En Päardsknierdel äam Maul

Eine moselfränkische Erinnerung

von Rudolf Engel


Rudolf Engel - Foto © Frank Becker 

         

 

En Päardsknierdel
äam Maul


Eine moselfränkische Erinnerung


von Rudolf Engel

En Päardsknierdel äam Maul
 
Hännerm Haus hotten mir e Steck vun der Kärrich gepacht. Dö hun mir oobweeselnd, ää Joahr iwer dat annert, Krombern geplanzt un Kuar ugeseet. Mei Mamm hot noch direkt häannerm Schopp e poar Reihen Erbeln gesetzt. Dej woaren hier fier ebbes Besonnerschtes dankbar:
Emmer wenn bei oas off der Stroaß e Päardsfuhrwerk vorbeikomm äas, dann hot mei Mamm schun off der Lauer geleh. Un wenn dann äänd vun de Päarden  ebbes hot faale geloss, dann äas sei sier mäat der Schepp rausgelaaf, hot dej Päardsknierdeln offgeroaf und bei de Erbel geschott.
Awer sei woar mäat hierer Leidenschaft fier dej  wertvoll Päardsmescht bei oas off der Stroaß net allään. De Nobarschfraahleit hun seich sugoar driwer heftisch gestritt. Dö äas dann och ämoal dej Sach passiert:
Ed Gasper Lena und em Tuback sein Fraa, ed Grejt, woaren gleichzeitisch bei dem freschen Guppen off der Stroaß  ukomm. Wej seich ed Lena gröd becken well, dö hot ed Grejt de Knierdeln schun off der Schepp.
Dö fängt es Lena soù mächtisch un ze schännen, brellert ed Grejt off´d allerschläamscht Oart un un nennt ed en gurisch Schlamp. Un wej hert beim Schennen soú leidenschaftlich ed Maul offreißt, dö höllt ed Grejt ään vun denne Knierdel äan de Hand un schmeißt se em Lena mäatten äan´d Maul, dat äan dem Moment sperrangeleweit offstääht. Ed Lena äas dann off es Grejt zoùgelaaf, hätt de Ärmen nö hier ausgestreckt un dörch dat zugestoppt Maul geroof:
„Soú, dej loo haalen eich wei soù lang äam Maul bes de Polizei kemmt!“

 

Ein Pferdeapfel im Maul
 
Hinter unserm Haus hatten wir ein Stück Land von der Kirche gepachtet. Dort haben wir abwechselnd, ein Jahr über das andere, Kartoffeln angepflanzt und Korn ausgesät. Meine Mutter hatte noch direkt hinterm Schuppenein paar Reihen Erdbeeren gesetzt. Die waren ihr für etwas Besonderes dankbar:
Immer, wenn bei uns auf der Straße ein Pferdefuhrwerk vorbeikam, hat meine Mutter schon auf der Lauer gelegen. Und wenn dann eines der Pferde etwas hatte fallen lassen, dann ist sie schnell mit der Schaufel rausgelaufen, hat die Pferdeäpfel aufgerafft und bei den Erdbeeren angeschüttet.
Aber sie war mit ihrer Leidenschaft für den wertvollen Pferdemist bei uns auf der Straße nicht allein. Die Nachbarsfrauen haben sich sogar darüber heftig gestritten. Da ist dann auch einmal die Sache passiert: Die Gasper Lena und dem Tuback seine Frau, die Gret, waren gleichzeitig bei dem frischen Haufen auf der Straße angelangt. Als sich die Lena gerade bücken wollte, da hatte die Gret die Äppel schon auf der Schippe.
Da fängt  die Lena so mächtig an zu schimpfen, brüllt die Gret auf die allerschlimmste Art an und nennt sie eine gierige Schlampe. Und wie sie beim Schimpfen so leidenschaftlich das Maul aufreißt, da holt die Gret einen von den Äppeln und schmeißt sie der Lena mitten ins Maul, das in dem Moment sperrangelweit offen steht. Die Lena ist dann auf die Gret zugelaufen, hat die Arme nach ihr ausgestreckt und durch das zugestopfte Maul gerufen:
So, die da halte ich jetzt so lange im Maul bis die Polizei kommt!"

Merke:
Das Pferd heißt Pferd, weil es fährt.
Seine Haut heißt Haut, weil man drauf haut.
Manchmal lassen die Pferde etwas fallen;
Das heben dann die Leute auf und sagen:
Hufeisen bringen Glück!


© Rudolf Engel - Erstveröffentlichung in den Musenblättern 2012