Magie des Alltäglichen Wuppertal entdeckt Günther Blau wieder
Obwohl es bereits sechs Jahre her ist, kommt es einem gar nicht lange vor, daß Freunde der phantastisch-gegenständlichen zeitgenössischen Malerei in der Kunsthalle Barmen des Von der Heydt-Museums die Ausstellung „The Mage´s Pantry“ mit Arbeiten des New Yorker Künstlers Matthew Benedict sehen und seinen magischen Realismus bewundern konnten.
Morgen öffnen sich für das Publikum im Von der Heydt-Museum am Turmhof wieder Türen zu einer magischen Welt, der „Magie des Alltäglichen“ des aus Elberfeld stammenden Malers Günther Blau (1922-2007). Die Wiederentdeckung dieses weitgehend vergessenen Künstlers ist Dr. Antje Birthälmer und Dr. Gerhard Finckh zu verdanken, die durch ihren sicheren Blick die Aufmerksamkeit des Publikums in den zurückliegenden Jahren schon auf einige nicht nur zeitgeschichtlich wertvolle Künstler gelenkt haben – denken wir nur an Karl Kunz, den nun Günther Blau in den selben Räumen ablöst.
Es ist, soviel schon hier, eine sehr leise, besonders stille Ausstellung, in welcher Menschen nur Marginalien sind, sehen wir von den Selbstporträts Günther Blaus ab. Von denen begrüßen im ersten Raum gleich mehrere die Besucher, als wollten die Organisatoren sagen: „Schaut ihn Euch genau an, damit Ihr auch aus dem unmittelbaren Augenkontakt mit dem Maler versteht, wieso er die Dinge so gesehen und gemalt hat, wie Ihr es in den folgenden Räumen erleben werdet.“ – Ein guter Einstieg, denn Günther Blau muß man verstehen, legen doch seine Bilder Zeugnis von seiner gebrochenen, vielfach traumatisierten Seele ab.
Als junger Mann in den Krieg gezwungen, verlor der erst 23-jährige, der eigentlich Bildhauer werden wollte, durch eine Verwundung auf der Krim ein Bein und kehrte gebrochen als Kriegsversehrter nicht heim nach Wuppertal, sondern er geht in die Nähe von Marburg, wo er bei der Mutter eines gefallenen Freundes und Kriegskameraden Quartier nimmt.
Günther Blau beginnt ein Malstudium, reist schon 1947 ohne Papiere, illegal und an Krücken aus der unstillbaren Sehnsucht nach dem Licht des Südens nach Italien, wohin er später immer wieder zurückkehren wird. Die Bilder, die dort entstehen, zeigen wie in der Mittagshitze ausgestorbene Straßen kleiner gewöhnlicher Ortschaften ohne die Postkartenidylle anderer Italienmaler. Wie schon erwähnt, fehlen Menschen auf den italienischen wie auf den deutschen Motiven aus Wuppertal und Karlsruhe wie auch den englischen aus Liverpool fast gänzlich. Wo sie auftauchen sind sie Beiwerk, gelegentlich mit bissigem Humor, wie das Bild „Alter Markt Barmen“ aus dem Jahr 1956 zeigt. Die wenigen Papierarbeiten mit Umsetzungen von Sprichwörtern und Redensarten zeigen eine weitere humorvoll-ironische Seite.
Blau bildet in seinen durchweg kleinen Formaten, die er nach Skizzen und Fotografien später in Öl ausführt, „mit Empathie“ (Gerhard Finckh) die Wirklichkeit ab. Seine Bilder bewegen sich in den Genres des Neuen Realismus, des Hyperrealismus bis hin zum Surrealismus. Sie zeigen Stilleben, Straßenzüge, Wände, Mauern, Ausschnitte von Stadtansichten – in Deutschland noch mit Ruinen und Trümmern des Bombenkrieges – und Maschinen, „die Zerbrechlichkeit des Lebens" (Antje Birthälmer). Durchaus ist auch der barocke Vanitas-Gedanke Günther Blau nach dem im Krieg und am eigenen Schicksal Erlebten nicht fremd. Der „Schädel mit Bergfink" (ganz unten) ist eines dieser Sujets.
Günther Blau heiratet 1967, dem Paar werden 1968 und 1975 zwei Töchter geboren, die beide noch im Kindesalter sterben. Blau rettet sich vor diesem erneuten Trauma in die Malerei. 1977 wird Günther Blau mit dem Von der Heydt-Preis der Stadt Wuppertal geehrt, bekommt 1991 den Marburger Kunstpreis und stellt verschiedentlich, in Wuppertal zuletzt 1978 aus. Nach seinem Tod 2007 ist die Jetzt in Wuppertal von Antje Birthälmer kuratierte Ausstellung die erste. Morgen wird sie um 11.30 Uhr im Von der Heydt-Museum mit einer Vernissage eröffnet, zu der auch seine Witwe Ruthild Blau kommen wird. Bis zuzm 24.8.2014 werden die Arbeiten Günther Blaus zu sehen sein.
Weitere Informationen: www.von-der-heydt-museum.de
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