Aus dem Land der blauen Ameisen
Teil 2
April 1985
In dem Freundschaftsladen kann man nur mit „Ausländergeld“ einkaufen, d. h., Chinesen sieht
Anschließend gab es ein üppiges Dinner im International Club, dem Ausländerclub in Peking, der neben Hotel und Restaurants auch Sporteinrichtungen, ein Kino, ein Theater, einen Swimming-Pool u.a. hat. Nach dem Dinner gab es im Theatersaal eine großartige Vorführung
Zurück im Hotel lag schon der Stapel Wäsche, den ich morgens abgebeben hatte, gewaschen und gebügelt bereit. Für wenig Geld wird täglich und zuverlässig die Wäsche gewaschen. Man muß also gar nicht viel mitnehmen. Ein Umtrunk in der Bar rundete den Tag. Der letzte Tag mit Programm in Peking enthielt wieder Besonderheiten. Als erstes am Morgen schlossen wir uns einem vieltausendköpfigen Lindwurm von Menschen an – d.h., wir wurden höflich in der Mitte hineingelassen - die den toten Mao in seinem Mausoleum sehen wollten. Täglich stehen Abertausende auf dem Großen Platz (Tien-An-Men) an, um Mao in seinem Kristall-Sarg zu sehen. So nun auch ich. Die Schlange bewegt sich zügig vorwärts und es dauert gar nicht lange, bis man in dem monumentalen Gebäude mit mächtigen Flügeltüren außen und ebensolchen innen ist. Vorbei an einem
Anschließend war ein Besuch bei einem „Nachbarschaftskomitee“ arrangiert worden. In dieser Stadtviertelverwaltung wird das soziale Zusammenleben organisiert. Man kümmert sich z.B. um Eheschließungen und Scheidungen, Kindergarten, Vorschule und Schule, öffentliche Hygiene und Sauberkeit, Geburtenkontrolle, Wohnungszuweisung und Arbeitszuweisung. Auch eine kleine Klinik ist da, um mindere Wehwehchen zu kurieren. Angehörige des Komitees stellten sich geduldig und auskunftsbereit
Der Nachmittag gehörte einem freien Bummel durch die Stadt, d.h., ein paar Straßenzüge des Zentrums. Ich schaute mir Bazars, Buchgeschäfte und Märkte an und wäre wieder gerne länger geblieben.
Am Abend gab es einen Abschiedsdrink und dann mußte gepackt und früh zu Bett gegangen werden, denn am nächsten Morgen wurde in aller Herrgottsfrühe (04.40 h) geweckt. Abfahrt zum Flughafen war um 05.30 h. Das Frühstück wurde in einer Pappschachtel jedem Reisenden mitgegeben. Bei Pappschachtel fällt mir ein, daß alles, was man einkaufte, sofern Verpackung nötig war, nicht etwa in eine Tüte gesteckt, sondern in eine feste Schachtel gepackt und ordentlich verschnürt wurde. Sechs solcher Schachteln trug ich zur Pyramide gebunden, als zusätzliches Gepäck bei mir, zagend und hoffend, daß dieser Stapel 1. als Handgepäck mit ins Flugzeug durfte, 2. an keinem Zoll ausgepackt werden mußte und 3. alles unbeschädigt mit nach Deutschland käme. In den Kartons waren Keramikpferde, Jadebecher, eine Korkschnitzerei und Lackarbeiten.. Um es vorwegzunehmen: alles kam gut zu Hause an, selbst der russische Zoll ließ die Pakete unberührt und im Flugzeug reiste der Stapel zunächst im Verpflegungslagerraum (chinesische Fluglinie) und später zweimal im Abteil 1. Klasse (Lufthansa), während der Besitzer „Economy“ flog. Der Flug nach Moskau war eine ähnliche Tortur wie der Hinflug nach Peking. Die Maschine war vom gleichen Typ, und der Service noch schlechter. An Bord befand sich eine Delegation finnischer Bürgermeister, die soeben von einer offiziellen Reise durch China nach Hause zurückkehrte. Ich kam mit einem sehr netten Bürgermeister ins Gespräch, der perfekt deutsch sprach. Nun, auch dieser Flug hatte ein Ende und eine gute Landung und Moskau war erreicht. Hier herrschten 0 Grad Celsius und es war grau und ungemütlich. Die äußeren Umstände entsprachen durchaus der Stimmung, in die mich dieser Kurzbesuch in der Metropole des Ostblocks versetzte. Es begann damit, dass die Reisegruppe (jenseits der Paßkontrolle von Intourist-Führern erwartet und als Gruppe geführt und untergebracht) nicht als solche abgefertigt wurde. Jeder einzelne, ob jung oder alt, mußte eine ca. 5-10-minütige eingehende Kontrolle seines Passes über sich ergehen lassen. Dabei mussten alle, die nach dem Kontrollierten kamen, geduldig hinter ihm anstehen. Anschließend wurde das Gepäck kontrolliert und eine Deviseneinfuhrbescheinigung mußte ausgefüllt werden. Auch hier war wieder anzustehen. Einzelnen Reisenden wurde abverlangt, alles auszupacken, ihre Kontrolle dauerte bis zu 20 Minuten. Ich hatte die Gepäck- und Devisenkontrolle in 2 Minuten hinter mir, weiß auch nicht warum. Vielleicht sehe ich so harmlos aus. Trotzdem dauerte es 2 Stunden und 45 Minuten, bis die Gruppe durch den Zoll war. Und das für einen Tag Besuch in Moskau! Ostblock-Gruppen wurden übrigens am Nebenschalter als solche in 5 Minuten abgefertigt. Nu ja.
