„Die Entstehung der Gürteltiere“

Anne-Catherine Studer las Rudyard Kiplings Geschichte

von Frank Becker/Red.

Anne-Catherine Studer las
Rudyard Kiplings
„Die Entstehung der Gürteltiere“
Illustrationen: Ulrike Möltgen
 
In längst vergangenen Zeiten, als dies und das noch fehlte – zum Beispiel die Höcker auf dem Kamel und der Rüssel am Elefant – da gab es auch noch keine Gürteltiere. Rudyard Kipling hat in seinen berühmten „Geschichten für den allerliebsten Liebling“ die wichtigsten Rätsel kurzweilig und nicht immer ganz der Wahrheit entsprechend aufgedröselt, so auch das um die Entstehung der Gürteltiere:
Am Ufer des Amazonas nämlich lebten der Igel und seine Freundin, die Schildkröte. Die fraßen Schnecken im Häuschen und Salat. Das war also in Ordnung. Doch am gleichen Ort lebte auch eine gefleckte Jaguar-Mutter mit ihrem Sohn, dem kleiner Jaguar, der zwar noch einfältig und unwissend war, aber doch schon sehr hungrig und darum auch trotz seiner geringen Erfahrung gefährlich. Vor allem, weil seine Mutter ihm erklärt hatte, wie man selbst stachelige Igel und gepanzerte Schildkröten ohne Schaden verspeisen kann. Aber die beiden vermeintlichen Opfer erwiesen sich als gewitzt, nutzten die Unwissenheit des kleinen Räubers in spe und brachten den Jaguar dermaßen durcheinander, daß der Arme sich beim besten Willen nicht mehr an die Reihenfolge der mütterlichen Ratschläge erinnern konnte und deshalb hungrig und mit zerstochenen Pfoten nach Hause kam. Dennoch, er blieb für Schildkröte und Igel gefährlich, denn seine Mutter war eine gute Lehrerin. Igel und Schildkröte mußten sich also etwas mehr einfallen lassen. Wie aus der Lösung des Problems die Gürteltiere entstanden, lesen Sie es ihren Kindern oder Enkeln selber vor…

Mit ihrer Lust hemmungslosen am Fabulieren, reich an Ironie und Sprachwitz und dem Verzicht auf Zeigefinger-Moral gehört Rudyard Kiplings mehr als 100 Jahre alte und in Deutschland weniger bekannte Geschichte zu den Schätzen der Kinderliteratur.
Der Peter Hammer Verlag hat für eine Bilderbuch-Version die Illustratorin Ulrike Möltgen gewinnen können, die sich von Kipling inspirieren ließ und die Geschichte in wundervolle Bilder umsetzte, herrlich bunt und Kiplings skurriler Phantasie angemessen. Am vergangenen Mittwoch stellte Verlagsleiterin Monika Bilstein Buch und Zeichnerin in der Wuppertaler Buchhandlung von Mackensen vor – mit kompetenter Unterstützung der Schauspielerin Anne-Catherine Studer (Wuppertaler Bühnen), die vor gutgelauntem Publikum und vollbesetzten Reihen das Buch las und alle Rollen witzig und charmant verkörperte.


Anne Catherine Studer liest Kipling - Foto © Frank Becker