Mit Büchern unterwegs
„Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen“, schreibt Matthias Claudius (1740 - 1815) in „Urians Reise um die Welt“. Wenn einer nach einem Ausflug in die Welt – und sei der noch so klein gewesen – zurückkommt, bringt er Geschichten und Geschichtchen mit. Daran hat sich offenbar seither nichts geändert, liegen doch gleich zwei treffliche Exempel dafür auf dem Tisch. Gemeint sind nun aber nicht Reisen in die große weite Welt, bei denen unserer Berichterstatter in fernen Ländern Abenteuer mit unbekannten Kulturen, fremden Menschen und wilden Tieren erlebt haben. Oder vielleicht doch ein wenig davon? Hier geht es um die Reiseabenteuer von Schriftstellern, die von Ihren Verlegern zu Lesereisen durchs Land geschickt werden, auf daß sich deren Bücher gut verkaufen. Und tatsächlich: auch solche Reisen bergen Abenteuer mit Menschen, in Hotels und bei der Benutzung von Verkehrsmitteln.
1940 hat Hans Carossa (1878-1956) in „Der Dichterabend" noch gewisse Zweifel an dieser Art derLiteratur-Präsention geäußert: „Seit wann rteisen Dichter von Stadt zu Stadt, um an lang vorausbestimmten Tagen in irgendeinem großen Saal vor jedem, der sie hören will, seine Verse vorzulesen? Bei Gottfried Keller, bei Conrad Ferdinand Meyer noch ist es kaum denkbar, um von Hölderlin und Mörike zu schweigen. Und was bedeutet es, dieses Überall-Sich-Zeigen, das einst nur dem Redner geziemte?" *) Da erzählt zum einen das an Jahren noch recht junge doch an Lesereise-Erfahrungen schon recht reiche Autoren-Duo Volker Klüpfel/Michael Kobr von seinen Reisen mit den Kriminalfällen des Kommissar Kluftinger durch Deutschland, ergänzt durch Kluftingers (er ist kein einfacher, zudem reisefauler Zeitgenosse) eigene Erlebnisse in Kurzgeschichten. Reich garniert mit Fotos, u.a. von anheimelnden Hotelzimmern, Bahnhöfen und Frühstückstellern. Man lernt schnell: auch diesen Herren ist das Reisen nicht immer eine Lust. Aber darüber zu erzählen, macht ihnen dann doch Spaß – der Leser profitiert. „Zwei Einzelzimmer, bitte!“ haben sie aus nachvollziehbaren Gründen ihre Reiseerinnerungen übertitelt. Man erfährt: sie haben ihre Gründe dafür.
Weitere Informationen: www.piper.de
Zum anderen berichtet der weitgereiste Schriftsteller, Journalist und Kolumnist Hellmuth Karasek, altgedienter Nestor der deutschen Literaturszene und der Theater- und Literaturkritik, über Erlebnisse aus Jahrzehnten des Reisens mit dem eigenen Buch unter dem Arm. Er erinnert sich kurzweilig an Menschen, die er getroffen und für sie Bücher signiert hat, an Kollegen und Prominente, mit denen er sich unterwegs austauschen konnte, an Orte, die er besucht und Brieftaschen, die er verloren hat. Karasek ist ein wunderbarer Erzähler, ein genialer Plauderer, und wer ihn je bei einer Lesung erlebt hat, kann sich die diebische Freude vorstellen, mit der er all das aufgezeichnet hat. Sein Buch „Auf Reisen – Wie ich mir Deutschland erlesen habe“ ist aber auch ein wenig mehr als nur das. Es ist ein Stück seiner literarischen Autobiographie, die er damit nach seinen Lebensromanen, Feuilletons und Glossenbänden elegant fortschreibt. Kann wärmstens empfohlen werden.
*) Hans Carossa, Der Dichterabend, o.J., Privatdruck für die Bücherstube Fritz Seifert, Hameln Weitere Informationen: www.hoca.de |