Kaum angekommen standen schon Busse für eine erste kurze Stadtrundfahrt bereit. Der Flugplatz liegt eine Stunde außerhalb der Stadt, und auf dem Weg erklärte die Intourist-Führerin jedes Denkmal und jedes größere Gebäude. Einzige Aspekte dieser Erklärungen waren a. die Befreiung vom Faschismus vor 40 Jahren und b. die Niederwerfung des Feudalsystems in der Oktoberrevolution. Es wurde etwas langweilig. In der Stadt wurde nur kurz am Roten Platz mit Basilius-Kathedrale Halt gemacht, dann noch einmal am
In jeder Etage wurde Kommen und Gehen notiert. Der Komfort in den Zimmern unterschied sich wesentlich von dem in Peking - es war nämlich keiner da! Die Schranktür fiel heraus, als ich meine Jacke weghängen wollte, die Radioknöpfe waren abgedreht und das Radio spielte nicht, der Fenstergriff
Allerdings war das Essen ausgezeichnet, vor allem das Frühstück am nächsten Morgen. Bei einem Spaziergang vor dem Frühstück bestätigte sich, was ich schon am Vortag beobachtet hatte: auf Straßen und Bürgersteigen lag zentimetertief der Dreck, alle Autos waren schmutzüberkrustet, durch die Schaufenster konnte man kaum Eine anschließende zweite Rundfahrt führte zum Kreml, der bei strömendem Regen und bitterer Kälte besichtigt wurde. Seit den Zaren hat sich offensichtlich an den Machtverhältnissen nichts geändert. Die Herren von heute thronen in den gleichen Palästen wie ihre Vorgänger. Und die Kontrolle des Volkes ist sicher nicht geringer geworden. Ich war erschüttert, wie die sehr zahlreichen Polizisten auf der Straße mit den Bürgern umsprangen. Buchstäblich an jeder Straßenecke stand einer und paßte höllisch genau auf, daß auch niemand nur einen Jota von irgendeiner Norm abwich. Dazu kamen reichlich auffällig unauffällige Herren, die mir besonders in der Halle des Hotels auffielen. Die Profession dieser Gestalten war nicht schwer zu erraten.
Das Besichtigungsprogramm endete schließlich mit einer U-Bahn-Fahrt, die mir sehr viel Spaß machte. Ich liebe nämlich U-Bahnen und benutze sie überall in der Welt, wo ich hinkomme. Diese ist wirklich etwas besonderes. Jeder Bahnhof gleicht einem fürstlichen Palais mit kristallenen Lüstern an der
Ich habe China geliebt und würde jederzeit wieder hinreisen, aber Rußland sieht mich nicht wieder!
Alles weitere war nur noch entspannende Heimreise. Als ich um 23.30 h endlich zu Hause war, lag die halbe Welt hinter mir und ich war müde. Ich bin froh, daß ich diese Reise gemacht habe und werde noch lange davon zehren. Nun hoffe ich, daß Ihnen mein Reisebericht nicht zu lang geworden ist und daß Sie ihn gerne gelesen haben. Mit vielen herzlichen Grüßen bin ich wie stets
Ihr
Frank Becker Fotos (10) © Frank Becker
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