Mozart über die Hintertreppe

Ein Essay über Wolfgang Amadeus Mozarts Leben, Krankheiten, Frauen, Spiel und Ende

von Johannes Vesper
Mozart über die Hintertreppe

Der Titel „Mozart über die Hintertreppe“, scheint erläuterungsbedürftig. Die Hintertreppe ist nicht der offizielle Wohnungseingang. Die Hintertreppe ist oft nicht so aufgeräumt, nicht so frisch gestrichen und zurechtgemacht wie die offizielle Eingangstür der Wohnung in Erwartung eines Gastes. Aber auch über die Hintertreppe kommt man zu dem Menschen, der dort wohnt. Beim Besuch über die Hintertreppe erhält man ganz andere Informationen über ihn als beim Besuch über den Vorderaufgang. Man erfährt private Dinge. Guten Freunden wird dieser Aufgang über die Hintertreppe gestattet.
Und das ist das Ziel: Ich möchte Ihnen Mozart sozusagen von Mensch zu Mensch nahebringen, über seine Lebensumstände, seine Krankheiten, über seine Ausstrahlung bis hin zu einem Ort mit dem merkwürdigen Namen „Wuppertal“ berichten. Sie lesen also keine musikwissenschaftliche Abhandlung. 

     Mozart wird am 27. Januar 1756 in Salzburg in einem ereignisreichen und geschichtsträchtigen Jahr geboren. 1756 wird das Fieberthermometer in moderner Form erfunden. Friedrich der Große beginnt den Siebenjährigen Krieg um Schlesien gegen Österreich und Maria Theresia und legt mit diesem Krieg die Grundlagen für ein Klein-Deutschland ohne Österreich. Frankreich ändert seine Strategie gegenüber dem Deutschen Reich und schließt mit Österreich einen Bund gegen Preußen. Nach nahezu 250 Jahren Erzfeindschaft gegenüber Habsburg, von dem sich Frankreich in die Zange zwischen Spanien und dem Reich genommen sah, wurden die  Bündnisse umgedreht.  Parallel zum 7-jährigen Krieg kommt es zu einem allerersten „Weltkrieg“, denn mit diesem Krieg beginnt die Auseinandersetzung  zwischen Frankreich und England um die koloniale Aufteilung der Welt. 1756 flieht Casanova  aus den Bleikammern Venedigs und Johann Sebastian Bach ist sei 6 Jahren tot. Über Mozarts erste Lebensjahre ist nicht viel bekannt - über Krankheiten in den ersten Jahren ist nichts berichtet worden. Von seinem 4. Geburtstag an erhielt er zusammen mit der älteren Schwester Nannerl (*1751) vom Vater Klavierunterricht. Anläßlich seines 5. Geburtstages hatte ihm sein Vater aus Wien eine kleine Geige mitgebracht. Zu dieser Zeit hat sich die folgende Episode zugetragen, über die ein Freund der Familie, der Hoftrompeter J.A. Schachtner berichtet:
„Wolfgangerl bat, daß er das 2te Violin spielen dürfte... und der Papa glaubte, daß er nicht (dazu) im Stande wäre. Wolfgang sagte. Um ein 2tes Violin zu spielen, braucht man es ja wohl nicht erst gelernt zu haben... ... Wolfgang geigte mit... und so spielte er alle sechs Trio... wir mussten uns fast zu Tode lachen, als er auch (das 1te Violin), wie wohl mit lauter unrechten und unregelmäßigen Applicaturen (Fingersätzen) doch so spielte, daß (er) doch nie ganz stecken blieb".
     Vater Mozart scheint von dem Violinspiel nicht viel gehalten zu haben. Wolfgang A. Mozart schreibt in seinem Tagebuch am 14. August 1771: „heute hört ich den Herrn Papa zur Mama sagen, mit meiner carriere beim Militär sei es nichts, da der kriegsminister forchtet, mein Violinspiel könnte das eigene Heer vernichten. Hehe, auch gut. Scheiss Militär“ (Mozart Tagebuch, Egner S. 14)
W.A. wurde von seinem Vater seit frühester Jugend musikalisch gefördert, ebenso wie Nannerl. Leopold Mozart (1719 – 1787) hatte zunächst Jura studiert, war dann Kammerdiener eines Grafen von Thurn und trat 1743 als Geiger in das Orchester der Fürst-Erzbischöflichen Kapelle zu Salzburg ein. 1762 wurde er zum Vize-Kapellmeister befördert. Im  Jahre 1756, also im Geburtsjahr seines später so berühmten Sohnes gab er eine gründliche Violinschule heraus, die ins Französische und Holländische übersetzt wurde und mehrere Auflagen erlebte. Vater Mozart erkannte das Genie seines Sohnes bald und widmete sich in einzigartiger Weise dessen musikalischer Bildung und der Präsentation Wolfgangs und Nannerls in Österreich, Deutschland und dem übrigen Europa. Vater Mozart hat weder Wolfgang noch Nannerl je eine Schule besuchen lassen, und wenn Mozart sich später Englisch, Französisch und italienisch gut verständigen konnte, dann hatte die väterliche Erziehung die Grundlagen gelegt. Aber auch mathematisch war Wolfgang interessiert: Schachtner berichtet:
„Was immer man ihm zu lernen gab, dem hing er so ganz an , daß er alles Übrige, auch die Musik , auf die Seite setzte z.B. als er Rechnen lernte, war Tisch, Sessel, Wände ja sogar der Fußboden voll Ziffer mit Kreide überschrieben“.
Dem Vater wurde oft vorgeworfen, er habe seine Kinder, insbesondere Wolfgang, dressiert.  Erstaunlich dann, daß Vater und Sohn sich durchaus schätzten. Davon zeugen die vielen Briefe an „Mon tres cher Pere“ Offene Konflikte mit dem Vater in der Jugend sind nicht belegt. Mit der Wahl der Ehefrau seines Sohnes war Vater Mozart dann allerdings nicht einverstanden. Hier gab es Konflikte, doch davon später.
Die erste Reise des zu dieser Zeit 6-jährigen  Wolfgang Amadeus mit Vater und Schwester ging im Januar1762 nach München, wo man drei Wochen blieb, die beiden Geschwister dem Kurfürsten vorspielten und große Erfolge hatten.
Im September des selben Jahres reiste die Familie dann nach Wien, wohin die Begeisterung über die Wunderkinder schon gedrungen war. Bei der Vorstellung am Kaiserhofe präsentierte sich der 6-jährige Wolfgang Amadeus als lebhaftes, munteres und unbefangenes Kind. Der Kaiserin sprang er auf den Schoß und küßte sie. Der Prinzessin Marie Antoinette, die während der Französischen Revolution als französische Königin später geköpft wurde, sagte er, nach dem sie ihn nach einem Sturz vom  Fußboden aufgehoben hatte, daß er sie heiraten wolle.
Im Juni 1763 startete die Familie in ihrem eigenen Reisewagen zur 3-jährigen Europareise nach Paris, London, Den Haag, Paris, Lyon. Am 29.11.1966 kehrte man zurück nach Salzburg. Wolfgang Amadeus war also vom seinem 7.-10. Lebensjahr in Europa konzertierend unterwegs.
Vom 11.09.1767 - 10.01.1768 reist die Familie nach Wien, Brünn und Olmütz, um den Blattern (Pocken) zu entgehen, was aber nicht gelingt. Beide Kinder erkranken.

