Seymours Gartenbrevier

„Der kleine Horrorladen“

von Frank Becker

Foto: Showservice International

Seymours blutiges Gartenbrevier
 
Der kleine Horrorladen, kein Zuckerschlecken für die Kleinen
 
 
Musik wird störend oft empfunden, wenn sie mit Gesang verbunden – vor allem, wenn einem bei einem Musical wie am Mittwochabend im Teo Otto Theater die per Mikroport auch von der spritzigen Girl-Truppe (Ilona Bielmeyer, Georgia-M. Reh, Nina Henrich) präsentierten populären Songs (Vorstadt, Da-Doo, Zahnarzt, Wunder gibt es doch u.a.) gnadenlos übersteuert schmerzhaft und textunverständlich um die Ohren gehauen werden. Das war insbesondere deshalb schade, weil die Inszenierung des Erfolgsmusicals „Der kleine Horrorladen“, die Laurent N´Diaye für den Frank Serr Show Service mit einem guten Ensemble ins Remscheider Teo Otto Theater mitgebracht hatte, kurzweilig ist und die Live-Band ausgezeichnet spielte. Auch trotz gewisser logischer Handlungslücken in  brauchbar und ideenreich. Das Programmheft nennt leider nicht den Schöpfer der zahlreichen Girl-Kostüme und der originellen Bühne - beides trug nicht unbeträchtlich zum Erfolg bei.
 
Der kleine Blumenladen von Mr. Mushnik (Dirk Hinzberg) bringt nichts mehr ein, kann weder ihn noch seine beiden Angestellten Seymour (sympathisch unbeholfen: Christopher Ryan) und Audrey (zuckersüß doof: Nadine Kühn) noch länger ernähren. Doch die Wende kommt mit einer merkwürdigen Pflanze, die Seymour aus Metoriten-Material gezüchtet hat und die jetzt, immer schneller wachsend, Neugierige, Presse, Funk und Fernsehen wie ein Magnet anzieht. Die Kasse klingelt wieder – und nur der eigentlich kreuzbrave Seymour kennt das Geheimnis von „Audrey 2“ (gesprochen und bewegt von Helen Senaya und Paul Gibbs), wie er sie nach der angeschwärmten Kollegin genannt hat.
Audrey 2 nämlich ist eine fleischfressende Pflanze, die sich nicht etwa mit Fliegen oder Hackfleisch zufrieden gibt: sie will Menschenblut. Und Seymour – als Insider-Gag wohl nach Gartenkönig John Seymour, Verfasser von „Seymours Gartenbrevier“ (1914-2004) benannt - gibt es ihr: zunächst aus seinen eigenen Fingern, dann erschlägt und verfüttert er Audreys brutalen Freund Orin (richtig schön fies: Michael Müller) und schließlich den geldgierigen Mr. Mushnik an das unersättliche Biest. Seymour erkennt das wahre Ziel der extraterristrischen Kreatur: die Weltherrschaft. Das kann natürlich nicht gut gehen.
 
Laurent N´Diaye hat sich der Filmvorlage entsprechend gegen ein Happy End entschieden und macht vor effektiver Kulisse aus dem Stoff, was er eigentlich ist du nach Howard Ashmans Idee auch sein soll: eine Parabel auf die Gefahr, den Verlockungen des Bösen zu erliegen. Am Ende sind, schon aus ethischen Gründen, alle tot, kehren nur für das moralische Finale zurück. Kein Zuckerschlecken für die vielen Kinder in der Abendvorstellung.
 
Weitere Informationen:  www.showservice-international.de