Willkommen zu den World-Doping-Games!

London 2012 setzt neue Maßstäbe - Ein Zwischenruf

von Peter Bilsing

© Bernd Ertl
Willkommen mal wieder
bei den Welt-Doping-Games
2012 in London
 
„Mens sana in corpore sano“
(Juvenal - 127 n. Chr.)
 
„Und so etwas nennt sich Krone der Schöpfung“
(Alf)
 
 …dem internationalen Wettmessen,
den Olympischen Spielen
des realen Leistungsvergleichs
der besten Pharmalabore
dieser Erde
und ihrer Versuchskaninchen
 
Jetzt mal Hand aufs Herz und tief durchatmen liebe Philanthropen und Sportsfreunde: Fakt ist, daß bereits vor gut 40 Jahren die absolute Leistungsfähigkeit des menschlichen Körper erreicht wurde (Hollmann, Köln). Daher ist die These naheliegend und logisch, daß alle Weltrekorde in den Kraft- und Ausdauersportarten ausschließlich auf Doping d. h. unerlaubter Benutzung von unnatürlich und höchst ungesund leistungssteigernden Medikamenten, Drogen bzw. anderen Methoden (Blutaustausch... etc.) beruhen. Dr. Frankenstein läßt grüßen. Man fing an, am Menschen herumzubasteln - durch Gen-Manipulation, Blutveränderung- und Austausch, Hormone, synthetische Drogen etc... Wer weiß, ob nicht sogar schon der Operateur tätig war - Ganz neu in den letzten Jahren: Humanidentisches IGF-1.
 
Aktuelle und erfolgversprechende Mittel sind zwar extrem teurer herzustellen verändern jedoch ihre Strukturen in streng geheimen Laboren so kontinuierlich, wie die täglichen Börsenkurse, sodaß die normalen Kontrollbehörden niemals Nachweise beibringen können. Das verhält sich bei den an dumme Jugendliche in Discotheken verscherbelte Designer-Drogen, denen die Kiminalpolizei stets einen bis zwei Schritte hinterherhinkt, ebenso. Der gängige „Urintest“ bei Sportlern ist natürlich schon seit Jahrzehnten die absolute Lachnummer; das ist in etwa so, als wenn unsere brave Polizei extreme Raser mittels Fingerzählen zwischen zwei Punkten ermitteln wollte: „Eins, zwei, drei - zu schnell!“ Die richtigen Doper lachen sich darüber schon lange schlapp.
Darüber hinaus haben natürlich die großen Organisationen (allen voran das Olympische Komitee), trotz aller heuchlerischen Gegenreden und lächerlichen Alibi-Aktionen (Tests) nicht das geringste wirkliche Interesse, richtiges Doping tatsächlich aufzuklären und die „Helden der Nationen“ zu bestrafen. Sp(r)itzen-Sport ist Alltag bei Wettkämpfen. Höher, besser, schneller, weiter - heißt das Motto. Nur die Goldmedaille zählt! Ein zweiter Platz gilt als Schande und Fehlleistung. Du Versager!
 
Ostblock-Sportler (aber nicht nur diese) wurden früher geächtet, verprügelt oder isoliert, wenn sie die Ansprüche des Vaterlandes nicht erfüllten. Es wurden sogar als Frauen verkleidete Männer in bestimmten Sportarten an den Start geschickt, die nach Einführung der Geschlechtskontrolle von einem Tag auf den anderen nie mehr gesehen wurden. Man muß das Schlimmste über deren Schicksal annehmen. Heute werden in China (aber nicht nur da) kleine Kinder verbogen, auf Streckbänken gedehnt oder anderen mittelalterlichen Methoden unterzogen wie einst die vermeintlichen Hexen von der katholischen Inquisition - heuer wird das natürlich alles von Ärzten begleitet und forschend wissenschaftlich unterstützt. Vieles sieht auch für Außenstehenden gar nicht mehr so aus, wie noch zu Zeiten der Kirchenfolterer. Sport muß Spaß machen! Wie bitte? Ich könnte heulen, wenn ich die (natürlich verboten gefilmten) kleinen Kinder in China beim Training sehe, wie sie schon im Alter von 3-4 Jahren von „Spitzentrainern“ und Betreuern gefolter-formt werden. Was nicht paßt und nicht geht, wird passend gemacht oder aussortiert. Später freuen wir uns alle: Wie toll ist doch Olympia: schaut was die süßen Kleinen auf Schwebebalken etc. alles zustande bringen. Der Preis ist ihre Gesundheit.
Es muß auch die Frage erlaubt sein, wieso 49 Staaten der Erde die Anti-Doping-Regeln der WADA nicht anerkennen - darunter Nordkorea, dessen Gewichtheberin
Jong Sim Rim gestern die Goldmedaille in der Klasse bis 69 kg gewonnen hat. Wer sich da ausschließt, muß automatisch unter Verdacht stehen. Und wie sagte doch so treffend ein Fernsehkommentator gestern zum Auftritt der armenischen Gewichtheber"in" Meline Daluzyan: "Helge Schneider würde sagen: Eine Frau geht seinen Weg."
 