     Im 13.-15. Lebensjahr  finden drei Reisen des Knaben nach Italien statt.  Während der ersten dieser Italienreisen kam es zu der berühmt gewordenen Situation, daß er den päpstlichen Orden erhielt, nachdem er das mehrstimmige Miserere (mit 9-stimmigem Schlußchor) von Gregorio Allegri, welches immer am Karfreitag in Rom aufgeführt wurde und über ein Jahrhundert nicht publiziert worden war, nach einmaligem Hören aus dem Gedächtnis in Noten niedergeschrieben hatte (Er war damals 13 Jahre alt!).
1773: drei Monate nach Wien, 1774: drei Monate nach München, 1777: mit der Mutter nach Augsburg (zwei Wochen mit seiner Kusine, dem Bäsle) und nach  Paris, wo er nicht sehr glücklich war. Schon wenige Wochen nach seiner Ankunft in Paris war ihm die Organistenstelle in Versailles für ein Jahresgehalt von 2000 Livres (entsprechend etwa 915 Gulden) angeboten worden. Warum er diese Stelle abgelehnt hat, weiß man nicht. Er fühlte sich in Paris nicht wohl und schrieb seinem Vater am 1. Mai 1778: „ …wenn hier ein Ort wäre. wo die Leute Ohren hätten, herz zum empfinden, und nur ein wenig etwas von der Musik verstünden  und gusto hätten, so würde ich von herzen zu allen diesen sachen lachen, aber so bin ich unter lauter Viehern und bestien, was die Musik anbelangt“. Vielleicht war er mit 22 Jahren auch einfach zu jung für eine eigenständige Musiker-Komponistenkarriere in der Weltstadt Paris. Während des Aufenthaltes in Paris stirbt seine Mutter. Auf Veranlassung des Vaters reist er zum ersten Male selbständig zurück nach Salzburg. Für diese Reise benötigt er vier Monate (!).
Obwohl Mozart 1779 zum Salzburger Hoforganisten ernannt wird, mochte er  Salzburg und die Salzburger zunehmend weniger. Er schrieb an seinen Vater: „Ich schwöre bei meiner Ehre, daß ich Salzburg und die Ihnwohner: ich rede von geborenen Salzburgern: nicht leiden kann. Mir ist ihre Sprache ihre Lebensart ganz unerträglich.“ (Fritz Hennenberg, S. 71)
1781 erfolgt der Umzug nach Wien und der Bruch mit dem Erzbischof von Salzburg. Graf von Colleredo-Walsersee war 1772 zum Fürstbischof von Salzburg gewählt worden. Er war der Aufklärung zugetan, sein Kunstsinn hielt sich aber in Grenzen. Die Hofkapelle wie auch die Salzburger Kirchenmusik litten unter seiner schlichten und pedantischen  Hofhaltung. Zwar bewilligte er den Mozarts ihre Italienreisen und hatte 1780  Mozart auch frei gegeben, für den kurfürstlichen Hof in München eine Oper zu schreiben. So war dieser (damals 25 Jahre alt) wochenlang in München mit seiner Oper „Idomeneo“ beschäftigt. Salzburg erschien ihm zunehmend kleinkariert. Er wollte einfach weg von der Stadt und dem Fürstbischof. So kam es  am 09.05.1781 zum großen Krach. Mozart schreibt: „Colloredo nennte mich einen Buben…ich sei der liederlichste bursch den er kenne… hieße mich einen lumpen, lausbub  einen fexen… dort ist die Thühr, ich will mit einem solchen elenden buben nichts mehr zu tun haben – endlich sagte ich (schreibt Mozart) und ich mit ihnen auch nichts mehr  also geh er und ich (Mozart) es soll dabei bleiben morgen haben sie es schriftlich!“ Als am nächsten Tag Mozart dem Kammerherrn Arco, das war der oberste Küchenmeister des Fürstbischofs, seine Kündigung  überreichte, „da schmeist er mich zur thüre hinaus und gibt mir einen Tritt im hintern. Das heist auf Deutsch, daß Salzburg nicht mehr gut für mich ist, ausgenommen mit guter Gelegenheit dem Grafen wieder ingleichen einen Tritt im Arsch zu geben, und sollte es auf öffentlicher Gasse geschehen“.  

Im August 1782 heiratet Mozart  Konstanze.
1787 reist er mit ihr und seinem Diener nach Prag  zur dortigen Aufführung des Figaro (Uraufführung im Mai 1786  in Wien). 1787 stirbt der Vater Leopold Mozart.
Am 6.Dezember 1787 wird Mozart in Anerkennung seiner Kenntnisse und Fähigkeit mit einem Jahresgehalt von 800 Gulden zum Kammermusikus ernannt.
Von ihm selbst haben wir in seinem Tagebuch von 1780 – 1984 keine Eintragungen.
 1789 reist er nach Dresden, Leipzig und Berlin.
Im Herbst 1790 geht  er auf seine letzte große Reise im eigenen Wagen  nach Nürnberg-Frankfurt (Krönung Leopolds II. zum Deutschen Kaiser) - Mannheim-München-Wien.
Dezember 1790: Abschiedsessen für Josef Haydn, der nach England geht.
Im Sommer 1791 mehrfach Besuche bei Konstanze in Baden bei Wien, wo sie zur Kur weilt. Am 2. September1791 dirigiert Mozart eine Festvorstellung des Don Giovanni in Wien, am 6. September ist er zur Uraufführung der Oper „Titus“ in Prag, kehrt Mitte September zurück nach Wien. Er erkrankt am 20. November und stirbt am 05. Dezember 1791.
Einer seiner letzten Tagebucheinträge stammt vom 3.12.1791 - offensichtlich war er schon etwas derlirant: „Heute war zu erfahren, ganz Nord- und Mitteleuropa sei inzwischen von den amerikanischen Wilden, welche Indianer genannt, niedergeworffen und besetzt. Eine Invasion Wiens steht bevor. O Wut und Not“.
So viel in Kürze zu seinem Lebenslauf.
Ergänzend zum kursorischen Lebenslauf seien noch die Kinder Mozarts mitgeteilt:
Reimund Leopold (17.06.1783-19.08.1783), Carl Thomas (29.09.1784-31.10.1858), Johann Thomas (18.10.1786-315.11.1786), Theresa (27.12.1787-29.06.1788). 16.11.1789 Anna Maria, sie starb eine Stunde nach der Geburt), Franz Xaver Wolfgang (26.07.91-29.07.1844).

