Sein bester Freund
Der priapeische Gedanke in der Kunst
Girl, ain't no ball playin goin on round here
(Missy Elliott)
Es sind nicht selten solche Zufallsfunde, die nicht nur den von Konventionen verstellten Blick für neue Formen und Themen der Kunst öffnen, sondern die in ihren Ansichten und Bildern festgefahrene Kunstwelt aufrütteln und nachhaltig das Bewußtsein zu verändern wissen.
Die posthume Entdeckung der einzigartigen Kollektion des öffentlichkeitsscheuen Kunstsammlers Wendelin Rentzsch-Tetzlaff (hier später kurz WRT genannt) in einem Lagerhaus in Allentown, Pennsylvania läßt spontan Assoziationen zur „Duckomenta II“ und zu der legendären Ted Galerie,
Schauen wir uns, natürlich streng wissenschaftlich, einige Beispiele jener phallischen Äußerungen, mit
Aber, meine Damen, zurück zur Kunst. Plakativ verhüllt zeigt sich in einer Arbeit des wie ja landauf, landab bekannt, von seiner Frau gesteuerten Christo (s.o.) dessen anscheinend nicht uninteressantes Exemplar. Was verbirgt sich unter der Verpackung? Wird es halten können, was es streng geschnürt zu versprechen scheint? Sind nicht ohnehin alle Künstler irgendwie weibgesteuert? Wer steht wohl hinter Damien Hirst, daß er sich vom Schädel ab- und dem Genital zugewandt hat? Ist es der verzweifelte Versuch, ein Dokument verblaßten Glanzes, vergangener Größe zu schaffen? Fragen über Fragen, denen sich von Exponat zu Exponat neue anschließen. Was Alexander Calder verspielt dem neckischen Wind aussetzt – wir wissen leider nichts von der Größe des Objektes – ist Offenbarung wollender Leichtigkeit, Friedensreich Hundertwasser ergeht sich wie so oft in vagen funktionalen Andeutungen, die er farblich überhöht, Joseph Beuys fettige kleine Anspielung offenbart sich erst beim genauen Hinsehen und Erwin Wurms „One Minute Cock“, trifft, kombiniert mit Missy Elliotts Zeilen „Break me off, show me what you got / cause I don´t want no one minute man“ einen so offen zuvor noch nicht geäußerten feministischen Basis-Gedanken. So waren wir, meine Freundinnen aus Emma-Zeiten (jaja, Du auch!): Kerle, nein danke, aber wenn, dann mit einem ordentlichen Riemen. Hatte doch was.
Piet Mondrians im Konvolut erstmals öffentlich gezeigtes konstruktivistisches Werk – im Bedarfsfall auch um 180° gewendet einsetzbar, läßt keinen Zweifel zu: Mondrian will die kompromißlose Härte Die Autoren:
Christoph Steinbrener, geboren 1960 in Marburg/Lahn, ist Bildhauer und Mitglied der Künstlergruppe Steinbrener/Dempf (www.steinbrener-dempf.com). Er beschäftigt sich in seiner Arbeit unter anderem mit den Themen Fälschung und Täuschung. Er lebt in Wien.
Dr. Thomas Mießgang, geboren 1955 in Bregenz, studierte Germanistik und Romanistik in Wien. Er war viele Jahre journalistisch tätig (Falter, Profil, Die Zeit, ORF). Von 2000-2011 war er Kurator der Kunsthalle Wien. Derzeit Mitarbeiter der Viennale – Vienna International Film Festival. Mießgang publiziert zu Kunst, Musik und Kulturpolitik und lebt in Wien.
„Der Phantastische Phallus“ - Die unglaubliche Geschichte von Wendelin Rentzsch-Tetzlaff und seiner Sammlung herausragender Avantgarde-Kunst von Christoph Steinbrener und Thomas Mießgang © 2012 Verlag Rogner & Bernhard, 92 Seiten, Fadenheftung, 20,5 x 28,5 cm, mit 34 Abbildungen
ISBN 978-3-95403-004-0 schlappe 14,95 Euro
Redaktion: Frank Becker
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