Die andere Seite des Oscar Peterson

Oscar Peterson - „Soft Sands“

von Sabine Kaufmann

Die andere Seite
des Oscar Peterson
 
Wetten, daß die Puristen unter Ihnen aufschreien werden, wenn ich Ihnen erzähle, was für zuckersüße Melodien der Jazzer mit dem einzigartigen Anschlag 1957 für „Soft Sands“ und das Label Verve (Produktion Norman Granz) butterweich eingespielt und dazu auch noch in Nat King Coles Manier gesungen hat? Aber fassen Sie sich: dieses rare und nahezu vergessene Album mit großem Orchester, Streicher-Apparat und Hi-Lo-ähnlichem Chorus ist ein echtes Bonbon, an dem man sich nicht satthören kann. Unterstützt von seinen frühen Trio-Mitgliedern Herb Ellis (Gitarre) und Ray Brown (Kontrabaß) sowie Stan Levey am Schlagzeug und Buddy Bregman am Pult eines leider ebensowenig wie der Chorus namentlich überlieferten Orchesters hat Oscar Peterson (1925-2007) seine andere, die Crooner-Seite gezeigt und muß sich damit wahrlich nicht verstecken, ist er doch als grenzüberschreitender Pianist wie als Sänger auch hier eine echte Hausnummer. Seine Vokal-Parts in „On The Outside Looking In“, „Why, Oh Why“, „I Can´t Get Started“ und „Dream On a Summer Night“ sind zärtliche Köstlichkeiten mit dem gewissen Schmelz und einem Gutteil Jazz.
 
Damit auch die Trio-Fans auf ihre Kosten kommen, hat Phoenix Records, dem wir ja schon viele Wiederauflagen historischer Jazz-Platten verdanken, das komplette 1958er-Album „My Fair Lady“ (ebenfalls Verve und Norman Granz) dazu gegeben, das die besten Stücke aus dem damals weltweit die Bühnen erobernden Musical transportiert. Auch hier zeigt Peterson (mit Ray Brown am Kontrabaß und Gene Gammage am Schlagzeug) gelegentlich die sanfte Seite seiner Kunst, wie z.B. in „Show Me“. Ansonsten finden wir ihn als den bekannten Wirbelwind auf den Tasten mit seiner unnachahmlichen Anschlagtechnik und – amüsant zu beobachten – einigen Parallelen zu dem Jazz-Piano-Riesen Erroll Garner (1921-1977). Ein pikanter Bonus rundet das Album: die kammermusikalische Live-Interpretation von „The Golden Striker“ mit Oscar Peterson, Ray Brown und Ed Thigpen am Schlagzeug, die Oscar Peterson ein wenig an der Grenze zum Free Jazz kratzen läßt. Eine unterhaltsame Zusammenstellung, die in einer guten Jazz-Sammlung nicht fehlen sollte.
 

Oscar Peterson mit dem Orchester Buddy Bregman – Soft Sands (1957)
01. – Soft Sands (2:21) 02. – (2:34) 03. – It Happens Every Spring (2:43) 04. – Chanel (2:41) 05. – You Took Advantage Of Me (2:00) 06. – Why Oh Why (3:05) 07. – Song To The Stars (2:43) 08. – Echoes (2:39) 09. – I´ve Never Left Your Arms (2:52) 10. – I Can´t Get Started (2:58) 11. – Dream On a Summer Night (2:56) 12. – Susquehanna (2:43)
Oscar Peterson Trio – „My Fair Lady“ ((1958)
13. – I´ve Grown Accustomed To Her Face (6:37) 14. – Get Me To The Church On Time (6:44) 15. – Show Me (6:21) 16. – I Could Have Danced All Night (5:20) 17. – On The Street Where You Live (5:33) 18. – Wouldnt It Be Lovely (5:34) 19. – The Rain In Spain (3:50) Bonus: 20. The Golden Striker (6:23) (1959)
 
Gesamtzeit:  1:18:47
 
Weitere Informationen: www.in-akustik.com