Zwei Stunden mit Camus

von Anne-Kathrin Reif

Philosophische Runde bei der Camus-Revue (v.l.): Moderator Jürgen Wiebicke, Rudolf Lüthe, Anne-Kathrin Reif, Rupert Neudeck
und Andreas Speer. Am Tisch: Martin Reinke. Foto: privat

Zwei Stunden mit Camus,
die wie im Flug vergangen sind
 
Was war das doch für ein schöner Abend! Auf dem Weg Richtung Süden wirken die Eindrücke der „Camus-Revue“ noch lange nach. Wie es aus Sicht der Zuschauer im mit 600 Menschen voll besetzten Sendesaal aussah oder sich am Radio anhörte, kann ich natürlich nicht sagen. Aber als Beteiligte hat es jedenfalls großen Spaß gemacht. Es gab interessante und schöne Begegnungen in der Runde und hinter der Bühne, viele Freundlichkeiten, ein paar Eitelkeiten, Beeindruckendes, Anregendes und Überraschendes. Daß ich mich unversehens in der Rolle von Camus in eine Diskussion mit Sartre verwickelt sehen würde, hatte ich mir zum Beispiel vorher ganz gewiß nicht vorgestellt. Hut ab vor der Spontaneität und dem Mut des Moderators! Hätte ja auch schief gehen können. Jürgen Wiebicke aber steuerte alle Beteiligten souverän durch diese zwei Stunden, die wirklich im Fluge vergangen sind. Dabei hätte ich vor allem den wunderbaren Stimmen von Christian Brückner und Martin Reinke noch viel, viel länger zuhören können. Für mich ist es immer wieder verblüffend, wie neu und anders man bestens vertraute Texte hört, wenn so hervorragende Schauspieler ihnen einen Körper und eine Stimme verleihen.
Viele verschiedene Seiten des Werks und des Menschen Albert Camus sind zur Sprache gekommen – und an so ziemlich allen Stellen hätte es noch so viel mehr zu sagen, einzuhaken, zu vertiefen gegeben… Klar, daß in so einem Rahmen dafür kein Platz ist. Aber vielleicht (ich glaube sogar: ganz bestimmt) hat es den einen oder die andere der Zuhörer dazu bewegt, sich demnächst (wieder) einmal mehr mit Camus zu beschäftigen.
Eine kleine Überraschung für alle gab es zu Beginn des Abends, als Jürgen Wiebicke eine Grußbotschaft von Catherine Camus vorlas. Überbracht hatte sie Dieter Buttgereit, der mit der Tochter Camus’ seit langem freundschaftlich verbunden ist, und mit dessen freundlicher Erlaubnis ich diese hier noch einmal wiedergeben darf:
 
Sehr geehrte Damen und Herren,
Cher amis de la pensée camusienne,

es hat mich gefreut zu erfahren – und ich bin den Organisatoren dafür sehr dankbar – dass der größte Rundfunksender Deutschlands (der WDR) im Jahr des 100-jährigen Geburtstages von Albert Camus eine philosophische Revue zu Ehren meines Vaters veranstaltet. Ich wünsche Ihnen allen – den Organisatoren, dem Podium und den Zuhörern – zwei Lebensstunden, in denen Sie am Glück des Sisyphos teilhaben können. Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich aufgrund meiner zahlreichen Verpflichtungen im Camus-Jahr 2013 ihre Einladung zu dieser Sendung nicht wahrnehmen kann. 
 
Avec ma solidarité camusienne
Catherine Camus
 

 © 2013 Anne-Kathrin Reif - Übernahme aus „365 Tage Camus" mit freundlicher Erlaubnis
Redaktion: Frank Becker