Die Krankheiten Mozarts

Hinweise auf Krankheiten Mozarts finden sich in dem umfangreichen Briefwechsel der Familie Mozart. Vor allem der Vater schien an medizinischen Dingen interessiert zu sein.
Ich will hier nur auf die wichtigsten Erkrankungen eingehen:

Erythema nodosum (1762)
Von der 1. Reise nach Wien mit dem 6-jährigen Wolfgang Amadeus (1762) berichtet der Vater:
„Wir hatten beständig Regen und viel Wind. Der Wolfgangl hatte schon in Linz einen Catarrh und aller Unordnung, frühen Aufstehen, unordentlich Essen und Trincken, Wind und Regen ohngeacht blieb er gottlob, gesund“. Diese Briefstelle zeigt etwas von dem nicht vorhandenen Reisekomfort im 18. Jahrhundert auf nicht asphaltierten Straßen, in kaum gefederten und natürlich nicht geheizten Kutschen. Auf derselben Reise folgte dann in Wien eine ernsthaftere Erkrankung, die in einem oft zitierten Brief des Vaters Mozarts geschildert wird. Ich will ihnen diese Stelle nicht vorenthalten: ..“Gott hat uns ein kleines Kreuz geschickt  und wir danken seiner unendlichen Güte, daß es noch so abgelaufen ist, den 21.10. (1762) waren wir abends um 7 Uhr abermals bei ihrer Kayserinnen Majestät: unser Wolferl war aber schon nicht recht wie sonst, und ehe wir dahin fuhren, wie auch, da er zu Bette ging, klagte er über Schmerzen am Hintern und den Füßen: Als er im Bette war, untersuchte ich die Orte, wo er die Schmerzen zu fühlen vorgab; und ich fand etliche Flecken in der Größe eines Kreutzers , die sehr rot und etwas erhaben waren, auch bei dem Berühren ihm Schmerzen verursachten. Es waren aber nur an beiden Schienbeinen, an beiden Ellbogen und ein paar am Podex; auch sehr wenig. Er hatte Hitzen und wir gaben im Schwarzpulver und Markgrafenpulver“. (Schwarzpulver: Mischung aus Hirschhorn, Myrrhen, Korallen, Regenwürmern, Froschherzen, Plazenta und weiteren wenig vertrauenerweckenden Substanzen. Markgrafenpulver: Eichenmistel-, Iriswurzel, Veilchenwurzelmischung zusammen mit Magnesiumkarbonat, Blattgold und weiteren Ingredienzien) - zitiert nach Franken. Es wurde ein Arzt der Gräfin von Sinzendorf hinzugezogen, der sich laut Brief rührend gekümmert hat. Er hielt den Ausschlag für Scharlach, änderte die Medizin und 2 Wochen später war Wolfgang wieder gesund. Der Arzt wurde mit einer Musik bezahlt. Die medizinische Deutung dieser Erkrankung ist schwierig. Von der Beschreibung her hat es sich um ein Eryrthema nodosum gehandelt, welches im Rahmen verschiedenster Erkrankungen (von der Tuberkulose, über den Gelenkrheumatismus bis hin zu chronisch entzündlichen Darmerkrankungen) auftritt.     
Bei dem gutartigen Verlauf handelte es sich aber am ehesten um eine Kinderkrankheit mit unspezifischer Symptomatik. Für Leopold Mozart war diese erste größere Erkrankung seines Wunderkindes  deswegen von erheblicher Bedeutung, weil Wolfgang für ca. 4 Wochen für Konzerte ausfiel.
1764 auf der großen Europareise wurde Wolfgang in Paris erneut krank: „ Meinem lieben Wolfgang überfühle ein gählinges Halswehe und Catarh, daß er in der Nacht  ein solches Stechen im Halse bekam, daß er in Gefahr war zu ersticken. …Nach 4 Tagen stund er wieder vom Bette auf und befindet sich nun wieder besser.“ Dabei handelt es sich wohl um die klassische Beschreibung eines  Pseudokrupp im Rahmen einer Rachenentzündung.
1769 auf der 1. Italienreise berichtet der Vater über Hautrötungen im Bereich von Händen und Gesicht von der Kälte. Es dürfte sich um Erfrierungen 1. Grades gehandelt haben, was für den jungen Pianisten größte Bedeutung hätte bekommen können. Ende Juni 1770 kurz vor Rom überlebten die Mozarts einen Verkehrsunfall: die Kutsche stürzte um, was Wolfgang ohne Blessuren überstanden hat.
Von 1774 bis zum 20.11.1791 gibt es nur wenige Dokumente über Krankheiten Mozarts. Auch im letzten Brief Mozarts vom 14.10.91 an seine Konstanze findet sich kein Hinweis auf Krankheit oder Unwohlsein. Zusammengefaßt weist die Krankengeschichte Mozarts eigentliche keine Besonderheiten auf: Zusätzlich zu den soeben berichteten Krankheiten hatte Mozart mit 9 Jahren Typhus abdominalis, mit11 Jahren Pocken, mit 18 Jahren Zahnweh, mit 22 Jahren „Karthar“, mit 28 Jahren „rasende Coliquen mit Erbrechen“, die er auf Empfehlung seines Arztes Dr. Barisani mit Reiten erfolgreich bekämpfte. Mozart ritt tatsächlich nahezu täglich. Sein Pferd hat er erst im Oktober 1791 verkauft.
Woran ist Mozart schließlich gestorben? Diese Krankengeschichte weckt jedenfalls nicht den Verdacht auf eine chronische zum Tode führende Erkrankung. Er war bis zum 20.11.1791 aktiv tätig und verstarb am 5.12.1791 morgens um 1 Uhr  nach einem Essigwickel, den der behandelnde Arzt Dr. Closset zuvor angeordnet hatte. Seit Jahren ist die zum Tode führende Erkrankung Mozarts nicht klar. Es gibt einige Hypothesen. Bereits eine Woche nach seinem Tode erschien im Berliner Musikalischen Wochenblatt ein Artikel, in welchem der Verdacht auf eine Vergiftung geäußert wurde, da „sein Körper nach dem Tode anschwoll“.  Später kam das Gerücht auf, Salieri, habe altersdement die Vergiftung Mozarts zugegeben. Aus diesem Stoff wurden von jeher Opern gemacht („Mozart und Salieri“ von Nikolai Rimsky-Korsakow/Alexander Puschkin 1898). Nachdem Salieri von Zeugen und durch Gutachten weitgehend entlastet werden konnte (Klaviervirtuose Ignaz Moscheles berichtet über seinen Besuch bei Salieri 1823), tauchten andere Tatverdächtige auf: Über Mozarts Schüler Franz Xaver Süßmayr, der das Requiem - Mozart letztes Werk -  vollendet hat, wird später in anderem Zusammenhang noch einmal berichtet. Weitere Verdächtige waren Gottfried van Swieten, Leiter der Wiener Studienhofkommission, die Freimaurer und Franz Hofdemel, auf den wir auch noch einmal zurück kommen werden. Als Gifte kämen Quecksilber, Arsen und Blei in Frage. Mozart hatte sich aber unter Anleitung seines Vaters immer wieder selbst mit verschiedenen Mischpulvern  behandelt, wovon wir ja schon hörten, und eine unerwünschte  Nebenwirkungen dieser Medikationen könnten nach heutiger Sicht die finalen Krankheitssymptome erklären. Aderlässe waren damals sehr gebräuchlich. Auch Mozart erhielt im Laufe seiner Todeserkrankung Aderlässe.
Gesichert sind folgende Symptome : Mozart hatte während seiner zum Tode führenden Erkrankung zwei Wochen lang hohes Fieber. Es gab schmerzhafte Gelenkschwellungen und ein Exanthem, also einen auffälligen Hautausschlag. Mozart war bis wenige Stunden vor seinem Tod bei Bewußtsein. Von den Symptomen her hat es sich um eine hochfieberhafte akute Infektionskrankheit gehandelt. Prof. Franken, der ehemalige internistische Chefarzt des St. Josef-Krankenhauses in Wuppertal, nimmt folgerichtig eine bakterielle Sepsis durch Staphylokokken oder Kolibakterien mit einer toxischen Herzentzündung im Gefolge an. Andere Autoren vermuten eine Urämie, also ein Nierenversagen. Im Deutschen Ärzteblatt (1/2006) wird eine medikamentöse Interaktion mit dem Aderlaß als unmittelbare Todesursache vermutet. Insgesamt finden sich  in der medizinischen Literatur elf einigermaßen begründbare Todesursachen: Ermordung, Vergiftung durch Selbstmedikation, Morbus Basedow (Schilddrüsenüberfunktion: diese Diagnose beruht darauf, daß auf verschiedenen Gemälden hervorstehende Augen im Sinne eines Exophthalmus sichtbar sind, der typisch sein könnte für den Morbus Basedow), rheumatisches Fieber, eine Purpura Schönlein-Henoch (seltene, in Schüben verlaufende Erkrankung ausgelöst durch Infekte oder Medikamente), Niereninsuffizienz, akute Infektionskrankheit , Tuberkulose, Trichinose, Fehlbildung („Mozart Ohr“ bei seinem Sohn könnte korreliert sein mit Zystennieren oder Hirnarterienaneurysma) und natürlich könnte ein ärztlicher Behandlungsfehler letztendlich den Tod herbeigeführt haben. Zusammenfassend  gibt es keinen sicheren Hinweis darauf, daß Mozart ermordet wurde oder an einer chronischen Erkrankung gelitten hat. Die Diskussion um Mozarts Tod spiegelt vor allem wohl die Medizin als Wissenschaft wieder, in der vieles, damals natürlich noch viel mehr als heute, eben einfach unklar bleibt.   

