Zarte Riesen

Deep Schrott - "Plays Dylan & Eisler"

von Frank Becker
Elementar

Was hatten wir nicht schon alles: Streichquartette, Posaunen-Quartette, natürlich auch Saxophon-Quartette, sogar ein gottvolles Tuba-Quartett konnten wir Ihnen schon vorstellen. Aber das hier gibt´s (vermutlich sogar weltweit) wirklich nur dieses eine und einzige Mal: vier Baß-Saxophonisten ohne Beiwerk - aber mit viel Seele und ungeheurer Musikalität, die sich in humorvoll ironischer, fast koketter Selbsteinschätzung „Deep Schrott“ nennen. „Deep“ stimmt, „Schrott“ mitnichten.
 
Mit einem ganz kleinen (1:06) aber inspirierenden „Tambourine Man“ starten die Vier ihre neun Stücke umfassende von ihnen selbst arrangierte Bob Dylan-Reihe. Ein polyphones Meisterstückchen ist das anknüpfende „Like A Rolling Stone“ – so noch nie gehört und durch seine hinreißende Interpretation und wechselnden Stimmungen wieder ganz neu und unvergeßlich. Die leise Ballade des dünnen Mannes wird vom strahlend positiven Klang des „I Want You“ abgelöst, das melancholische „Blowing In The Wind“ kommt beinahe wie eine Flottille mächtiger doch zugleich zaghafter Nebelhörner daher. Es ist eine Hitparade der ziemlich anderen Art: „Lay Lady Lay“, „Just Like A Woman“, „“Knockin´ On Heaven´s Door“, „Rainy Day Woman“. Schlag auf Schlag ein wuchtiges Hörerlebnis – vergnüglich, Spannend, virtuos.
 
„Was spricht eigentlich gegen den Kommunismus?“ fragt Hanns Eisler in „Lob des Kommunismus“. Dirk Raulf spricht hier brillant in archaisierender Akustik den einzigen Vokal-Beitrag des ungewöhnlichen Projekts, eine der Perlen dieses raren Albums. Perfekt trifft „Deep Schrott“ auch in den abschließenden Eisler-Stücken „Die freie Wirtschaft“ und „Das Vielleicht-Lied“ dessen Tonfall, der die musikalischen Dramen Bertolt Brechts erst charakteristisch gemacht hat. Verzeihen wir Eisler seine verblendete Hingabe zur DDR und dem diktatorischen Kommunismus und danken wir ihm für seine Musik (auch wenn er für die DDR-Hymne bei Peter Kreuder geklaut haben soll). Und danken wir Deep Schrott für dieses außergewöhnliche, elementare Album.
 
 
 
Beispielbild

Deep Schrott
Plays Dylan & Eisler
The Bass Sax Quartet Live
 
Andreas Kaling : Baß-Saxophon
Wollie Kaiser : Baß-Saxophon
Jan Klare : Baß-Saxophon
Dirk Raulf : Baß-Saxophon
 
© 2012 Poise Records
(CD/Digital)

Titel:

Deep Schrott Plays Dylan
01. Mr. Tambourine Man  1:05
02. Like A Rolling Stone  3:44
03. Ballad of a Thin Man  3:38
04. I Want You  3:00
05. Blowing in the Wind  3:52
06. Lay Lady Lay  4:26
07. Just Like a Woman  4:59
08. Knockin' on Heaven's Door 2:44
09. Rainy Day Women   4:02
4 Songs by Hanns Eisler (arr. Raulf)
10. Lob des Kommunismus 2:11
11. An den kleinen Radioapparat 2:16
12. Die freie Wirtschaft 1:21
13. Das Vielleicht-Lied 2:01
 
Gesamtzeit: 40:02
 
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