Trinker und Träumer - Kreuzberger Szenen

Klaus Bittermann - "Möbel zu Hause, aber kein Geld für Alkohol"

von Frank Becker
Trinker und Träumer
 
Kreuzberger Szenen
Aufgezeichnet von Klaus Bittermann
 
Klaus Bittermann durchstreift, gelegentlich auch gerne mit Fup auf dem Arm, seinen Kiez. Das ist Berlin, genauer: Kreuzberg. Bittermann schaut genau hin, hat sich dabei aber einen entspannten Blick auf das menschliche Panoptikum zugelegt, das ihn dort umschwirrt. Er betrachtet die Eigenheiten, die Stereotype und die Kuriositäten seiner  Mitmenschen durchaus mit Sympathie, ohne jedes Vorurteil, aber auch ohne Bevorzugung des einen oder des anderen. Spinner belächelt er, er zeigt all die in der Zeit stehen gebliebenen, die Entwurzelten und die heutigen „Macher“ des einst einer aufmüpfigen Szene gehörenden Westberliner Stadtteils (erinnern Sie sich noch an die „Kreuzberger Nächte“?) in ihrer längst bürgerlich gewordenen revolutionären Spießigkeit, und gelegentlich schüttelt er den Kopf über unbelehrbar Dumme. Wenn das einer darf, dann er, denn er kennt sie alle: Trinker und Träumer, Revoluzzer und Türsteher, Polizisten und Proleten, Kneipenwirte und Fischhändler, Touristen und Randfiguren der Gesellschaft – und vor allem Literaten, die angesagten und die der vergangenen Jahrzehnte. Schließlich hat er kaum einen von ihnen in seiner Edition Tiamat nicht verlegt. Der Satiriker Klaus Bittermann ist ohne Frage ein Menschenfreund, was sich von Geschichte zu Geschichte dokumentiert. Und als ausgleichendes Element hat er ja zum Glück Nadja, auf die der liebenswert-geniale Spötter gerne einmal hört.
Die Spaziergänge mit Bittermann durch sein Viertel sind urkomisch und klug, seine Beobachtungen scharfsinnig und trotz aller Verbundenheit von heiterer Distanz, zeugen von Menschenkenntnis und haben rare sprachliche Eloquenz. Von „Die lustigen Alkis“ bis „Die Gei hat alles unter Kontrolle“ das pure Vergnügen. Gelegentlich läßt er sich von Wiglaf Droste, einem seiner Lieblingsautoren, befeuern – ein zusätzlicher Gewinn. Ein wundervolles Buch und eine Empfehlung der Musenblätter.
 
Klaus Bittermann – „Möbel zu Hause, aber kein Geld für Alkohol“
Critica Diabolis 190
2011 Edition Tiamat, 192 Seiten, Klappenbroschur
14,00 €
 
Weitere Informationen: www.edition-tiamat.de