Vielfalt und „Unsinnt“ rund um Europa

Nummer 3 der Literaturzeitschrift „Karussell“ vorgestellt

von Martin Hagemeyer

Vielfalt und „Unsinnt“ rund um Europa
 
Nummer 3 der Literaturzeitschrift „Karussell“ vorgestellt
 
Die dritte Ausgabe der Literaturzeitschrift „Karussell“ wurde am Samstagabend im Rahmen der Wuppertaler Literaturbiennale vorgestellt. In den Räumen von Bücher Köndgen bekannte Geschäftsführer Thomas Helbig sich zu seinem Faible für „regionale Identität“. Von der bergischen war man dann schnell bei den vielen europäischen Identitäten und damit beim roten Faden für diese „Karussell“-Ausgabe – passend nicht nur zum Biennale-Motto „unterwegs nach Europa“, sondern auch zum Vorabend der Europawahl.
 
Die Zeitschrift „Karussell“, nach ihrer Vorgeschichte in den Achtziger Jahren zur ersten Biennale 2012 neu zum Leben erweckt, versammelt Texte etablierter Schriftsteller wie auch neuer Autoren der bergischen Region. Gattungsvorgaben gibt es nicht, und auch das Motto des diesjährigen Literaturfestivals erwies sich als allgemein genug, um den recht zahlreichen Zuhörern eine bunte Mixtur aus Autorenlesungen zu bieten. Es moderierte Christiane Gibiec.
Ingrid Stracke als erste Vortragende reflektierte mit dem Gedicht „In der Schwebe“ eine flüchtige, aber nachwirkende Begegnung und las außerdem „Straßenbahn und Kuckucksuhr“ von Robert Wolfgang Schnell: eine humorige Geschichte über die Gelüste schottischer Verwandter nach urdeutschen Devotionalien. Mitredakteurin Friederike Zelesko stellte in Vertretung der erkrankten Karla Schneider deren Text „Latin Lover“ vor, der voll Ironie über den hartnäckigen Titel“helden“ nebst unverhofft direkten Stoßseufzern („Das macht sie kirre.“) für Amüsement sorgte.
Noch vor Stefan Seitz mit einem ausgedehnten Streifzug quer durch Wuppertals multikulturelle Gastronomie-Szene gab es mit Karl Otto Mühl und „Es naht das Meer, es nahen die Geusen“ nicht nur Spott über dumme nationale Ignoranz zu erleben, sondern auch den nach wie vor unüberhörbaren Schalk im Nacken des mittlerweile 91-jährigen Schriftstellers. Kürzer, aber anrührend und einprägsam trug zuvor Ingrid Schaarwächter ihre feine, kleine Episode „Galatina“ vor, in der „auf mehreren Tabletts“ eine aufgetischte Süßigkeit ganz plastisch „die Kinderzeit“ für einen Moment wiedererstehen ließ.
 
An das Thema „Café“ schloß denn auch das Scheipner-Dosdogru-Duo heiter mit einem „No-coffee-Blues“ aus Saxophon und Vibraphon an – verteilt zwischen den Wortbeiträgen gaben die Musiker so dem gesamten Abend ihre mal beschwingte, mal träumerische Note.  Und mit dem letzten Text wurde es auch doch noch etwas politisch zum Stichwort Europa und Bürokratie: Die „T-codierte Verwaltungssprache“ forderte dem auch als Lyriker tätigen Falk Andreas Funke ziemlich witzig einiges an Vortragskünsten ab und beschloß diesen Abend mit so schönen Feststellungen wie „Europat hattet wiedert malt Unsinnt gesprochent.“
 
Mehr zur 3. Ausgabe von „Karussell“ und seinen Autoren:  www.musenblaetter.de/