Nehmen wir z.B. das Wachstumshormon HGH, das normaler Weise zur Behandlung von Kleinwüchsigkeit eingesetzt wird. Das Wachstumshormon HGH läßt nicht nur die Muskeln, sondern auch die Knochen wachsen, mit langen Gliedmaßen, einem verformten Kopf und Riesenhänden als Folge.
Der märchenhafte 400-Meter-Lagen-Weltrekord der jungen Chinesin Ye Shiwen bei ihrem Olympia-Sieg vor wenigen Tagen hat neben Bewunderern eine ganze Reihe von Zweiflern auf den Plan gerufen. Sie werfen die Frage auf, wie es sein kann, daß die junge Frau bei ihrem Wettbewerb nicht nur den Weltrekord über 400 Meter Lagen um 1,02 Sekunden verbesserte, sondern beim Endspurt auf den letzten 50 Metern Freistil in 28,93 Sekunden sogar schneller war als US-Superstar Ryan Lochte bei den Männern. „Auf ihrer vorletzten Bahn pflügte Ye Shiwen acht Hundertstel schneller durchs Wasser als Michael Phelps in dessen Rennen“ (schreibt Der Spiegel).
Unzweideutig nachzuweisen ist: Ye Shiwen hat besonders große Hände, mit denen sie natürlich überdurchschnittlich viel Wasser zur Seite schaufeln kann. Ein klarer Vorteil für eine Schwimmerin! Nur zur Erinnerung: Männer haben in der Regel etwa 10 bis 15 Prozent mehr Muskelmasse als Frauen - das ist genmäßig bedingte Tatsache. Zumindest bis heute... Viel Spaß beim Gewichtheben der Frauen! Die Eurosport-Kommentare über bestimmte Gewichtheberinnen aus klassischen Doping-Ländern vom Dienstagnachmittag sprechen eine sehr deutliche Sprache.
 
Honsi soit qui mal y pense...
 
Erwischt werden nur noch Blöde, Arme, Unbedarfte oder schlicht Unglücksraben. So der albanische Gewichtheber Hysen Pulaku - man fand das anabole Uralt-Steroid Stanozolol. Au weia. Ach du jemine! Mit Stanozolol, mein lieber Freund, wurde doch schon 1988 in Seoul der kanadische Sprinter Ben Johnson gedopt und man hatte damit für einen der spektakulärsten Fälle in der olympischen Geschichte gesorgt. He, was ist mit dem 2007 überführten Fahrrad-Doper Alexander Winokurow, der gerade (im Alter von 38 Jahren) beim Straßenrennen in London die Goldmedallie holte. „Das ist ein schwarzer Tag für den Radsport“ so der Nürnberger Pharmakologe Prof. Fritz Sörgel.
Aber, aber Herr Sörgel! Die ganze verlogene TOUR-de-FRANCE ist das doch! Selbst mit dem aktuell stärksten Elektrofahrrad kann kein Mensch mit 25-30 km/h die steilen Kurven nach Alpe d´Huez, Les Deux Alpes oder über den Col d e´l'iseran herauf fahren. Sogar ein Mofa mit Benzinmotor hat Probleme - vor 40 Jahren mußte ich meine geliehen Velo-Solex vor Ort schieben! Nix geht mehr ohne Epo beim Toursport. Dazu sagt der Mediziner: „Die Ausdauerleistungsfähigkeit ist wesentlich vom Sauerstoffaufnahmevermögen abhängig. Erythropoetin (Epo), ein Peptidhormon, stimuliert die Produktion roter Blutkörperchen. Die erhöhte Anzahl im Organismus zirkulierender Erythrozyten führt zu einer Verbesserung der Sauerstoffaufnahmekapazität des Blutes und hat damit eine Steigerung der Ausdauerleistungsfähigkeit zur Folge.“ Rechtzeitig abgesetzt ist es mit den aktuellen Stümpermethoden nicht mehr nachweisbar.
 
