Kellner-Guide

von Erwin Grosche

Foto © Frank Becker
Kellner-Guide
 
a. Ein älterer Kellner muß nicht unbedingt erfahrener sein als ein jüngerer Kellner, wenn er vorher jahrzehntelang als Versicherungsvertreter tätig war. Selbst wenn er dabei spezialisiert war, gastronomische Einrichtungen zu versichern, kann er doch von dem Knowhow eines Kellners herzlich wenig mitbekommen haben.
 
b. Der freundliche Kellner kann sich mehr Fehler erlauben als der unfreundliche Kellner, solange das Essen gut ist.
 
c. Natürlich sollte ein Kellner die gängigen Kellnerwitze kennen und laut über sie lachen können, selbst wenn er sie zum hundertsten Mal gehört hat. „Herr Ober, in der Suppe schwimmt ein Hörgerät!“ „Häääh???“ – „Herr Ober, zahlen, bitte!“ „Vier, sieben, elf, dreizehn ...“ – „Herr Ober, was sollen die vielen Menschen an meinem Tisch ?“ „Na Sie haben doch Auflauf bestellt.“
 
d. Alle Kellner sollten Schuhe tragen, die klackern, wenn er sich dem Tisch des Gastes nähert. Eine geräuschvolle Präsenz beruhigt den nervösen Gast und er fühlt sich rundum betreut. 
 
e. Ein Kellner in einem traditionellen Restaurant wird auch angewiesen, die Gäste vor dem Essen zu einem Tischgebet zu verleiten. Er kann aber auch selbst durch ein Bestäuben der Speisen mit Safran den Gottesdank vorwegnehmen.
 
f. Ein guter Kellner weiß, wie das Wetter der nächsten Woche sein wird, kennt die Lottozahlen, die am Abend gezogen werden, läßt sich von seinen Stammkunden nicht nur küssen, sondern auch zu Hause besuchen und spendet sein Trinkgeld UNICEF.
 
g. Ein guter Kellner ist auch an seinen freien Tagen in seinem Restaurant anzutreffen - als Gast. Er ist bekannt für seinen guten Appetit und seine großzügigen Trinkgelder.
 
h. Ein guter Kellner läßt seine Stammkunden nicht einfach so ziehen. Er nimmt ein sauberes Küchenmesser und droht, sich hineinzustürzen, wenn seine Lieblingskunden ihn verlassen wollen. Er weint und ruft: „Bitte gehen Sie nicht. ich brauche Sie doch. Was soll ich denn überleben ohne jemanden, den ich glücklich machen kann.“ Im Hintergrund läuft dazu „Time to say Goodbye“, und ein Kollege spielt dazu Blockflöte.
 

© 2013 Erwin Grosche für die Musenblätter
Redaktion: Frank Becker