Mozart und die Frauen

Die wichtigsten Frauen im Leben Wolfgang Amadeus Mozarts sind seine Mutter, seine Schwester Nannerl, seine Kusine, das Bäsle aus Augsburg, Aloiysia Weber, die er zuerst liebte, deren Schwester Konstanze Weber, die er geheiratet hat und Magdalene Hofdehmel, seine Geliebte im Jahre seines Todes 1791. Das sind anscheinend bei weitem nicht alle. Mozart schreibt: „ wenn ich alle die heirathen müßte mit denen ich gespaßt habe, so müßte ich leicht 200 frauen haben (FH S. 57)
Mozarts Mutter Maria Anna starb am 3.Juli 1778 mit 58 Jahren in Paris. Über sie weiß man wenig. Ob sie musikalisch war? Immerhin gibt es ein Bild  (FH S. 76) das sie mit Wolfgang am Klavier sitzend zeigt. Leopold und Maria Anna galten in ihrer Zeit als das schönste Ehepaar in Salzburg. Der Mozart-Biograph Jahn (S. 18 Band I) glaubt, ihren Briefen und Berichten über sie entnehmen zu können, daß sie eine „Frau von großer Gutmütigkeit und voll Liebe für die Ihrigen“ war, ohne bedeutend gewesen zu sein. Sie scheint gegenüber dem pedantischen und ernsten Vater eher mehr Sinn für Heiterkeit und Lebensfreude gehabt zu haben, eine Neigung zu derben Späßen eingeschlossen. In dieser Hinsicht war Mozart ihr echter Sohn. Das Verhältnis Wolfgangs zu seiner Mutter war sicher gut. Immerhin begleitete sie ihn auf der Reise nach Paris 1777-1778. Vor ihrem Tode in Paris schrieb der 22-jährige Mozart an seinen Vater:
Paris le 3 de julliet 1778
„Monsieur mon tres cher pere! Ich habe ihnen eine sehr unangenehme und trauerige Nachricht zu geben….Meine liebe Mutter ist sehr krank, sie hat sich, wie sie es gewohnt war, adergelassen, …doch einige Tage danach klagte sie frost und auch gleich hitzen- bekam den durchlauf, kopfwehe - anfangs brauchten wir unsere hausmittel, antispasmodisch Pulver, wir hätten auch gerne das schwarze gebraucht, es mangelte uns aber und wir konnten es hier nicht bekommen, es ist unter dem namen Pulvis epilepticus nicht bekandt...ich bin nun schon lange Tag und nach zwischen forcht und hofnung-ich habe mich aber ganz dem in den willen gottes gegeben. Und hoffe sie und meine liebe schwester werden es auch tun.; was ist denn sonst für ein Mittel um ruhig zu sein?- ruhiger sage ich, denn ganz kann man es nicht sein.-ich bin getröstet, es mag ausfallen, wie es will - weil ich weis, daß es gott, der alles, wenn es uns noch so quer vorkömmt zu unserem besten anordnet, so haben will; denn ich glaube und dieses lasse ich mir nicht ausreden, daß kein doctor, kein Mensch, kein Unglück kein Zufall einem Menschen das leben geben, noch nehmen kann, sondern gott allein. – das sind nur die Instrumenten, deren er sich meistentheils bedient – und auch nicht allzeit – wir sehen ja leute umsincken, umfallen und tot sind – wenn einmal die Zeit da ist, so nutzen alle mittel nichts, sie befördern eher den Tod als daß sie ihn verhindern ....ich sage dessentwegen nicht daß meine Mutter sterben wird und sterben muß, daß alle Hofnung verloren sey- sie kann frisch und gesund werden, aber nur wenn gott will... haben wir unser vertrauen auf auf gott und trösten wir uns mit dem Gedanken, daß alles gut gehet, wenn es nach dem willen des allmächtigen geht.....  l
W.A. war bei ihr, als sie starb und hielt Hände. (Brief an Abbe Bullinger vom 3.7.1778, Kurt Pahlen S. 212). Als er den Brief schrieb, war seine Mutter schon tot. Mit der Schilderung ihres Zustandes wollte er den Vater schonend vorbereiten.
Vater Mozart wollte aus  seinen begabten Kindern Kapital schlagen, und es ist nach wie vor sehr erstaunlich, daß die sicher zunächst vom Ergeiz des Vaters gesteuerte extensive musikalische Bildung die Beziehung der Beteiligten nie ernsthaft bedroht hat. Wolfgang hat zu seiner Schwester anscheinend immer ein kameradschaftliches geschwisterliches Verhältnis gehabt. Er hat ihr von seinen Reisen nach Italien Briefe geschrieben, die auch Rückschlüsse zulassen, wie spielerisch Wolfgang als Kind komponiert hat. Er schrieb ihr 1771 aus Mailand über die dortigen Wohnverhältnisse:
„oben unser ist ein violinist, unten unser auch einer, neben unser ein singmeister der lection gibt, in dem letzten Zimmer gegen unser ist ein hautboist, daß ist lustig zum Compnieren! Giebt einem viel Gedanken!“     
Wolfgang ist also durch dieses musikalische Durcheinander rund um seine Wohnung nicht gestört sondern angeregt.
1773 schrieb er an seine Schwester:
„hodie nous avons begegnet per strada Dominum Edlebach, welcher uns di voi compliments ausgerichtet hat, et qui sich tibi e ta mere Empfehlen läßt Adio“

      Aus solchen Briefen scheint eine lustige Grundstimmung hervor, wie auch aus dem berühmten Gedicht, welches er am 18.8.1784 zu Nannerls Hochzeit gedichtet hat:
Du wirst im Ehstand viel erfahren ,
was Dir ein halbes Rätsel war;
bald wirst Du aus  Erfahrung wissen,
wie Eva einst hat handeln müssen,
daß sie hernach den Kain gebar.
Doch Schwester diese Ehstands Pflichten
wirst Du von Herzen gern verrichten,
denn glaube mir sie sind nicht schwer,
Doch jede Sache hat zwo Seiten.
Der Ehestand bringt zwar viele Freuden
allein auch kummer bringet er.
Drum wenn Dein  Mann dir finstre Mienen.
die du nicht glaubest zu verdienen
in seiner üblen Laune macht:
So denke, das ist Männergrille
und sag Herr es gescheh Dein Wille
bei Tag und meiner bei der Nacht.
Im Okt. 1777 lernt Mozart auf der Reise mit seiner Mutter nach Paris in Augsburg seine zwei Jahre jüngere Cousine Maria Anna Thekla Mozart kennen, mit der er sich sehr schnell sehr gut versteht. Er schreibt seinem Vater am 17.10.1777  … dann man muß ganz aufgeheitert sein, wenn man sie recht loben will, wie sie es verdient. den 17. in der frühe schreibe und beteuere ich daß uns bäsle schön, vernünftig, geschickt und lustig ist.. sie war auch einige Zeit zu München. das ist wahr. Wir zwei taugen recht zusammen; dann sie ist auch ein bißchen schlimm, wir foppen die Leute mit einander, daß es lustig ist (Gestern hat sie sich mir zu Gefallen französisch angezogen. Da ist sie um 5% schöner.
„wenn Sie lieben. was ich liebe, lieben sie sich selbst Ihr sehr ergebener Vetter Wolfgang Amadeus Mozart“
(Eintragung Mozarts auf französisch in das Tagebuch seiner Cousine Maria Anna Thekla Mozart am 25.10.1777).