Heute ist (s.o.) Gen-Doping angesagt. Beim Gen-Doping wird aktiv in das Erbgut des Menschen eingegriffen, und es werden die Zellen des Körpers so verändert, daß sich Leistungssteigerungen für die jeweilige Sportart ergeben. Gen-Doping wird überwiegend für den Muskelaufbau und im Ausdauerbereich eingesetzt. Gene lassen sich beispielsweise so verändern, daß der Körper ganz automatisch mehr Blutkörper produziert oder daß das natürliche Muskelwachstum gefördert wird  usw. usw. - eine Horrorliste ohne Ende mit vielen, sehr vielen noch Unbekannten.
Wenn Sie mir jetzt vorhalten, daß z. B. Handball (meine Ex-Sportart) oder Fußball - unsere Nationalsportart - nicht nur schwulen-, sondern auch dopingfrei ist, dann falle ich mit einem Lachkrampf sofort unter meinen Schreibtisch. Kleine Anekdote dazu: Letztlich fiel mir ein Schüler im Kraftraum auf; er hatte ungewöhnliche viele Pickel und regelrechte Schwangerschaftsstreifen an den wuchtigen Oberarmen. Von mir angesprochen erzählte er unbefangen und ehrlich, daß im Umkleideraum seines Handballvereins, wo vorher die Profis trainieren (Pharmazeichen im Logo) immer ein Pappkarton mit kleinen Einwegspritzen liege, welche er als A-Jugend-Spieler auch benutzen dürfe. „Tabletten bringen dir nichts!“ hatte ihm der nette Profisportler gesagt „die scheißt Du zu 99 % wieder aus!“ Stimmt! Kann ich als altes Diplomsportlehrer-Fossil bestätigen. Oraler Krempel führt nur zu Magen- Darmstörungen.
 
Was ist zu tun?
 
Doping erlauben, aber Zutritt dazu nur ab 18 Jahre?
 
Leute, laßt uns endlich ehrlich sein! Wer 18 Jahre alt ist, darf nicht nur wählen, sondern auch seinen Körper verunstalten und schädigen. Ob Alkoholmißbrauch, Drogen, Tätowierungen, Piercings oder Metallkugeln unter der Haut - wir tolerieren doch auch solchen Schwachsinn. Jedem Tierchen sein Pläsierchen! Wer wählen gehen darf oder (böses Beispiel) wem es als Soldat im Einsatz erlaubt ist, sogar Menschen zu töten, sollte sich auch auf der anderen Seite des Menschenbildes, nämlich als „vorbildlich anerkannter“ gesunder Leistungssportler, eintrichtern oder spritzen dürfen, was er mag und abwägen kann. Dröhnt Euch, wenn ihr volljährig seid, doch alles rein, was geht - bis Euch der Schädel platzt, die Muskel abreißen oder die Organe verkümmern bzw. ihren Dienst einstellen. Den Straftatbestand der „Selbstverstümmelung“ gibt es in unserer heutigen zivilisierten Welt nicht mehr. Und wenn die Welt halt panem et circensis haben möchte, dann soll es so sein. Aber freiwillig!
 
Und stoppt endlich diese elende, jede Intelligenz beleidigende Dauer-Verlogenheit der Kinderverblödung, daß sportliche Spitzenleistung durch besonderes und fleißiges (natürlich streng wissenschaftlich erarbeitetes) Training, viele bunte Vitamine und gesunder Ernährung möglich ist.
Spitzensport - egal welcher Couleur - ist gesundheitsschädlich! Hochleistungssport schädigt Ihren Körper irreparabel! Ja, wo sollte man das eigentlich überall aufdrucken oder aushängen.? Leider gibt es mittlerweile auch zunehmend im Breitensport Doping. (s.u.)
 
 
P.S. Nachtrag für Ungläubige
 
Der König und Weltstar des Bodybuilding, unser heißgeliebter Superschauspieler und US-Ex-Gouverneur Arnold Schwarzenegger (ich bin nebenbei ein Fan von ihm), das Ebenbild sowie der Inbegriff sinnlich-körperlicher Gesundheit und des optischen Frohsinns, hat schon mehrere Herzoperationen hinter sich und gerade ein neues Hüftgelenk bekommen - sollte uns Berufsoptimisten das irgendwie vielleicht doch, wenn auch nur ein ganz klein wenig, zu denken geben?
 
Peter Bilsing (Dipl. Sportlehrer, Deutsche Sporthochschule Köln 1978)
 

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