Das Rheinland und seine „sichere“ Seite (1)

von Konrad Beikircher

Foto © Frank Becker
Das Rheinland
und seine „sichere“ Seite (1)
 
Lassen Sie mich heute ein Loblied auf den Landstrich singen, der seinerzeit stantepede mein Herz gefangen und in meiner Liebe mit meiner Südtiroler Heimat gleichgezogen hat: das Rheinland – unter Berücksichtigung des Versicherungswesens.
 
Drei Artikel haben als Quelle das Prinzip der rheinischen Solidargemeinschaft, wie es im Rheinland immer schon existiert hat:
 
Et es wie’t es
Et kütt wie’t kütt
Et hätt noch immer jot jejange
 
Weil im Rheinland eben schon ewig dieses Grundgesetz existiert und es alle im Herzen tragen gilt: Mer stonn zesamme – ejal wat kütt. Nur wenn man so zusammensteht, kann es gut gehen, egal was oder wer gekommen ist. Das haben die Rheinländer schon früh erfahren, sind hier ja schon in der Frühzeit alle mal durchgekommen: die Römer, die Hunnen, die Holländer, die Belgier – und wenn es nur auf die Weihnachtsmärkte ging.
 
Nicht mal unwichtig: Wußten Sie eigentlich, dat die Rheinländer auch das Versicherungswesen erfunden haben. Eja! Dat janze Spill, und das sollten wir mitfeiern, hätt ja schon im alten Rom mit der Agrippina angefangen, Sie wissen ja, dat lecker kölsch Mädche, wat noh Rom jejange es um dem Römer den Karneval nahezubringen, was nach einigen Mißverständnissen – ihr Sohn Nero z.B. dachte, es wäre eine besonders schöne karnevalistisch Idee, mit lebendigen Christen als Pechfackeln Rom zu beleuchten – ja auch geklappt hat. Sie hat aber auch, erschüttert von diesem Mißverständnis, die Feuerversicherung erfunden – und das in einer Zeit, da haben die Schweizer das Matterhorn noch für eine Potenzstörung gehalten -, was ihr Sohn Nero sofort genutzt hat: er hat ganz Rom abgefackelt, um die Prämie zu kassieren und kann somit als der erste Warmsanierer der Geschichte der Menschheit angesehen werden. Und natürlich auch als erster großer Versicherungsbetrüger, weil was der da alles angegeben hat, wat angeblich alles in der Police gestanden hätte: Perserteppiche, Chippendale-Möbel, Diamanten, alte Handschriften etc. pp mein lieber Scholli! Dabei sind da nur ein paar Holzhäuser afjebrannt. Egal. In dieser Zeit ist der Grundsatz entstanden: „ubi Police ibi malitia“, wie der Römer sagt, op jot deutsch: wer en Police hätt muß auch dat Kleinjedruckte lesen. Oder hier: die Erfindung der Lebensversicherung, stammt jo och vum Agrippina, jot - hat ihr nicht viel genutzt, weil ihr Sohn auch diese Prämie kassieren wollte, ne, und zack! wor et Agrippina am Ende – 59 n. Chr. hat er sie umgebracht - aber, wie der Römer schon sagt: „ubi Prämie ibi Risiko!“, und hat damit einer großen Versicherungsweisheit vorausgegriffen.
 
Kurz darauf hat der Hl. Quirinus von Neuss dem Versicherungswesen völlig neue Impulse gegeben. Er war – da erzähle ich Ihnen als Neussern ja nix Neues – Tribun im alten Rom und Kerkermeister, also quasi im Justizvollzugsdienst als Anstaltsleiter tätig, das war um 130 n. Chr. eröm. Jetzt wurd dem sein Töchterchen, et Balbina, krank, also schwer krank. Dä Hl. Quirinus war aber nicht krankenversichert, konnte ja auch nicht, die AOK, also die auxilium omnis clientelae, zu deutsch: Hilfe für dat janze Klientel, war ja noch nicht erfunden, wir schreiben das Jahr 130 nach Christus! Also: dat Balbina wor krank und was war? Er in Rom von Arzt zu Arzt gelaufen, bis er zum Aretaios von Kappadokien kam, das war quasi der Sauerbruch der Antike. Der sagte: ja, ich kann dem Mädchen helfen, aber dat wird teuer. Jo jot, sagt uns Hl. Quirinus, wat soll dat kosten?
 
Jo, säht der Aretaios, dat Kind hätt Zucker – da war der Aretaios für fast 1000 Jahre lang unbestrittener Spezialist für – und dem müsse mr die Beine abnehmen, also unter 20 Talenten is da nix ze mache. 20 Talente? Dat sin ja jot 100.000 €, leven Herr Doktor, ich bin Beamter im Jusitzvollzugsdienst, dat kann ich net zahlen, jeht dat nit e bißje billijer? Nee, sagt der Aretaios und tät ihm leid und ob er nit en MasterCard hätt, aber das gabs ja auch nicht. Da is der Hl. Quirinus völlig verzweifelt in die Blech zurückjejange und hat beim Abendessen austeilen den Knackis dat erzählt. Jetzt waren da natürlich auch viele Christen dabei – der normale Glauben hat in der Zeit ja fast nur in Katakomben oder in der Blech überlebt! – darunter auch der damalige Papst Alexander I. Und der sagte dann: wenn es zu teuer ist, dann hilft nur eins: ein Wunder! Und dodefür sind MIR vom normalen Glauben zuständig. Wenn et nit klappt, kannst Du Heide bleiben, wenn et ewwer klappt, wirst Du Christ. Is in Ordnung, sagt der Hl. Quirinus, holt sein Töchterchen und wat war?
Alexander I. segnet es und zack! wor dat Mädchen geheilt. Jot – volkswirtschaftlich jesehen rechnet sich so ein Wunder natürlich nicht – wären ja plötzlich alle Ärzte mit einem Schlag arbeitslos und die Krankenversicherungen könnten auch einpacken, wenn es genügt, dat do einer mem Finger schnippt und schon bist Du gesund. Aber freuen tuts einen doch. Und der Hl. Quirinus hat sich darüber so gefreut – und über die hohen Preise der Ärzte so geärgert – daß er direkt die Idee hatte: wenn 1000 Mann ein Talent im Jahr zahlen für der Fall, dat mal wat sein sollte, davon aber 998 gesund bleiben, dann rechnet sich dat und zack! hat er die AOK, die auxilium omnis clientelae ins Leben gerufen. Darüber aber waren die Ärzte so wat von am piefen (und über dat Wunder natürlich auch), dat sie beim Kaiser Hadrian vorstellig geworden sind und der hat dann wegen Amtsanmaßung – Versicherungsgesellschaften zu gründen war nämlich seit Nero dem Kaiser vorbehalten – den Hl. Quirinus und dem sein Töchterchen Balbina hinrichten lassen. Fertig!
 
Das nur mal kurz zur Ergänzung der Stadtgeschichte von (Novaesium). Man sieht, daß das Versicherungswesen im Rheinland seinen Ursprung hat, weil dä Quirinus wor ja quasi us Nüüß! 

Nächste Woche erzähle ich Ihnen, wie es mit dem Rheinland und seiner Sicherheit weiterging.
In diesem Sinne

Ihr
Konrad Beikircher


 
© 2014 Konrad Beikircher für die Musenblätter
Redaktion: Frank Becker