Prometheus – Dunkle Zeichen

Eine Kino-Warnung

von Renate Wagner
Kino-Warnung!
 
Prometheus – Dunkle Zeichen
Prometheus / USA / 2012
Ab 9. August 2012 in den deutschen Kinos,
ab 10. August in den österreichischen
Lichtspielhäusern
Regie: Ridley Scott
Mit: Michael Fassbender, Noomi Rapace, Charlize Theron u.a.
 
Regisseur Ridley Scott, mittlerweile Mitte 70, ist dermaßen eine Legende im Filmgeschäft, ein Kult-Persönlichkeit von Rang, daß die Kritik automatisch in die Knie geht, wenn er etwas Neues vorlegt – wobei seine Ausflüge in die Welt normaler Thriller oder gar des Historienfilms nie so viel zuckende Begeisterung erregt haben wie seine nun auch schon viele Jahrzehnte zurückreichenden Beiträge zum Sci-Fi-Film, sprich „Alien“ (1979) und „Blade Runner“ (1982).
 
Daß er nun mit „Prometheus“ in die Welt seiner Außerirdischen zurückkehrt, die einst so unvergeßlich aus den Körpern der Menschen gesprungen sind, quasi eines der mittlerweile in der Filmwelt üblichen (und auch schon berüchtigten) „Preuqels“, also die Vorgeschichte des “Alien”-Geschehens, ankündigte, ließ den Blätterwald rauschen. Das Ergebnis, wenn man es auf der Leinwand betrachtet, stellt sich jedoch als absolut unausgegorenes und leider auch uninteressantes Konglomerat heraus.
Man wird an einen Spruch von Curt Goetz erinnert: „Um die volle Tiefe und Schönheit des Werkes zu erkennen, muß man es zweimal sehen. Und ein zweites Mal sehe ich mir einen solchen Schmarrn nicht an.“ Also – erkennt auch jeder, daß der gänzlich weiße, glatte Mann, der zu Beginn da ein Meer springt, ein Alien ist? Hat er damit die Erde erschaffen? Was wollen die paar Menschen, die da auf der Suche nach irgendetwas sind (ein kleines Mädchen mit Geige ist offenbar die Tochter eines Archäologen)? Wir sehen dies übrigens alles durch die schwankenden, wassergleichen Wände, die uns klar machen, daß dies entweder ohnedies nicht real und gegenwärtig ist, oder in anderen Zeiten und Welten spielt, oder was immer.
Etwas greifbarer wird das Geschehen dann, wenn wir ins Jahr 2094 springen: Menschen in einem Raumschiff, wie schon tausendmal da gewesen. Ganz ärgerlich der Teil der Handlung, der massenhaft menschliche Artefakte alter Kulturen herbeischleppt – denn das ist ein Handlungselement, das sich ungemein intellektuell gibt, aber in keiner Weise befriedigend behandelt wird und dann völlig fallen gelassen wird, als sei es nie da gewesen. Wozu? Schließlich erfährt man, worum es geht: Dieses Raumschiff sucht auf Befehl seines greisenhaften Millionärsbesitzers das Geheimnis des ewigen Lebens – Neuigkeit. Und Charlize Theron, die nur glücklich ist, wenn sie als besonders mieses Geschöpf auf der Leinwand erscheinen kann, spielt die „strenge Herrin“, die ihre Crew so unsympathisch bei der Stange hält wie nur möglich…
 
Wenn das Raumschiff nun auf einem Planeten landet (wo genau?), dann macht sich die Crew – wie das nun mal so ist – auf ihre Spaziergänge nach „draußen“. Ungeachtet dessen, daß sie sich in einem Höhlensystem befinden, das angeblich dem Surrealisten H. R. Giger nachempfunden wurde, ist dieser Teil des Films optisch „alles schon da gewesen“ und inhaltlich so lange nervtötend uninteressant, bis – ja, bis die Aliens kommen. Die schauen auch aus wie immer, nichts Neues über der Sonne, und das Alte ist in diesem Fall nicht gut. Gut, fressen sich noch immer in die Leute hinein… Aber offen gestanden: Nein, Ridley Scott, was Besonderes ist Dir für diesen Film wahrlich nicht eingefallen. Denn eigentlich tut sich fast gar nichts, nichts ist spannend, überraschend, beklemmend, faszinierend, nichts – und das über zwei Stunden lang.
Wieder gibt es, wie einst bei dem Ur-„Alien“ (Sigourney Weaver steht damit im goldenen Buch der Filmgeschichte), eine weibliche Heldin. Diesmal ist es „Lisbeth Salander“ - Noomi Rapace mit ihrem seltsam glatten, irgendwie ausdruckslosen Gesicht, die die wackere Wissenschaftlerin Elizabeth Shaw spielt. Man glaubt ihr mehr aufgrund ihres Salander-Images als aufgrund ihrer tatsächlichen Leistung, daß sie ein hartes Mädchen ist. Denn die letztendlich gruseligste Szene des Films ist jene, da sie erkennt, daß sie mit einem Alien schwanger ist – und sie sich selbst auf den Operationstisch legt und jene Greifzangen und Messer in Bewegung setzt, die ihr das gute Stück aus dem Bauch herausschneiden und –reißen. Gruselig, wie gesagt.
 
Am Ende geht alles drunter und drüber, und es bleibt fast nur die Heldin übrig. Fast, denn der Film hat zumindest ein bestes Stück, um dessentwillen Leute, die sich für Schauspieler interessieren, nicht gänzlich enttäuscht sein werden: Es ist Michael Fassbender. Vielmehr ein Androide namens David, den wir anfangs bei einer höchst interessanten Tätigkeit erwischen: Er schaut sich alte Filme an. Konkret „Lawrence von Arabien“. Er übt, berühmte Zeilen des Films à la Peter O’Toole nachzusprechen: „The trick, William Potter, is not minding that it hurts.“ Ein Automat versucht, ein Mensch zu sein – Fassbender macht das faszinierend, mit einer Unbeweglichkeitsmiene, die aber keineswegs abstoßend, sondern sehr gewinnend ist. Immer wieder wird im Lauf des Films klar, daß der Kunstmensch der bessere Gefährte ist als die unberechenbaren, emotional unstabilen Echtmenschen.
Ja, und wenn Elizabeth Shaw am Ende als einzige Überlebende das Weite sucht (wer weiß, wohin), dann hat sie zumindest den Kopf ihres Androiden in der Tasche… Und wenn Fassbender sicher wieder dabei sein wird, dann hält man vermutlich auch noch eine weitere, bereits angedrohte Fortsetzung aus.
 
 
Dieser Beitrag von Dr. Renate Wagner erschien zuvor in „Der Neue Merker“ Wien.
Übernahme mit freundlicher Genehmigung.