Rhein und wahr

Aus dem Tagebuch

von Erwin Grosche

Foto © Frank Becker
Trost und Küsse

18. August: Kußräume - Bodo hatte sich bei der VHS angemeldet: „Wie finde ich Freunde“. Es war ein Kursus, wo man in zehn Schritten seine Schüchternheit überwinden konnte. Man lernte auf andere Menschen zuzugehen, um sie von sich zu überzeugen. So fand man Freunde. Bodo freute sich sehr auf diese Fortbildung, weil er bei der Anmeldung gelesen hatte, daß dieser Lehrgang in einem Kußraum stattfinden würde. Ein Kußraum hörte sich interessant an, da konnte man küssen und würde bestimmt dauernd geküßt. Bodo ging also ind die VHS und setzte sich fröhlich auf seinen Stuhl. Nach zwei Stunden wunderte er sich, daß keiner kam und ihn küßte. Wie langweilig. Was war da los? Bodo war verwundert. Er wartete noch eine Stunde und hörte eine Stunde lang einer Frau zu, die davon erzählte, wie man Freunde finden kann. Bodo war enttäuscht. Er fragte sich, wann endlich der praktische Teil beginnen würde. Wann wurde geknutscht und geküßt? Später erfuhr Bodo dann, daß dies kein „Kußraum“ war, sondern ein „Kursraum“. Wenn in einem Raum sich nicht geküßt wird, ist das also kein Kußraum sondern ein Kursraum. Bodo war so maßlos enttäuscht, daß ihm dann eine Frau einen Kuß gegeben hat. Immerhin, dachte Bodo. So findet man doch noch Freunde.
 
20. August: Meine Zahnpasta - Gestern sprach meine Zahnpasta mit mir. Ich wollte mir die Zähne putzen, drückte auf die Tube und bekam keine Zahnpasta heraus. Ich ließ mich nicht davon entmutigen und drückte weiterhin auf die Tube, doch immer noch kam keine Zahnpasta heraus. Plötzlich sagte meine Zahnpasta zu mir: „Wenn Du Zahnpasta haben willst, dann fehlt doch nur ein kleines Zauberwort. Sage dieses Zauberwort und Milch und Honig werden fließen.“ Zuerst war ich verwirrt. Eine sprechende Zahnpastatube hatte ich schon lange nicht mehr gehört. Aber warum nicht, die Welt ändert sich und kürzlich bekam ich eine singende Geburtstagskarte geschenkt, obwohl ich keinen Geburtstag hatte. Ich drückte also noch mal auf die Zahnpastatube und sprach dazu das Zauberwort. Ich sagte „Bitte“, aber so sehr ich auch danach drückte und drückte: Es kam keine Zahnpasta aus der Tube. „Sehr witzig“, sagte ich zur Zahnpastatube. „Wirklich sehr, sehr witzig“ - und schmiß sie weg.
 
22. August: Die Trostkarte - Manche Menschen sind von ein Uhr bis vier Uhr traurig. Das hat nicht immer einen Grund. Manchmal liegt es am Mittagessen, manchmal ist man nur müde und braucht einen kleinen Trostspruch. Zum Glück gibt es die Trostkarte. Die Trostkarte ist eine ganz normale Karte, die man auf einer Seite mit fröhlichen Farben bemalt hat. Jeder, der diese Trostkarte geschickt bekommt, freut sich und hat gleich gute Laune. Auf der anderen Seite der Karte steht natürlich ein Trostspruch, wie z.B.:
Ob in Lippstadt oder Soest
überall, da braucht man Trost
diese Karte tröstet hier
wenigstens von eins bis vier.
 
24. August: Zwei Seifen - Oskar konnte sich mit zwei Seifen gleichzeitig waschen. Was sich zuerst wie eine Superheldentat anfühlte, hatte auf dem zweiten Blick ganz viele Vorteile. Er konnte gleichzeitig mit der Seife der linken Hand seine rechte Körperseite einseifen, während die Seife der rechten Hand sich den Stellen der linken Körperhälfte widmete. Selbst wenn Oskar eine der beiden schlüpfrigen Seifen fallen ließ, mußte er sich nicht bücken, sondern konnte sich weiterhin mit der anderen Seife waschen. Viele Zweifler fragten Oskar, wie er denn die beiden Seifen zum Schäumen brachte. „Ganz einfach“, sagte dann Oskar, „ich reibe die beiden Seifen aneinander. Die sind natürlich zuerst überrascht, genießen es dann aber und fangen vor Freude an zu schäumen.“ Genial Oskar. Das probieren wir auch mal aus.


© 2013 Erwin Grosche für die Musenblätter
Redaktion: Frank Becker