     Die Bäsle-Briefe sind berühmt für ihren stellenweise analerotischen Charakter. Man könnte umfangreich nur über diese Briefe berichten. Ihre Derbheit ist gewöhnungsbedürftig. Sie standen Pate bei der Charakterisierung Mozarts als ständig zotenreißendes, meist furzendes, jedenfalls stets alberndes Genie in dem berühmten Film „Amadeus“ (von Milos Forman nach der Biographie Hildesheimers und dem Theaterstück „Amadeus“ von Peter Shaffer). Seiner Cousine hat er im Brief  Gute Nacht mit den Worten gewünscht: „Schlaf recht gsund und reck den Arsch zum Mund“.  Dieser Text findet sich auch in dem Gute-Nacht-Kanon „Bona nox bist a rechter Ochs“ wieder. Jedenfalls haben sich Mozart und seine Cousine sehr gemocht und viel Spaß miteinander gehabt. Außerdem sind es Privatbriefe, die nicht für eine Veröffentlichung gedacht waren.
Nach der Affäre in Augsburg  reist Mozart auf dem Weg nach Paris weiter über Mannheim, wo er sich wirklich und unsterblich in Aloyisia Weber verliebt, die zweitälteste Tochter  des Notenkopisten Fridolin Weber, der insgesamt vier Töchter hatte. Der Bruder dieses Notenkopisten war Hofkapellmeister in Eutin und der Vater von Carl Maria von Weber. (FH S. 65). Aloysia war wie ihre Schwestern Sängerin und hatte eine sehr schöne Stimme. Mozart hat für sie verschiedene teils hoch virtuose Konzertarien geschrieben. Zum Entsetzen des Vaters, der um die Karriere seines Sohnes durch eine Mesalliance mit diesem mittellosen Mädchen fürchtet, plant Mozart mit der Familie Weber für die er Feuer und Flamme ist,  Reisen nach Italien, wo er die sängerische Karriere von Alyoisia befördern will. Auch Reisen mit den Webers nach Holland und in die Schweiz werden ins Auge gefaßt. Vater Mozart hält seinem Sohn im Brief vom 12.2.1778 eine Standpauke. Nach dem er von den Plänen seines Sohnes Kenntnis genommen habe, habe er die ganze Nacht nicht schlafen können. Ob er von einem Weibsbild eingeschläfert in einer Stube voll „nothleidender Kinder auf einem Strohsack“ seine Zukunft sehe? „Liebster Sohn, wie kannst du dich von so einem abscheulichen dir zugebrachten Gedanken auch nur auf eine Stunde einnehmen lassen. Dein Brief ist wie ein Roman geschrieben. Fort mit Dir nach Paris und das bald. setze dich großen Leuten an die Seite, Von Paris aus geht der Ruhm und Name eines Mannes von großem Talent durch die ganze Welt“ (KP 201). So fährt Mozart ziemlich mißmutig mit seiner Mutter weiter nach Paris, wo sie im Juli 1778 stirbt. Aloysia beendet die Affäre und heiratet 1780 den Schauspieler Josef Lange (der den ersten Hamlet im Wiener Theater spielte und die bekannten Mozart-Gemälde schuf). Wolfgang und Aloysia verloren sich aber nicht aus den Augen: Mozart schrieb noch weitere herrliche Konzertarien für sie, und 1783 spielten sie im Fasching gemeinsam in einer Pantomime (FC S. 50). 
     Nach seinem Umzug nach Wien 1781 traf Mozart in Wien wieder auf die Familie Weber. Vater Weber war inzwischen verstorben und Mozart nahm seine Wohnung bei der dem Alkoholgenuß wohl nicht abgeneigten Mutter Weber mit ihren vier Töchtern. Vater Mozart war erneut entsetzt. Wolfgang arbeitete an der „Entführung“ und wandte sich der vierten Weberschen Tochter, seiner späteren Frau Konstanze zu. Unter bürgerlichen Gesichtspunkten ist die Enttäuschung Vater Mozarts vielleicht zu verstehen. W.A. Mozart war 25 Jahre alt, bewegte sich in den höchsten Kreisen Wiens, war ein erfolgreicher Virtuose und Komponist.  Die reichste und schönste junge Frau Wiens wäre nach dem Willen des Vaters für ihn gerade geeignet und passend gewesen.        
Mozarts Liebe zu Konstanze war in Wien bald stadtbekannt und es wurde erzählt, daß Mozart Konstanze heiraten wolle. Etwas merkwürdig mutet an, daß der Vormund Konstanzes, der Finanzdirektor des Wiener Nationaltheaters, Mozart einen Vertrag zur Unterschrift vorlegte, in welchem sich Mozart verpflichtete, 300 fl (Gulden) pro Jahr an Konstanze zu zahlen, wenn er sie nicht innerhalb von 3 Jahren heirateten würde. Konstanze zerriß diesen Vertrag. Sie brauche keine schriftliche Versicherung, sie glaube seinen Worten. Wolfgang sprach von seinem himmlischen Mädchen. Leopold Mozart aber schrieb seinem Sohn, „er  (der  Finanzdirektor ) und Mutter Weber sollten in Eisen geschlagen Gassen kehren und am Halse eine Tafel tragen mit den Worten: Verführer der Jugend“.
