Das fragile Schiffchen Lyrik

Volker Maaßen – „Bitterleichte Lyrik“

von Frank Becker

Das fragile Schiffchen Lyrik
 
Lyrik ist besonders heutzutage ein schweres Geschäft. Das war, denken wir an ihre Blüte im 19. und 20. Jahrhundert, nicht immer so. Und sie ist Geschmackssache. Natürlich. Sie läßt sich überdies, selbst wenn sie gut ist, redlich schlecht verkaufen – alle Lyriker wissen das, der Hamburger Musenblätter-Kolumnist Andreas Greve, Erfinder der patentierten „Librette“ kann ein Liedchen davon trällern, das er dann in wohlgesetzte Verse faßt. Manchmal ist Lyrik zwar wirklich schlecht (nicht Greves, die ist gut!), verkauft sich aber des Verfassernamens wegen, nehmen wir pars pro toto Günther Grass, dennoch. Viele der wirklich talentierten Autoren gehen leider mangels Plattform und PR dagegen unter.
 
Dieser Tage ging der Redaktion - ebenfalls aus Hamburg - ein noch ziemlich frischer Gedichtband (2013) von Volker Maaßen zu, „Bitterleichte Lyrik“, der sich in einem Beitrag auf Seite 129 mit genau diesem Problem sehr humorvoll und auf den Punkt genau auseinandersetzt: „Nachtwerke“:
 

Nachtwerke

Wenn der Beischlaf
stürmisch oder matt
wieder mal
nicht stattgefunden hat
und die Nacht noch nicht
zu Ende ist
warte ich
bis mich die Muse küßt
ich weiß, warum die Mönche
nachts auf Sex verzichten
sie können dann, genau wie ich
besser dichten

Nachts
wenn andre in den Betten liegen
laß ich die Gedanken fliegen
und ich kann
wie viele Literaten
gut im Dunkeln
auf Ideen warten
und gelassen
sie mit Worten in ein Schema fassen
bis am Ende einer Nacht
alles, was ich da gedacht
hab und gedichtet
ein Rezensent
der dieselbe Nacht
selig schlafend zugebracht
ungerührt vernichtet
 

Volker Maaßen trifft mit dem Pfeil der Lyrik nicht nur in diesem Text den Kern der Dinge. Mit den sieben Kapiteln der locker angeordneten Gedichte ordnet er sich akzeptabel in das von Namen wie Peter Paul Althaus, Joachim Klinger, Ror Wolf, Christian Morgenstern, Joachim Ringelnatz, Wilhelm Busch und Andreas Greve prominent besetzte Genre ein. Was Maaßen so lesbar macht, ist seine Nähe zur erkannten Wirklichkeit, ist seine Ehrlichkeit in Selbst- und Fremderkenntnis. Es ist auch sogenannte Gelegenheitslyrik darunter, das meiste aber hat Witz, auch Schalk, ist mitunter deftig, doch einiges hat auch tiefen Ernst, oft wiederum im Scherz verborgen. Dann ist es bitter. Bleibt aber leicht. Bitterleicht eben.
 
Noch eins? Gut:
 
Ich liebe dich
 
Ich liebe dich
Doch bliebe ich
Dir auch gern
Mal fern
 
 
Volker Maaßen – „Bitterleichte Lyrik“
© 2013 elbaol Verlag Hamburg, 148 Seiten, Broschur, Illustrationen von Lisa Maaßen - ISBN 978-3-939771-38-8
11,95 €
 
Weitere Informationen: www.elbaol-verlag-hamburg.de/
©  der zitierten Texte: Volker Maaßen