Der Tscheche

von Konrad Beikircher

Foto © Frank Becker
Der Tscheche
 
Der Tscheche ist außer dem Neapolitaner tatsächlich der einzige Geistesverwandte des Rheinländers. Warum? Weil er erstens gerne spricht, allerdings nicht so sehr über sich selbst, aber ieber die La-ite und weil er versöhnlich ist. Du fragst zum Beispiel mitten in der böhmischen Pampa nach dem Weg, meinetwegen nach Karlsbad. Und schon geht es los:
„No, is das eine Freide, nach Karlsbad, no, das möcht jetzt aber ganz schön ieberfillt sein, her ich, das Karlsbad, und wenn da einer kain Zimmer vorbestellt hat in Hotel, möchts ihm gehen wie weiland dem Dolezal aus Vysovo, wie der nach sieben Jahren, was er auf die Bestellung gewartet hat, den neuen Tatraplan geliefert bekommen hat, no was sind schon sieben Jahre? Gestern noch Hochzeit gefeiert und heite möcht schon der erste Schultag sein fír die Kinder, das ist, weil heite keiner mehr Zait hat, und wenn da, her ich, in den Fernsehnachrichten berichtet wird ieber - was weiß ich! - die Dreharbeiten zu einem neien Film und man Bilder schauen kann von der Frau Landgrebe, was eine Schönheit is, daß man gar nicht mehr seine Frau anschauen möcht, weil man geblendet ist, dann rennt alles am nächsten Tag zum Frantisek und tritt ihm die Tür ein und schreit: ‚Wo is der neue Film mit der Landgrebe, rück ihn raus, du Schuft, oder wir schlagen dir ein Loch in Kopf!’ und der Frantisek haut die Tür zu und läuft hinten bei den Hühnern hinaus und geht ganz schnell zum Majtnaj in das Bahnhofscafe, trinkt ein Budweiser und wenn einer von die Kinofanatiker kommt und schüttelt die Fäuste, sagt er, daß er auf den Zug wartet und den Film holt, weil das ein Meisterwerk is, und das ist, mein Herr, weil die Laite keine Zeit mehr haben, aber der Dolezal, wie der den neuen Tatraplan bekommen hat, hat eine Triumphfahrt durch Vysovo gemacht, hat dann die dicke Rusalka um die Hüfte gepackt, daß sie gequiekt hat wie ein Ferkel, was man in den Hals sticht, hat sie in den Tatraplan gehoben und hat gerufen:
‚Heite geht’s nach Karlsbad und morgen nach Paris’ JessasMarjandJosef, das ganze Dorf hat gewunken und schöne Brautnacht gewünscht, aber in Karlsbad haben die beiden im Tatraplan iebernachten müssen, weil der Dolezal kein Zimmer vorbestellt hat und fünf Tage später sind sie zurückgekommen nach Vysovo und die Rusalka hat nur gesagt: ‘Paris’ und Augen gehabt wie eine Kuh, so daß ganz Vysovo gewußt hat, daß auf Ostern herum eine Taufe sein wird, und später is herausgekommen, daß der Dolezal und die Rusalka gar nicht in Paris gewesen sind sondern nur in böhmisch Eisenstein, was ein Katzensprung ist und noch nicht mal in Frankreich, aber da hat der Dolezal gesagt: ‘Paris ist überall, wo Liebe ist’ und seitdem fährt der Dolezal einmal im Jahr mit der Rusalka nach böhmisch Paris und es ist jedesmal eine Freide, und wenn Sie wissen wollen, wo es hier nach Karlsbad geht, machen Sie es wie der Dolezal, weil: schön ist es überall, wenn man sein Ziel in sich trägt, so ist das”.
 
Warum also, lieber Freind, wollens hin nach Karlsbad fahrn? Wieso bleibens nicht einfach z´Haus daheim im schenen Rheinland? Da hams a Bett und müssen nicht im Tatraplan iebernachten.
 
In diesem Sinne, ergebenst
Ihr
Konrad Beikircher
 
 
©  Konrad Beikircher für die Musenblätter
Redaktion: Frank Becker