In welchem Maß Konstanze Mozart liebte, ist nicht bekannt. Mehrfach sagte sie ihm, daß sie ihn nicht heiraten könne, wobei sie einen Grund nicht angab. Mozart war eifersüchtig und machte ihr heftige Vorwürfe, weil sie berichtet hatte, daß sie sich von einem Kavalier die Waden habe messen lassen. Das Wadenmessen oder Schenkelmessen mit den Händen war wohl kein ganz harmloses Spiel, vor allem auch, wenn man bedenkt, daß Frauen und Mädchen gemäß der damaligen Mode zwar knöchellange Unterröcke aber keine Unterwäsche trugen. Es gibt von Casanova (Günter G. Bauer, S. 230) in seinen Lebenserinnerungen eine Beschreibung dieses Gesellschaftsspiels. Konstanze befand sich damals eine Weile in der Gesellschaft der Baronin Waldstätten, wo anscheinend solche Spiele en vogue waren. Als Mutter Weber androhte, sie mit der Polizei nach Hause zu holen, entschloß sich Mozart zur Hochzeit und heiratete Konstanze am 14. August 1782 im Stephansdom. Einem Tag nach der Hochzeit traf auch die Zustimmung von Vater Leopold per Brief ein. Von Vater Leopold und  Schwester Nannerl wurde Konstanze jedoch nie richtig akzeptiert. Darunter hat Mozart wohl gelitten. Die Vorstellung, daß er die Auseinandersetzung mit seinem Vater im Don Giovanni künstlerisch bearbeitet hat, hat viel für sich. Die Ermordung  des Komturs (des Vaters) in der Oper schreit geradezu nach einer psychoanalytischen Deutung. Jedenfalls wird eine solche autobiographisch psychoanalytische Deutung der Vaterfigur auch in dem Theaterstück „Amadeus“ von Peter Shaffer nahegelegt. Wahrscheinlich hat Konstanze, gedrängt von ihrer Mutter, mit Berechnung den jungen und erfolgreichen Komponisten geheiratet.
Das Verhältnis der beiden war zunächst auch nicht schlecht. In den letzten Jahren seines Lebens aber beklagt sich Mozart zunehmend über das Benehmen seiner Frau und über Geldmangel. Außerdem komponiert er seit 1788 weniger. Unter den letzten 15 Jahren seines Lebens ist 1789 ist das einzige, in welchem er weder Konzert noch Sinfonie komponiert hat. Lediglich die Uraufführung der Oper „Cosi fan tutte“ fand am 26.1.1790 in Wien statt. Ob die nachlassende Produktivität Mozarts in seinen letzten Jahren Folge des Verhaltens seiner Frau und Folge des Geldmangels sind?
Darüber ist immer heftig spekuliert worden. 1789 schrieb Mozart an seine Frau, die wieder mal in Baden bei Wien zur Kur weilte: „…mich freut es ja, wenn Du lustig bist  - gewiss - nur wünschte ich, daß Du Dich bisweilen nicht so gemein machen möchtest – mit  (...) machts Du mir  zu frei ... ebenso mit (...) als er noch in Baden war, erinnere Dich nur, daß Du mir einmal selbst eingestanden hast, daß Du zu nachgeben seist… quäle Dich und mich nicht mit unnötiger Eifersucht“.
     Nach Mozarts Tod hat Konstanze bekannt, daß er ihr nicht immer treu gewesen sei. Eine Mätresse zu haben, war in Mozarts Kreisen zu jener Zeit durchaus üblich. Sein Geldmangel könnte hierher rühren. Darauf komme ich aber noch einmal zurück. 1789 jedenfalls hatte die 23 Jahre alte, offenbar sehr hübsche Magdalena Hofdemel  Klavierunterricht bei Mozart. Konstanze war oft wieder zusammen mit Mozarts Schüler Süßmayer in Baden, wovon Mozart nicht weiter beeindruckt zu sein schien und in Briefen auch fragte, ob sie nicht länger in Baden bleiben wollte, was ihm vielleicht entgegen gekommen wäre, wenn er selbst in eine andere Frau verliebt war. Konstanze gebar am 26. Juli 1791 einen Sohn, der Franz Xaver  Wolfgang genannt wurde. Franz Xaver sind die Vornahmen des Mannes, der möglicherweise der Vater war. Das am 26.Juli 1791 geborene Kind war Ende Oktober 1790 empfangen worden, als Mozart auf der Reise nach Frankfurt war. Vielleicht ist das Kind aber auch 14 Tage zu früh gekommen. Mozart hatte an seiner Vaterschaft anscheinend keinen Zweifel. Das Ereignis dieser Geburt wird andererseits in Briefen Mozarts nicht erwähnt. Überhaupt gibt es eine Pause im Briefwechsel im Sommer 1791. Anfang August 1791 muß Magdalena Hofdemel wiederum ihren zweiten Sohn empfangen haben, der am 10.5.1792 geboren wurde. Ihr Mann war damals schon tot. Er hatte einen Tag nach dem Tode Mozarts nach lautem Wortwechsel seine Frau blutig verletzt und danach Selbstmord begangen. Die junge Frau Hofdehmel konnte also im Mai 1792 die Namen ihres Kindes selbständig und alleine festlegen. Sie nannte ihren Sohn Johann Alexander Franz. Alexander Franz nach dem Paten. Und Johann ist der erste Name W.A. Mozarts. Wie es wirklich war, kann ich Ihnen nicht sagen. Mit diesen Bemerkungen sind wir über die Hintertreppe tatsächlich weit in das Privatleben Mozarts eingedrungen. Hätte sich tatsächlich alles so abgespielt, wie in den Spekulationen der Literatur, so hätte die 1790 uraufgeführte Oper „Cosi fan tutte“ durchaus autobiographischen Charakter.  

