Stille

von Hanns Dieter Hüsch

Foto © Frank Becker
 
Stille

Erst mit der großen Stille fängt die Seele an zu
Schreiben
Und läßt uns sanft und sicher werden
Und sorgt dafür, daß unsre Augen milde bleiben.

Nun wanderst du und setzt den Fuß aufs Ländliche
Das dich und dein Gemüt erhält
Der Riesenwahn, das Unverständliche
Sie fliehn vor deinem Gang und Flur und Feld
Begegnen dir so schwesterlich, so alt und ungebrochen
Als hätten Tier und Pflanze das erste Wort gesprochen.

Die Stille ists, die überlebt.
Dem Baum, der schweigt, ist tiefer zu vertrauen
Als allen Redensarten
Als allen Zungen, die sich laut vermischen
Es ist die Stille, die zur Kunst entfacht,
Geschichte macht,
Solang, bis wir den Schmerz von unsren Stirnen
Wischen.


Hanns Dieter Hüsch
 

© Chris Rasche-Hüsch
Veröffentlichung aus dem Band "Ich setze auf die Liebe" in den Musenblättern mit freundlicher Genehmigung