Wir müssen aufhörn weniger zu trinken

Große Weisheiten betrunkener Männer

von Frank Becker
Arbeit ist der Fluch der trinkenden Klasse
(Oscar Wilde)

 
Kein Alkohol ist nämlich auch keine Lösung.“
Sissi Perlinger

Allein sechs eng bedruckte zweispaltige Seiten widmete Freiherr Franz von Lipperheide anno 1907 in seiner Zitatensammlung „Spruchwörterbuch“, heute als der „Lipperheide“ geläufig, dem Wein, nur zehn Zitate über das Bier nahm er auf, keines über den Schnaps und ein einziges (ablehnendes) über den Alkohol an sich. Das Stammt von Friedrich dem Großen.
Sein Kollege Georg Büchmann (der „Büchmann“) hatte bereits 1864 eine Sammlung geflügelter Worte herausgegeben, deren 32. Auflage im Jahr 1972 gerade mal 14 Zitate zum Wein, zwei zum Bier und keins zu Schnaps und Alkohol enthielt. Was schließen wir daraus? Nichts. Wieso auch? Soll ja nur eine elegante Überleitung zum grade beim Piper Verlag erschienenen Buch von Detlef Dreßlein sein, der unter dem Titel „Wir müssen aufhörn weniger zu trinken“ große Weisheiten betrunkener Männer gesammelt und in vierzehn Kapiteln dem Leser nahe bringt. Ein 15. Kapitel transportiert z.T. lustige Stammtischwitze und das 16. macht auf immerhin 58 Seiten mit den Biographien der Zitierten von A wie Achternbusch bis Z wie Zola bekannt, wobei deren Geschichte ihres persönlichen Alkoholkonsums eine wichtige Rolle spielt.
 
Die Mischung ist erstaunlich, zitiert doch Dreßlein so gegensätzliche Männer/Figuren und wie den griechischen Lyriker Anakreon, den chinesischen Dichter Li Tai Po (auch: Li Tai-Pe oder Li Bo), den Schweizer Autor Gottfried Keller, den US-Schauspieler und Kinderfeind W.C. Fields, den Rock-Musiker Lemmy Kilmister, die Zeichentrick-Figur Homer Simpson oder meinen früheren Sportlehrer Udo Lattek. Es sind in der Tat legendäre Trinker dabei, denken wir nur an die Trinklieder von Li, Gottfried Kellers berauschte Briefe oder den bekennenden Alkoholiker W.C. Fields („Eine Frau hat nich zum Trinker gemacht, und ich hatte nie die Höflichkeit, mich bei ihr zu bedanken.“). Ein Quellen-Nachweis rundet das Buch, das natürlich nicht nur allfällig Zitate über den Genuß alkoholischer Getränke versammelt, sondern vor allem solche, die besagten bekannten Trinkern – ob nüchtern oder besoffen – irgendwann aus der Feder geflossen sind. Das sind überwiegend sehr kluge Gedanken, nehmen wir z.B. John Wayne: „Ich traue keinem Mann, der keinen Alkohol trinkt“, Heinrich Heine: „Es gibt kein angenehmeres Geschäft, als dem Leichenbegräbnis eines Feindes zu folgen“, Henry Miller: „Spezialisten sind Leute, die nur eine Saite auf ihrer Fiedel haben“, Oscar Wilde: „Alle Frauen werden wie ihre Mütter, das ist ihre Tragödie. Kein Mann wird wie seine Mutter. Das ist seine Tragödie“ oder Tennessee Williams: „Wer ein schlechtes Gedächtnis hat, muß immer die Wahrheit sagen.“
 
Ein Buch zum Schmökern. Und weil eben nur Männer zitiert werden, umkränze ich meine Rezension mit zwei Zitaten einer höchst beachtlichen und zitierwürdigen Frau.
 
„Oaner geht allweil...“
Sissi Perlinger
 
Detlef Dreßlein – „Wir müssen aufhörn weniger zu trinken“
Große Weisheiten betrunkener Männer
© 2012 Piper Taschenbuch 7440, 271 Seiten, Broschur
8,99 €
 
Weitere Informationen: www.piper.de

Lesen Sie zum Thema in den Musenblättern auch die fünfteilige Dokumentation: "Der Alkohol, die Dichter und die Literatur" von Niels Höpfner