Mozart und sein gesellschaftliches Leben

Mozart war ein Spieler sozusagen von Grund auf und in jeder Hinsicht: Er spielte virtuos auf verschiedenen Instrumenten, als Komponist spielt er mit seinen musikalischen Einfällen und seinen musikalischen Späßen. Er komponierte ein musikalisches Würfelspiel und liebte das Singspiel auf der Bühne (also die Oper). Er liebte das Kegeln und das Billardspiel. Er spielte Karten und Glücksspiele. Er  liebte Wortspiele und vor allem aber das Bölzelschießen. Jetzt aber der Reihe nach.
Das 18. Jahrhundert war eine Blütezeit der Spiele. Jedes Kaffeehaus hatte Billardtische, jedes Gasthaus Kegelbahnen. 1756, im Geburtsjahr Mozarts, erschien das zweibändige Spielanleitungswerk: „ Die Kunst der Welt erlaubt mitzunehmen in den verschiedenen Arten der Spiele so in der kayserlich-königlichen Residenzstadt Wien üblich sind“. Darin werden 27 Kartenspiele mit allen Regeln beschrieben. In der Graphiksammlung des Instituts für Spielforschung und Spielpädagogik des Mozarteum Salzburg finden sich die Preislisten und damals gültigen Spielverbote von Glücksspielen sowie die Strafen, die bei Überschreitung derselben drohten. Wie groß das Spielproblem im 18. Jh. War, erkennt man auch daran, daß der aufgeklärte Joseph II. 1784 die Glücksspielgesetze erneuerte. Diese betrafen ausdrücklich auch solche Spiele, die in den Tagebüchern Nannerls und in Mozarts Briefen erwähnt werden. Spieler und Wohnungseigentümer wurden mit einer Strafe von bis 300 Dukaten belegt, das sind 1.400 Gulden . Ein Handwerker konnte damals 20 Gulden im Monat verdienen (GB S. 135).
Mozart spielte viel und ständig, ließ sich aber dadurch nicht vom Komponieren abbringen. Das berühmte Kegelstatt-Trio  entstand auf der Kegelbahn. 1787 komponierte Mozart während des Kegelspiels im Garten seines Freundes Duschek mehrere Stücke zu der Oper Don Juan. Wenn die Reihe des Spiels ihn traf, stand er auf. Allein, kaum war dies vorüber so arbeitete er sogleich fort, ohne sich durch Sprechen und Lachen gestört zu fühlen (GB S. 182).
Mozart spielte begeistert Billard. In seinen letzten Wohnungen hatte er ein eigenes Billardzimmer. Das Billardzimmer seiner letzten Wohnung wurde nach seinem Tode von Mobilienschätzmeistern geschätzt und war mit 64 Gulden mehr wert als die gesamte übrige Hauseinrichtung, einschließlich des Klaviers.   

