„Was will der Osmane? Spaß machen!“

Fatih Cevikkollu - „Fathi Tag“

von Frank Becker

Foto © Fatih Cevikkollu
„Was will der Osmane?
Spaß machen!“
 
Drei Stunden mit Fatih Cevikkollu
 
Er unterscheidet sich in Programm und Anspruch deutlich von seinen Kollegen mit ebenfalls türkischer Abstammung, die daraus überwiegend parodistisch ihre Pointen ziehen. Er tut das auch, notabene, doch Fatih Cevikkollu ist nur vordergründig ein simpler Spaßmacher, der zwar auch Scherze vor und mit dem  
„Migrationshintergrund“ macht, als erklärter Deutscher und leidenschaftlicher (geborener) Kölner sowie als Moslem mit streng katholischer Sozialisation jedoch weit tiefer gehende Betrachtungen zur Integrationsproblematik anstellt. Wenn er auch gerne mit seiner Doppel-Herkunft kokettiert. Mit seinem vierten Programm „Fatih Tag“, das eine gelungene Melange aus Polit-, Gesellschafts- und Literatur-Kabarett ist, gastierte er am Mittwoch in der Lenneper Klosterkirche.

Hintergründe
 
„Heimat ist da, wo man sich nicht erklären muß“. Mit diesem Herder-Zitat macht Fatih Cevikkollu den Konflikt deutlich, in dem ein Deutscher steht, wenn er eben aussieht wie ein „Kanake“ (Zitat). Deutschland ist seine Heimat, doch fängt mit der deutschen Geburt für manche das Problem erst an. Es gebe ja auch noch „richtige“ Ausländer“, Marokkaner, Algerier, Iraker usw., also „alle, die Ihr für Türken haltet“, merkt der Schöngeist im knallroten Anzug und dem deutschesten aller Schuhwerke, offenen Sandalen, an. Und dann dieser „Hintergrund“: ist Steak ein Nahrungsmittel mit Lebenshintergrund? Ist eine Frau ein Mensch mit Menstruationshintergrund? Wird bei der Job- und der Wohnungsvergabe nach fremd klingenden Namen entschieden? „Das ist wie Malen nach Zahlen oder in der Schule Noten nach Namen. Da ist „Kevin“ schon eine Diagnose.“ 

Fertiggerichte
 
 „Wir Deutschen sind weltweit beliebt, auch wenn wir nicht Heckler & Koch heißen.“ Ist das so? Als beschämter Deutscher weist er mit Nachdruck auf die Doppelmoral des seit fast 70 Jahren von keinem Krieg heimgesuchten Landes hin, das heute der drittgrößte Waffenexporteur der Welt ist und zieht den blutigen Strich von Heckler & Koch über Daimler Benz zu Waffen- und Landminen-Exporten nach. Wo Minen gelegt werden, braucht man Minensuchgeräte, und wo die nicht geholfen haben, braucht man Prothesen. Kommt alles aus Deutschland. Das ist böse, und so böse, daß einem das Lachen vergeht, muß ein ernsthafter Kabarettist gelegentlich sein. Das gilt auch für die kritische Beleuchtung der fehlerhaften Ermittlungsarbeit nach den NSU-Verbrechen, ihrer zögerlichen bis Aufarbeitung durch die Behörden und die dubiose Rolle des Verfassungsschutzes, den er mit SS und Gestapo vergleicht.

Vorhäute
 
Hingegen bietet die durch den jüdischen Beitrag entschärfte heftige Diskussion um die moslemische Beschneidung von Knaben hingegen viel Stoff für Heiterkeit: „Die Vorhaut ist die fleischgewordene Schnittmenge zwischen Moslems und Juden – Pelle for Peace!“ Geht doch. Mit Nachdruck geht Cevikkollu auch mit der Lebensmittel-Industrie, ihren Fälschungen, Lügen und Fertigmahlzeiten ins Gericht, schießt gegen die offensichtliche Korruption auf höchster Regierungsebene – Stichworte: von Klaeden, Pofalla, öffnet mit Hinweis auf „Muttis“ Raute die Augen zum Thema Freihandelsabkommen und macht sich über von der Leyens groteske Kuschel-Bundeswehr, die Dinkel-Dominas und Bio-Bitches der Öko-Bewegung lustig.
 
Nach drei Stunden mit all dem, einer parodistischen Yoga-Stunde mit indisch-englischem Akzent, der köstlichen „Faust“-Version seiner Kunstfigur Joao mit starkem brasilianischem Akzent und türkisch-deutschen Familiengeschichten sind Künstler und Publikum redlich erschöpft. Aber schön wars.
 
Weitere Informationen:  www.fatihland.de/