Der röhrende Hirsch

„Der Künstler ist anwesend“ – Jürgen Beckers hinreißendes Kulturprogramm

von Frank Becker

© Jürgen Becker
Der röhrende Hirsch
 
„Der Künstler ist anwesend“ –
Jürgen Beckers hinreißendes Kulturprogramm
 
 
 Wolln wir uns mal `n schönen Abend machen – oder sind Sie katholisch?“ Jürgen Becker eröffnet seinen Exkurs durch die Kunstgeschichte und die sich als rote Fäden durch das Programm ziehenden Fragen nach der wahren Dreifaltigkeit und der Arterhaltung mit Augenzwinkern und einem Strauß köstlicher Papstwitze. Da war der Posten noch vakant.
Am vergangenen Mittwoch aber empfing er mit offenen Armen und reichlich Unterrichts-Material – rund 120 Bilder hat er für seine kurzweiligen Kunstbetrachtungen mitgebracht - sein gutgelauntes Publikum in der ausverkauften Lenneper Klosterkirche – und wurde vice versa ebenso herzlich empfangen.
 
Er (also Jürgen Becker, nicht der Papst) gehört zu den liebenswertesten und sympathischsten Mitgliedern seiner Zunft, zugleich tanzt er gekonnt den Shuffle zwischen „feuchtfröhlichem Kneipen-Politisierer“ (wir danken Sissi Perlinger für dieses Zitat) und eloquentem Kultur-Cicerone. Ein launiger Plauderer ist er, der mit „Der Künstler ist anwesend“ saftig mit Kirche und Kunstbetrieb ins kabarettistische Gericht geht, und am Ende weiß man, daß Kunst und Kleinkunst sich wunderbar vereinen können. Es muß halt nur von Jürgen Becker kommen, der, wenn seine Vorfahren den Zeichen der Zeit gefolgt wären, jetzt vielleicht unter dem Namen Pistorius teure Bilder malen würde. So aber macht er Späße für alle, erzählt von seiner graphischen Karriere, als er für 4711 die Tosca-Reklame entwarf („Mit Tosca kommt die Zärtlichkeit – aber es ist doch wohl eher ein Verhütungsmittel“) und fragt sich – und uns – wie man die Ernennung eines Menschen zum Stellvertreter Gottes auf Erden begründet. Da muß getrickst werden. Das nennt man Theologie.
 
Zweieinhalb Stunden Programm vergehen wie im Flug, wenn Becker es macht und mit Lächeln, jedoch ohne Kompromiß Bischöfe und Kardinäle zitiert wie „Kanal Meisner“, der jüngst äußerte: „Jede Kunst ohne Gottesbezug ist entartet.“ Das haben wir schon mal gehört, es sollte aufmerksam machen. Auch Bischof Mixas Begründung seiner brutal sexuellen Übergriffe auf Knaben illustriert lebhaft den Zustand einer katholischen Kirche der alten Männer. Und die Dreifaltigkeit? Da gäbe es viele aus der Kirchengeschichte überlieferte Erklärungsversuche: „Suffe, Poppe, Kaate kloppe“ heißt sie im Rheinland. Klingt einleuchtend und volksnah. Das Publikum stimmte zu. Erhellend auch zu erfahren, daß Religion und Wollust (vgl. die entsprechende Kirchenmalerei) durchaus nicht im Gegensatz stehen, nur wird letztere durch das Zölibat leider in falsche Bahnen gelenkt. Oder wissen Sie eine bessere Erklärung für die zahlreichen Untaten von Päderasten in Soutanen?
 
Aber zurück zum Thema: Kunstkenner Jürgen Becker gelingt eloquent und humorvoll mit kühnen Sprüngen von der Höhlenmalerei der Steinzeit über die Pyramiden, den Hellenismus, Renaissance, Barock und den röhrenden Hirsch der Bogen zur Moderne, die er u.a. an Max Ernst´ „Die Jungfrau züchtigt den Jesusknaben vor drei Zeugen“ festmacht. Da hat er nicht gespart, denn nur um einen Druck des Bildes, auf dem Maria dem Knaben Jesus den schon geröteten Arsch versohlt, muß Becker an die Erben von Max Ernst 1.500 € zahlen. Grund genug für uns, das Bild hier nicht zu zeigen. Aber Sie können es sich ja im Internet anschauen. Daß Goyas „Nackte Maja“ auf dem kulturhistorischen Weg den Vergleich mit Angela Merkel aushalten muß, bietet sich quasi an, Jürgen Becker hat dafür schlüssige Erklärungen. „Ich bin nicht leicht zu haben“, scheint die Maja zu sagen, „aber ihr könnt es ja mal versuchen.“ Daß der Islam keine Perspektiven hat, ist klipp und klar durch sein Bilderverbot begründet, woher sollen denn ohne die Malerei Perspektiven kommen? Und was uns Gustave Courbets „Der Ursprung der Welt“ sagen will oder auch nicht, weiß er auch zu erläutern.
Wer am Ende und nach vielen Zugaben ein wenig erschöpft war, wurde mit einigen Kränzen Kölsch ruckzuck wieder auf Vordermann gebracht. Das kann nur Jürgen Becker.
 
„Nach diesem Parforceritt durch die Kunstgeschichte wissen sie genau, was über Gotik und Romanik zum Barock mit Rubens sprichwörtlichem Fleisch dicker Frauen führte“, sagt Beckers Pressetext. Dem ist nichts hinzuzufügen außer: „So isses, danke, Herr Becker!“
 
Mehr Informationen unter:  www.juergen-becker-kabarettist.de