergessen Sie das Dschungelbuch, den König der Löwen... Dieser Film ist so dicht an der Natur, wie Kunst es nur sein kann und so fröhlich, fragend, komisch und tränenrührend, wie Sie es je im Fernsehen sehen können.“ Ich hätte dem nichts mehr hinzuzufügen, außer vielleicht, daß der Film im heutigen Heimkino mit Raumton jetzt noch viel besser zu genießen ist und in idealer Weise eigentlich genau das zeigt, was Janacek vielleicht einmal vorgeschwebt hat.
 
So ergeht denn auch mein dringender Appell nicht nur an die Musikfreunde jedweden Alters, sondern auch und insbesondere an alle Regisseure, die sich mit der Neuinszenierung der Oper demnächst beschäftigen: diese charmante und nicht nur ansprechende, sondern auch anspruchsvolle Visualisierung sich bitte unbedingt anzuschauen! Ich wüßte auch für Kinder auf dem überbordenden DVD-Markt zur Zeit kaum ein schöneres Geschenk; auch für Janacek-Fans ist dieser reizende Film empfehlenswert.
Beispielbild


(P) + © BBC CLASSICAL MUSIC & OPUS ARTE, Best. Nr. OA 0839 D
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