Über Regen und Gemüt

von Erwin Grosche

Foto © Frank Becker
Über Regen und Gemüt

I
 
Es regnet viel in Ostwestfalen. Da überlegt man schon, ob man zu Hause bleibt oder ein Museum aufsucht. Die Ausstellung heimischer Künstler „Regenkuss“ ist vielleicht das Beste, was einem passieren kann. Natürlich war ich sogar bei der Eröffnung anwesend. Zwei der dort ausstellenden Künstler kenne ich persönlich und die anderen zwei bin ich, weil ich bei meinen Collagen unter einem Pseudonym arbeite. Es ist nicht immer einfach, als Künstler eine Öffentlichkeit zu finden. Ich habe einen Bekannten, der von Fußgängerzone zu Fußgängerzone zieht, um sich auf den dortigen Plätzen zu verewigen. Er arbeitet mit Hammer und Meißel und höhlt das Pflaster bei „seiner Suche zum Mittelpunkt der Erde“ quasi aus. Man kann sich vorstellen, daß er dadurch nicht so beliebt ist wie ein Straßenmaler. Er hat mir mal den Eingang von meinem Wohnhaus mit einem Loch verschönert, in dem ich nun meinen Biomüll sammle.
 
 
II
 
Ostwestfalen kennt man als sonnendurchflutete Landschaft. Es kommen viele Fotos von dort, die bei Sonnenschein aufgenommen wurden. Regenfotos deprimieren, weil sie selten lachende Menschen zeigen und Regenschirme den Blick auf den Hintergrund verstellen. Sicher, in anderen Gebieten Deutschlands regnet es auch, aber anders. Es gibt dort auch Ereignisse, die dem Regen eine nebensächliche Bedeutung geben, leider. Regen kann schön sein, wenn man dichtes Haar hat. Ich kenne Beckum im Regen, Lippstadt im Regen, Rüthen im Regen, Unna im Regen, Soest im Regen und sogar Münster im Regen. Ich sah einmal Eugen Drewermann im Regen durch Paderborn rennen, das war ein sehr schöner Anblick, zumal er dabei nicht naß wurde.
 

 
© Erwin Grosche
Veröffentlichung aus „Warmduscher-Report“ in den Musenblättern mit freundlicher Genehmigung