Eine Rennpappe wird 50

Im November 1957 lief in Zwickau der erste "Trabant" vom Band

Frank Becker

Eine Rennpappe wird 50

Die ab 1957 bis zum stillen Dahinscheiden der DDR in Serie gefertigte Pkw-Baureihe "Trabant" des Herstellers VEB Sachsenring Automobilwerke Zwickau - ehemals Auto Union AG - wird in diesen Tagen 50 Jahre alt. Noch sind auf deutschen Straßen rund 52.000 Exemplare dieses kleinen Zweitakters für den Verkehr zugelassen und mittlerweile zum Kultobjekt avanciert.  Nach der deutschen Wiedervereinigung war so manches dieser Plaste-Autos im Müllcontainer gelandet.

Foto © Frank Becker

Die Geburtsstunde des ostdeutschen Kultautos hatte am 7. November 1957 geschlagen. Damals lief das erste Fahrzeug der Startserie des Trabant P 50 in Zwickau vom Band. Bis zum 30. April 1991, das aktuelle Modell hieß seit 1964 Trabant 601und wurde stolz zum VI. Parteitag der SED präsentiert, wurden etwas über 3 Millionen Exemplare des Kleinwagens produziert, der vor allem dadurch auffiel, daß er entlang der Straßen des Arbeiter- und Bauernstaates regelmäßig stehend und mit geöffneter Motorhaube anzutreffen war. Trabant-Fahrer wurden zu geübten Bastlern.


"Anschluß an das Weltniveau..."

O-Ton 1965: "Auf der Frühjahrsmesse konnten wir endlich etwas Neues zeigen: den Trabant 601. Unterdessen bestimmt dieser formschöne, leistungsfähige Kleinwagen schon weitgehend das Straßenbild unserer Städte. In diesem Jahr liefert das Zwickauer Werk 70.000 Trabants, das sind 10.000 mehr als 1964. Alle drei Minuten verläßt ein ein Wagen das Fließband, der tägliche Ausstoß beträgt jetzt durchschnittlich 230 Wagen. Eine zweite Lackiertaktstraße ist im Bau und wird in Kürze in Betrieb genommen, dadurch kann die Farbskala der Trabant-Autos erweitert werden. Schon in diesem Jahr werden die Trabantkäufer zwischen sieben Modefarben ihre Autos wählen können. Auf dem IFA-Stand wird als Modell ein Trabant Plexi-Auto ausgestellt, damit die Besucher das Innenleben ihres Lieblings studieren können.
Zum ersten Mal wird der Trabant 601 mit dem neuen Kupplungsautomat gezeigt. Dieser Automat (Hycomat) übernimmt das Aus- und Einkuppeln, so daß der Fahrer mühelos von einem Gang in den anderen schalten kann. Der Kupplungsfußhebel fällt fort, so daß man nur noch mit zwei Fußhebeln zu tun hat: Bremse und Gas. Ein Traum unserer Damen geht in Erfüllung. Das Autofahren wird viel, viel leichter. Diese Neuerung der Zwickauer Automobilbauer, an der ihr Direktor, der Verdiente Techniker des Volkes, Herbert Uhlmann, großen Anteil hat, stellt beim Trabant den Anschluß an das Weltniveau her."

Mit Plaste dem Klassenfeind die Stirn zeigen

Das Politbüro der SED hatte im Jahr 1954 mit Blick auf den erfolgreichen Volkswagen der Bundesrepublik beschlossen, als erschwingliches Volksbeförderungsmittel einen eigenen

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preiswerten und robusten Kleinwagen in Auftrag zu geben. Als Grundbedingungen wurden ein Gewicht von maximal 600 kg und ein Verbrauch von 5,5 l/100 km vorgegeben. Der Preis sollte bei einer Jahresproduktion von 12.000 Stück nicht mehr als 4.000 Mark betragen.  Weil Tiefziehblech auf der Embargoliste der kapitalistischen Länder stand und daher in der DDR relativ rar und teuer war,
sollte die Karosserie des Fahrzeugs aus Kunststoff (Plaste) gefertigt werden. So geschah es.
Rund zwölf Jahre betrug die Wartezeit am Ende bei der Bestellung eines neuen Trabant. Die "Erfolgsgeschichte" des pastellfarbenen, knatternden Straßenflohs, liebevoll "Trabi" genannt, ist allerdings weniger auf seine Qualität, denn auf seine Monopolstellung zurückzuführen. Was sonst war in der DDR schon an fahrbaren Untersätzen zu bekommen? Da gab es den Wartburg, der noch schwerer zu bekommen war - Skoda, Lada, Polski Fiat, Moskwitsch und andere Produkte der sozialistischen Bruderländer waren schier Exoten auf den Straßen der Republik. Und Volvo oder gar Mercedes fuhren nur die Funktionäre der sogenannten "Volksdemokratie". Aber das ist ein anderes Thema.

Am 9. und 10. November feiert die Automobil- und Robert-Schumann-Stadt Zwickau mit allerlei Ausstellungen, Trabant-Treffen und Veranstaltungen ihren "Trabi".
Ein Tip für Fans und Nostalgiker: geben Sie mal bei ihrer Suchmaschine im Internet die Stichworte "Trabant", "Zwickau" oder "Trabi" ein - sie werden staunen!


 
Literatur zum Trabant gibt es reichlich - nur drei Beispiele:
- Karl-Heinz Metzner/Werner Ungethüm, "Wie helfe ich mir selbst - Trabant 601", 1990 VEB Verlag Technik Berlin, 304 Seiten, gebunden
- Jürgen Schiebert, "Duroplast in Pastellfarben - Der Trabant", 1997 Verlag Dirk Nishen, 94 Seiten,
Broschur, mit vielen schwarz-weiß-Fotos
- Jürgen Wolff, "Trabant" aus der Reihe Schrader- Motor-Chronik, 95 Seiten gebunden, mit sehr vielen Fotos und Werbeplakaten in Farbe und s/w

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