Mehr Krieg als Frieden

Werke von Götz Loepelmann zu Krieg und Frieden in Dissen

von Dorothea Renckhoff
Mehr Krieg als Frieden
 
Das KuK- Haus Dissen zeigt Werke
von Götz Loepelmann zu Krieg und Frieden
 
Der KuK Dissen e. V. (Kunst und Kultur) beschert dem kleinen Ort Dissen am Rande des Teutoburger Waldes für knapp einen Monat eine Ausstellung von internationalem Rang: Malerei, Plastik und Grafik von Götz Loepelmann zum Thema ‚Krieg und Frieden’. Sie ist Teil einer umfangreichen Loepelmann-Retrospektive, die der Berliner Architekt Bernhard Strecker vor zwei Jahren anlässlich des 80. Geburtstags des Künstlers in der Metropole realisiert hat.
 
Loepelmann ist einer aus jener Generation, die von einem verbrecherischen Regime in den letzten Wochen seiner Existenz als Kindersoldaten verheizt wurde; wer diesen Einsatz als letztes Aufgebot überlebte, blieb fürs ganze Leben gezeichnet.
Als die Berliner Schulen 1943 wegen der Bombenangriffe geschlossen wurden, wurde Götz Loepelmann von seinem Vater auf ein Internat nach Templin geschickt und mußte erleben, wie das Institut nach dem Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 in eine SS-Elite-Schule umgewandelt wurde. Gemeinsam mit einem Freund wehrte er sich gegen den erzwungenen Eintritt in die SS und landete beim Volkssturm, aus dem er im Januar 1945 zurück nach Berlin flüchtete, um sich dort zu verstecken. Eine Flucht, die damals Desertieren hieß und auch bei Vierzehnjährigen mit dem Tod bestraft wurde. So wurden Krieg und Gewalt zum Thema, das auch den späteren Künstler nie mehr losließ, auch wenn er immer wieder im Ausland nach Befreiung suchte (z. B. 1968 als Professor für Design am State College San Francisco oder 1991 mit dem Bau eines Ateliers auf Teneriffa).
 
Die in Dissen gezeigten Exponate sind Arbeitsergebnisse einer weiten Zeitspanne; sie stammen aus den Jahren zwischen 1969 und 2012. Trotz unterschiedlicher Arbeitsphasen und bei aller künstlerischen Weiterentwicklung haben alle Exponate eins gemeinsam – eine unsentimentale, beinahe sachliche Darstellung von leidenden, der Gewalt ausgesetzten Menschen; schweigende Gestalten und Gesichter, die ihr Mißbrauchtsein tragen wie eine Haut. Nirgendwo kommt es zu dem berühmten ‚stummen Schrei’: diese Figuren schreien nicht mehr. Ob die Bronzeplastik der Frau aus dem Kosovo, das riesige Wandbild von in eine leere Wüste im Irak marschierenden amerikanischen Soldaten, das grellfarbige Gemälde der zur Schau gestellten toten Söhne von Sadam Hussein – keines der Werke nimmt Partei für die eine oder andere Seite. Alle sind dabei von einer Expressivität, die sie beinah als heutige Weiterentwicklung expressionistischer Elemente erscheinen läßt. Stilistisch wie auch in der Darstellung des Ausgeliefertseins zeigen diese Bilder, Grafiken und Skulpturen eine deutliche Wesensverwandtschaft zum Werk von Felix Nussbaum, und ebenso beklemmend wie bei jenem ist die Wirkung auf den Betrachter.
 
Kaum vorstellbar angesichts dieser Ausstellung, daß der Künstler Götz Loepelmann auch ganz andere, bunte, heitere und phantastische Seiten hat: seit Peter Zadek ihn 1972 ans Bochumer Schauspielhaus holte, zuerst als Bühnenbildner, bald aber auch als Regisseur, Autor und Ideengeber, hat Loepelmann das deutschsprachige Theater um eine Fülle von Bildern und Geschichten bereichert. Seine Kästner-Aufführungen am Hamburger Schauspielhaus sind ebenso Legende wie seine theatrale Erzählung von Darwins Reise in Bochum, um nur zwei Beispiele zu nennen. Etwas von seiner Dichterfähigkeit des Geschichtenerzählens zeigte der alte Theaterzauberer bei der Ausstellungseröffnung am 7. 9. in Dissen, als er ein paar seiner Geschichten las, die er für ein geplantes Buch zu Fotos von Katharina John vom Weg nach Santiago de Compostela geschrieben hat. Die ungemein genauen Schwarz-weiß-Aufnahmen sind als Rahmenprogramm zur Ausstellung gehängt; die Texte sind keine Bildbeschreibungen, sondern eigene Geschichten, schlicht und knapp, kein Wort, kein Buchstabe, kein Strich ist zu viel. Und das haben sie wiederum mit den Exponaten zu Krieg und Frieden in dieser Ausstellung gemeinsam.


Die Ausstellung ist zu sehen bis zum 30. September im KuK-Haus, Am Krümpel 1a in Dissen, Teutoburger Wald. Öffnungszeiten: Freitag, 17 – 20 Uhr, Mittwoch und Sonntag, 13 – 18 Uhr und nach Vereinbarung. Tel. 05421-2005. Eintritt frei.
Am 14. und 21. September, jeweils 19 Uhr, finden im nahe gelegenen Sigmund-Strecker-Museum in Neuenkirchen-Melle Rahmenprogramme mit musikalischer Begleitung zum theatralen Werk von Götz Loepelmann und am 30. September, 14 Uhr, eine Finissage mit Lesung und Musik im KuK-Haus Dissen statt.