Cirque du Soleil begeistert mit "Corteo"

Grandioser Mix aus Zirkus, Varieté und Theater

von Andreas Rehnolt

Foto © Richard Termine
Cirque du Soleil begeisterte
mit Deutschlandpremiere von "Corteo"
 
2.500 Zuschauer waren fasziniert
von einem grandiosen Mix
aus Zirkus, Varieté und Theater
 
 
Düsseldorf - Im voll besetzten Riesenzelt des Cirque du Soleil haben rund 2.500 Zuschauer am Donnerstagabend in Düsseldorf die faszinierende Deutschlandpremiere des neuen Programms "Corteo" erlebt. Rund 70 Artisten, dazu zahlreiche Musiker in Phantasie-Kostümen, zwei amüsant auflaufende Plüschpferde,  Jonglage, eine an mit Helium gefüllten Ballons durch's Cirkuszelt schwebende und vom Publikum wieder und wieder weiter gestupste Liliputanerin, Tenorgesang live, waghalsige Luftakrobatik, verschmitzte Pantomime. Das Programm bestand tatsächlich nur aus Höhepunkten.
 
Atemlos bestaunten große wie kleine Besucher im schneeweißen Zelt jeden Moment dieser grandiosen Inszenierung. Oft wußte man nicht, wohin man schauen sollte in diesem circensischen Traum. Auf der gewaltig breiten Bühne spielten sich nicht selten Geschehnisse gleichzeitig ab. Während Akrobatinnen in gewaltigen Kronleuchtern durch das Zirkusrund wirbeln, haucht zum Auftakt der gut zweieinhalbstündigen Aufführung der alte italienische Clown Mauro sein Artistenleben aus.
Und wie er das macht. Bevor er am Ende der Schau, begleitet von schwebenden Engeln, in den Zirkushimmel entschwindet, läßt er sein ganzes Artistenleben noch einmal an sich und natürlich am Zuschauer vorüber ziehen. Und da sind wir beim Titel der Show: "Corteo". Das ist der italienische Begriff für eine fröhliche Prozession, eine festliche Parade. Da gibt es mit den kleinen Liliputaner-Clowns das Winzige, das dem Großen gegenüber gestellt wird. Da gibt es Lächerliche und das Tragische, die Magie, die Perfektion, die Unvollkommenheit, die Panne, die Stärke und die Zerbrechlichkeit und nicht zu vergessen die Weisheit, Liebenswürdigkeit und die Träumerei.


Foto © Richard Termine
 
Kurz gesagt all das, was das Leben eines Clowns und - wenn man Glück hat - auch das Leben eines jeden Menschen irgendwann und irgendwie berührt hat. Und so kann man sich dem schnellen, manchmal wüsten, manchmal verzaubernden Spiel nicht entziehen. Wenn die Plüschpferde ihren Unsinn - auch schon mal inmitten des Publikums - treiben, wenn die Engel im wahnsinnigen Tempo aus der Spitze des Zelts runter und wieder hoch sausen, wenn Clown Mauro bei seinen ersten Flugversuchen als Engel um ein Haar abstürzt, wenn sechs hübsche junge Frauen und junge Männer sich wie eine Gruppe kleiner Kinder in zwei Riesenbetten auf der Bühne beim Bettentrampolin

Foto © Richard Termine
vergnügen, dann geht einem das Herz auf.
Einen solchen Zirkus, solche Artistik, eine solche Show hat man hierzulande lange nicht gesehen. Neben spektakulären, waghalsigen Momenten gibt es immer wieder auch ruhige Phasen in der gekonnten Inszenierung. Gut so, sonst käme man auch als Zuschauer zu sehr außer Atem. So gibt es ein hübsches Konzert auf Kristallgläsern und tibetischen Schalen, zu dem ein korpulenter Zirkusdirektor Bach und Mozart pfeift. Eine weibliche Künstler-Marionette erscheint und spielt an langen Fäden hängend mit dem kleinen Mauro eine Art Strandszene mit Ball.
 
Manchmal reibt man sich als Zuschauer die Augen. Wie geht das denn. Wie kann jemand mit dem Kopf nach unten hängend, leicht schlurfend auf einem Seil balancieren? Wie schafft es der Leiterkünstler, der einen weiblichen Engel erreichen will, mit nur durch Balance und Gewandtheit immer größere Leitern, die er - ohne Befestigung im Boden - nur mit den Händen hält und so am Umfallen hindert, zu seinem Himmelswesen zu gelangen? Schön, daß es diese Momente des Staunens und des "Das-gibts-doch-nicht" gibt.
 
Ach ja, die Pause. Die dauert 30 Minuten. Es gibt Getränke, Popcorn und jede Menge Andenken. Aber vor allem geht es nach dieser Unterbrechung weiter im Programm von "Corteo". Da treiben neun Luftakrobaten ihre Kapriolen in der Zirkuskuppel an drei weit auseinander stehenden Spannrahmen. Im Gegensatz zu den omnipräsenten Engeln haben diese Personen keine Flügel. Dafür schweben sie auch nicht, sondern sie fliegen. Hin und her geworfen, mal vor- und mal rückwärts durch die Lüfte, aufgefangen und weiter gewirbelt von stämmigen Akrobaten. Und dann gibts da noch das kleine "Teatro Intimo", in dem "Romeo und Julia" als wild-verrückte Version aufgeführt wird, bei der es ständig zu unerwarteten Wendungen und kleinen Katastrophen kommt.
 
Als dann ganz am Ende, nach einer atemberaubenden Wipp-Nummer und einer  extrem witzigen Golf-Nummer mit einem Kopf als Golfball, der Träumer-Clown Mauro tatsächlich auf seinem Fahrrad hoch oben in der Zirkuskuppel in Richtung Himmel entschwindet, dann ist jeder Besucher im Cirque du Soleil glücklich. Und er möchte am liebsten das Leben des Clowns noch mal und noch mal sehen. Wenn da nicht der Preis wäre. Erwachsene zahlen je nach Platz 40 bis 100 Euro, Kinder zwischen 28 und 70 Euro. "Corteo" bleibt vier Wochen in der NRW-Landeshauptsstadt.


Foto © Richard Termine
 

Redaktion: Frank Becker