Herr Wilschneider spricht im Schlaf

von Erwin Grosche

Foto © Frank Becker
Herr Wilschneider spricht im Schlaf
 
Wir haben mal ein Kind gekriegt. Das war klein. Ich habe gesagt, das ist ja noch ganz klein. Wie lange dauert es denn bis es erwachsen wird? Und dann kam ich wieder nach Hause, da war es schon größer als ich und hatte eine ganz tiefe Stimme und immer wenn es mich sah, hat es immer gesagt: „Papa ich hasse dich.“ Ist doch süß, oder? Ich war doch genauso. Wenn er sich so vor mir aufbaut und am schimpfen ist, dann könnte ich ihn glatt umarmen.
 
Ich gebe jetzt auch nur noch ganz langsam mein Geld aus. Gerade an der Kasse im Lidl-Markt. Ich nehme da bewußt Schlangen in Kauf. Ich glaube, die Verkäuferin freut sich schon, wenn sie mich sieht. Ist mal was anderes. Die hat sogar ein Bild von mir in ihrem Kassenhäuschen hängen. Ein Fan. Wenn ich dann sage: Ach, kostet das was? Und anfange nach meinem Geld zu kramen, dann merke ich gleich, wie die Spannung im Laden steigt. Gestern habe ich einen Kampf gegen vier Lidl Fachkräfte gewonnen. Und das sind die Stärksten, die sind ausgebildet. Ja, wo ist denn mein Geld? Wo hab ich es denn? Ist es hier? ist es da? Holen sie es doch. Die sollen ruhig merken, wie hart mein Geld verdient ist. Ich gebe mein Geld nicht mehr so einfach ab. Als ich endlich bezahlt hatte, haben alle geklatscht. So eine Stimmung war da. Ich stand sogar in der Zeitung und dabei hatte ich nur Dosenmilch gekauft. Überhaupt Dosenmilch. Nicht zwei Löcher machen… eins. Nicht fließen, dröppeln. Ich habe doch Zeit. Der stete Tropfen höhlt den Stein. Kommt da noch ein Tröpfchen? Hallo Tröpfchen, wir haben schon auf dich gewartet.
 
Ich finde es gar nicht so schlimm, daß die Weihnachtsartikel schon im September in den Regalen stehen. Wir feiern zum Beispiel jetzt immer im Oktober Weihnachten. Das nimmt doch den ganzen Druck raus und dann haben wir es hinter uns. Im Dezember ballt sich doch immer alles. In unserer Firma feiern wir das Weihnachtsessen im Februar, da sind die Restaurants nicht so überlaufen und man wird von der Weihnachtsmusik nicht so abgetörnt.
 
Ich habe einen Bekannten, der bucht immer einen Aktivurlaub. Nichts gegen Aktivurlaub, aber ich finde, entweder ist es ein Urlaub oder wir sind aktiv. Obwohl mein Bekannter ist Beamter, der ist mal froh, wenn er sich bewegen darf. Ich habe ihm gesagt: „Aktiv Urlaub, dann lieber passiv rauchen, dann kann ich dabei sitzen bleiben.“
 
 
 © 2013 Erwin Grosche für die Musenblätter
Redaktion: Frank Becker