Spiele

Würfelspiele als Kompositionshilfen waren im 18. Jahrhundert in ganz Europa durchaus üblich. Von Mozart gibt es ebenfalls eine solche Spielerei (KV 516),  bei der die gewürfelten Augenzahlen in Verbindung mit gezogen Kärtchen (die Takten entsprechen) zu einem Musikstück führten. Mozart hat für jeden Takt 11 Varianten geschrieben (entsprechend 11 Möglichkeiten bei zwei Würfeln), die miteinander harmonierten, so daß durch Würfeln ein „mozartisch“ klingendes Musikstück entstehen konnte.
Bölzelschießen
Für die Familie Mozart in Salzburg war das Bölzelschießen mit anschließendem Kartenspiel eine wichtige gesellschaftliche Aktivität und regelmäßiges Sonntagsvergnügen. Dabei gab es feste Gesellschaften, Männer und Frauen gemischt, die erst schossen und anschließend spielten. Das ganze fand in Gasthäusern oder in größeren Zimmern statt. Spielgesellschaften und Gesellschaftsspiele waren neben Bällen in einer Zeit strenger Geschlechtertrennung die Möglichkeit eines gleichberechtigten Umgangs von Mann und Frau. Bölzelschießen war anscheinend das Dartfieber des 18. Jahrhunderts.
Beim Bölzelschießen handelt es sich um das Schießen mit einem Luftgewehr auf eine Schießscheibe. Die Schießscheiben wurden teilweise selbst bemalt oder auch mit Gedichten versehen. In knapp 100 Mozartbriefen wird über das Bölzelschießen berichtet. Beim Bölzelschießen wurde um Geld geschossen. Der erste Preis wurde vom sogenannten Bestgeber gestiftet, der „den Preis zum Besten gab“.
Wie stark das Bölzelschießen als Familienaktivität verankert war, wird in dem berühmten Brief deutlich, den Vater Mozart am 13.Juli 1778  an seinen Sohn nach Paris geschrieben hat, nachdem er den schlechten Gesundheitszustand seiner Frau in Paris erfahren hatte: „Dieses schreibe ich um halbe 4 Uhr Nachmittags. Ich weis nun, daß meine liebe Frau im Himmel ist. Ich schreibe es mit weinenden Augen, aber mit gänzlicher Ergebung in den göttlichen Willen! Da gestern Kirchwey bei der heiligen Dreifaltigkeit war, so wurde unser gewöhnliches Bölzelschießen  auf heute verschoben. Ich konnte und wollte es wegen dem betrübten Briefe so späth nicht mehr absagen lassen. Wir aßen wenig…..“ Der Brief geht noch weiter. Eigenartig, daß er das Bölzelschießen nicht einfach absagte.
Aus den Äußerungen über das Bölzelschießen in den Briefen geht hervor, daß W.A. Mozart sehr gerne beim Bölzelschießen mitgemacht hat und ein schlechter Schütze gewesen ist.
Mozarts Kartenspiele
Mozart war nach dem Zeugnis seiner Frau (G.N. Nissen: Biographie W.A. Mozarts 1828) nicht nur ein begeisterter Billardspieler, sondern auch ein leidenschaftlicher Kartenspieler. In den Mozartbriefen sind sieben Kartenspiele erwähnt: Tarock, Tresettee, Mariage, Brandeln Schmieren, Nain jaune und Halb zwölf. Wahrscheinlich beherrschte er aber 14 verschiedene Kartenspiele inklusive auch verbotener Hasardspiele. Schon als Kind wird Mozart Umgang mit Kartenspielen gehabt haben. Belegt ist dies aus einer Tagebucheintragung seiner Schwester Nannerl von 1767. Damals erkrankte der 11-jährige Wolfgang an den Blattern, brauchte Schonung und Beschäftigung. „Der Hofkaplan von Olmütz besuchte uns täglich, dieser war in Karten Künsten sehr geschickt, mein Bruder lernte sie mit vieler Behendigkeit von ihm“. (Bauer S 114)
Es ist belegt, daß Mozart zeitweise täglich mit seiner Familie, seinen Freunden, seinen Gönnern spielte. Da er als Musiker (Dirigent, Komponist, Virtuose) in adeligen und großbürgerlichen Kreisen verkehrte, könnte er sich auch den gesellschaftlichen Gepflogenheiten dieser Kreise angepaßt haben und dort mitgespielt haben. Hohe Verluste bei solchen Glücksspielen könnten den Verbleib seiner beachtlichen Konzerteinnahmen und der Kredite seiner Freunde (Puchberg, Lichnowski, Lackenbacher) erklären. 1787-1791 hatte Mozart Einnahmen von 11.610 Gulden (inkl. seines kleinen Erbes nach dem Tod seines Vaters) und bei seinem Tod einen Schuldenberg von 5.000 Gulden. Ein bürgerlicher Haushalt kam mit 1.000 Gulden pro Jahr gut aus. Es bleibt natürlich spekulativ, ist aber auch nicht abwegig, daß Spielschulden für die katastrophale Liquidiät Mozarts in seinen letzten Jahren verantwortlich gewesen sein könnten.           
Während Bach und Haydn persönlich und politisch in stabilen Verhältnissen als Thomaskantor bzw. fürstlicher Kapellmeister lebten, ist Mozart der Musiker, der nie eine „anständige“ berufliche Stellung erreichte, der als freier Musiker und Komponist sich selbst finanzieren mußte, dem, wenn man so will, als erstem bürgerlichen Musiker die existentielle Grundlage einer Anstellung schon vor der französischen Revolution nicht mehr vergönnt war. Im Ringen um die Existenz wie um künstlerischen Ausdruck wird Mozart von Beethoven und Schubert abgelöst.
Ich muß selbstverständlich mit Mozart schließen und zitiere: „daß es eine sehr große Kunst sei wohl und schön zu reden aber vielleicht eine nicht minder große, zur rechten Zeit aufzuhören“. Diesem Rate will ich artig folgen und ein Ende machen.

Quellen:
GB Günter  G. Bauer:  Mozart: Glück Spiel und Leidenschaft.
KP Kurt  Pahlen: Das Mozartbuch
FH Fritz Hennenberg  Wolfgang Amadeus Mozart
FC Francis Carr: Mozart und Konstanze
C. Franzen: Krankheit und Tod Wolfgang Amadeus Mozarts.  Mediz. Klinik 2006, 101, 761-772
Nachtrag:
Ein Tagebuch Mozarts von eigener Hand gibt es natürlich nicht.
„Die Tagebücher des W.A. Mozart,  illustriert von ihm selbst“, wurden von  Eugen Egner verfaßt. „Dieser Tagebuch-Fund wird die Mozart-Forschung noch eine Weile in Atem halten. Dem Herausgeber kann man für die geleistete editorische Kärrnerarbeit nicht genug danken“ schrieb die Neue Zürcher Zeitung und das Online Musik Magazin: „Zum besseren Verständnis Mozarts sehr zu empfehlen!“ Brillante Satire – aber das haben sie natürlich längst gewußt.
Eugen Egner lebt und arbeitet in Wuppertal. Er erhielt den Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor. Seine Mozart-Tagebücher sind im Verlag Zweitausendeins erschienen.

Anmerkung der Redaktion:
Der Autor Johannes Vesper ist praktizierender Arzt und Cellist.

© Johannes Vesper - Erstveröffentlichung in den Musenblättern 2007