Ein Waterloo für die Ohren

ABBA-Tribute Band überrollte den Saal mit 140 Dezibel plus

von Frank Becker

Ein Waterloo für die Ohren
 
ABBA-Tribute Band überrollte den Saal mit 140 Dezibel plus
 
Was sich am vergangenen Freitagabend bei der Bühnenshow der ABBA-Tribute-Band „Waterloo“ im restlos ausverkauften Remscheider Teo Otto Theater abspielte, beschrieb eine Besucherin, die nicht namentlich genannt werden möchte, mit schlichten Worten so: „Das ist ganz einfach Körperverletzung.“ Wie der Rezensent hatte auch sie nach nur knapp 15 Minuten in Sorge um ihre Gesundheit fluchtartig den Saal verlassen (nicht die einzige, notabene). Angesichts der Lärmschwelle, die weit jenseits der Schmerzgrenze lag und jene eines startenden Jets um einiges übertraf, wagte sie es vor der Pause trotz zwischenzeitlich im benachbarten Drogeriemarkt gekaufter Ohrstöpsel jedoch nicht wieder den Saal zu betreten. Die Dame hatte Recht. Sogar noch im Foyer schmerzten durch die Wände des ehrwürdigen Theaters  die wummernden E-Bässe, die permanenten Explosionen der Bass-Drum und die völlig übersteuerten Boxen, als habe es nie einen Soundcheck gegeben, als wolle man mit Gewalt Wacken zur Sommerfrische erheben und ABBA zur Heavy Metal Band herabstufen. Zuletzt hatte ich so etwas vor 10 Jahren bei Anne Haigis erlebt – die schreckliche Erinnerung war noch wach.
 
Obwohl ernste Hörschäden durchaus befürchtet werden mußten, bejubelte ein nicht geringer Teil der Gäste die brutale Krawall-Attacke, die mit der schönen, kultivierten, abwechslungsreichen und oft poetischen Musik von ABBA nur sehr, sehr wenig zu tun hatte. Lautstärke kann Qualität nicht ersetzen, auch wenn manch einer das zu glauben scheint. Aber man hatte ja immerhin 31 Euro für eine Eintrittskarte bezahlt. Dafür kann man schon einen gepflegten Tinnitus verlangen. Wie „schmerzfrei“ und kritiklos kann eigentlich ein Publikum sein, das sich so etwas gefallen läßt? Wieso läßt man sich von billigen Perücken und bunten Kostümen, Glimmer, Bühnenrauch und schlechten Kopien so bereitwillig täuschen? Und wer übernimmt hinterher die Arztkosten?
Hinter dem Frontalangriff auf jedes Gefühl steht ein nicht einmal gänzlich unbegabtes Quartett mit Anja Burow als immerhin optisch akzeptable Agneta (die Stimmen ließen sich bei dem Instrumental-Radau kaum einschätzen), Jasmin Antic als schlechte Frida-Kopie, Thomas Götze als Björn mit Kiss-Gitarre, Alexander Zaytsev als Benny an den Keyboards und eine Begleitband. Doch was immer die Mädels und Jungs eventuell können, es wird von einem namentlich nicht genannten Tontechniker restlos zuschanden gemacht. ABBA könnte Spaß machen – so macht es keinen. Ein gründlicher Fehlgriff des Teo Otto Theaters, den die Programmgestaltung der kommenden Saison vielleicht vergessen läßt.
 
„ABBA Night – The Tribute Concert“ mit der Band „Waterloo“ bekommt von mir zero points, und obendrein den Musenblattschuß. Vom Besuch eines Auftritts dieser Krawall-Truppe ist - zumindest unter solchen Bedingungen - aus gesundheitlichen Gründen dringend abzuraten.
Zum Thema Lärm hätten wir übrigens heute auch die Besprechung eines wichtigen Buches von Wiglaf Droste anzubieten.

 
Informationen zur kommenden Spielzeit des Teo Otto Theaters: www.teo-otto-theater.de