Bieder in den 50ern - heiß in den 70ern

Chet Atkins „Teensville“ - Mandingo „The Primeval Rhythm of Life“

von Sabine Kaufmann

         

Chet Atkins – „Teensville“ + „Stringin’ Along With Chet Atkins“
  Mandingo – „The Primeval Rhythm of Life“


Bieder in den 50ern - heiß in den 70ern
 

Chet Atkins – „Teensville“ + „Stringin’ Along With Chet Atkins“ + Bonus
 
Etwa 20 Jahre liegen zwischen diesen Plattenaufnahmen, 20 Jahre, die Moralvorstellungen, Sozialisation und Musikwelten nicht nur veränderten, sondern revolutionierten. Als der Gitarrist Chet Atkins zwischen 1951 und 1960 die 30 Stücke in seinem unverkennbar charakteristischen, Country-gefärbten Stil aufnahm, bestimmte im Wesentlichen noch die (weiße) Generation der Älteren, was der Geschmack der Jüngeren zu sein hatte. Entsprechend brav und bieder kommt Atkins´ Musik auf seiner Gretsch daher. Allein der LP-Titel „Teensville“ sowie sein Cover signalisieren über züchtige Kleidung (keine Jeans, Mädel mit Rock und hochgeschlossenem Pulli) eine bürgerliche Atmosphäre, und „Stringin´ Along“ wirkt ausgesprochen artig. Genauso ist dann auch der bekannte, weich beschwingte Sound, mit dem Atkins mehr als ein Jahrzehnt die Entwicklung der US-Gitarrenmusik beeinflußte, wenn nicht sogar bestimmte.
Bei den vorliegenden beiden Langspielplatten und den sechs Bonus-Titeln hat er Hochkaräter wie u.a. den Pianisten Floyd Cramer, den Saxophonisten Boots Randolph, die Anita Kerr Singers (die gleichen Sidekicks wie bei Roy Orbison, den auch Chet Atkins begleitete) und die Bassistin Anita Carter an seiner Seite. Die CD ist ungetrübtes Vergnügen, leicht und locker, mit harmlosen populären Rock-Elementen, die „grade noch so durchgingen“.
Top-Titel wie „Hot Toddy“, „Come Softly To Me“, „Sleep Walk“, One Mint Julep“ oder „Little Rock Get Away“ sind auch nach z.T. über 60 Jahren noch Klassiker der anspruchsvollen Gitarren-Pop-Musik.
 
Titel:
Teensville: 1. White Silver Sands 2:18 - 2. Boo Boo Stick Beat 2:11 - 3. Oh, Lonesome Me 2:19 - 4. One Mint Julep 2:09 - 5. Take A Message To Mary 2:22 - 6. Teensville 2:14 - 7. Night Train 2:36 - 8. Come Softly To Me 2:02 - 9. Sleep Walk 2:34 - 10. Django’s Castle 2:32 - 11. Till There Was You 2:23 - 12. Hot Toddy 2:23  
Stringin’ Along With Chet Atkins: 13. Oh By Jingo! 2:14 - 14. Indian Love Call 2:59 - 15. Memphis Blues 2:09 - 16. 12th Street Rag 2:20 - 17. Gallopin’ Guitar 2:31 - 18. St. Louis Blues 2:18 - 19. Main Street Breakdown 2:15 - 20. Hello Ma Baby 2:10 - 21. Alice Blue Gown 2:06 - 22. Blue Gypsy 2:19 - 23. Black Mountain Rag 2:18 - 24. “The 3rd Man” Theme 2:26  
Bonus Titel: 25. South 2:46 - 26. Little Rock Getaway 2:16 - 27. Slinkey 2:06 - 28. Bill Bailey 2:18 - 29. Have You Ever Been Lonely 2:40 - 30. Hot Mocking Bird 2:11
 
Gesamtzeit: 1:10:21
 
Weitere Informationen: www.in-akustik.com - www.hoodoo-records.com
 
 
Mandingo – „The Primeval Rhythm of Life“
 
20 Jahre später sah das in der Unterhaltungsmusik schon ganz anders aus, denn auch in der U-Musik hatte sich durchgesetzt, was im Jazz schon lange gang und gäbe war: Schwarz galt nicht nur rhythmisch als wegweisend. Der Slogan „Black is beautiful“ befreite in der westlichen Kultur nicht nur politisch eine unterdrückte Rasse, sondern auch die musikalischen Elemente im „schwarzen“ Blut. Auch sexuell hatte sich die Gesellschaft von Fesseln befreit, was u.a. auch durch die Gestaltung von Plattencovern (die schöne Schwarze gibts nicht nur auf dem Cover, sondern noch zweimal nackt im Inner Sleeve) ausdrückte. Der schwarze englische Filmkomponist Geoff Love (1917-1991), eigentlich Spezialist für butterweiches Easy Listening, stellte 1973, zur Zeit des Afro-Look und zwei Jahre nach Isaac Hayes diesen Stil prägender Musik zum Film „Shaft“, für EMI/Columbia das Projekt „Mandingo“ auf die Beine. Heiß, rhythmisch und erotisch im Sound wie in der Verpackung bezog sich Love auf Kyle Onscotts gleichnamigen Roman über die Sklavenhaltung in den US-Südstaaten und auf den Namen einer westafrikanischen Volksgruppe. Die Musik mit scharfen Bläsersätzen und exzessivem Einsatz der E-Gitarre ist perkussiv, fordernd, aggressiv, mitreißend – die Titel sprechen für sich: „ Black Rite“, „Medicine Man“ (heute ein Klassiker), „Jungle Wedding“, „Sacrifice“, „Black Fire“, „Pagan Ritual“ u.a.m.. Das hat Substanz, geht unter die Haut, ist sexy und ist jetzt, 41 Jahre danach als CD-Re-Issue bei Parlophone wieder zu haben.
 
Titel:
1. Mandingo 3:15 - 2. Black Rite 4:17 - 3. Medicine Man 3:09 - 4. Jungle Wedding 3:11 - 5. Chant Of The Virgins 3:53 - 6. Sacrifice 2:43 - 7. Tiger In The Night 3:13 - 8. Black Fire 4:01 - 9. Moon Goddess 3:53 - 10. Pagan Ritual 4:31
 
Gesamtzeit: 36:12
 
Weitere Informationen:  www.in-akustik.com