Auftritt per Rolltreppe

Heitere Konsum-Revue im Wuppertaler „Kaufhof“ zum Tietz-Jubiläum

von Martin Hagemeyer

Foto © Martin Hagemeyer

Auftritt per Rolltreppe

Heitere Konsum-Revue im „Kaufhof“
zum Tietz-Jubiläum
 
Frollein, wo kauft man denn hier Knöpfe?“ So gehört dieser Tage im Kaufhof am Wuppertaler Neumarkt. Zugegeben: Keine ganz spontane Kundenanfrage, sondern eine Szene aus der 1928 uraufgeführten Revue „Es liegt in der Luft“ von Mischa Spoliansky und Marcellus Schiffer, nun Teil und Höhepunkt der Veranstaltungsreihe zu „100 Jahren Warenhaus Tietz in Wuppertal“. Da Firmengründer Leonhard Tietz Jude war, war es die Begegnungsstätte Alte Synagoge, die die Reihe organisiert hatte – auch um weniger präsente Aspekte deutsch-jüdischer Geschichte ins Bewußtsein zu rücken.
 
In diesem Fall also das Warenhaus als „Konsumtempel und Ort der Moderne“, wie es im Untertitel hieß. Aber nicht nur: Auch Bühne war an diesem Abend schließlich das seit 1912 dort bestehende Elberfelder Kaufhaus, genauer: die „Damenkonfektionsabteilung GALERIA Kaufhof, Eingang Neumarktstraße (West). Schon diese schöne Ankündigung des Spielortes lohnte den Besuch der Aufführung, die vier Musikstudenten und -studentinnen der Bergischen Universität unter Leitung der Dozentin Cornelia Niedzkowski und des Schauspielers Thomas Braus vor „vollem Haus“ aufführten. Geschäftsführer Jos Coenen hatte bei der Begrüßung etwas Mühe, den Untertitel auf sein Haus zu beziehen – „,Tempel‘ ist vielleicht etwas übertrieben…“, das ja durchaus kritische „Konsum“ blieb lieber ganz unerwähnt, aber: „‚Modern‘ paßt auf jeden Fall – wir haben neulich renoviert.“
 
Sei’s drum: Es war ein witziges Erlebnis, auf Bänken zwischen Aufzug und Kasse vier dem humorigen Szenen- und Liederreigen aus der Frühzeit der modernen Kaufkultur zu lauschen. Und eine Zeitreise, auch was den Humor betrifft: etwa wenn Florian Korth und Lena Schweizer als herzige „Reklamekinder“ „Peter und Petersilie“ posierten. Oder beim Wunsch des verdrucksten Kunden an die Verkäuferin: „Führen Sie nicht etwas Unanständiges?“ Auch gesungen gab es manch charmante Verstaubtheit zu hören wie „Alle Männer, alle Frau’n / Lieben das Gefühl, zu klau’n“, bis die Genannten zusammen mit Julian Suzuki und Katharina Schumacher am Ende das Titellied anstimmten. Letztere gefiel zuvor besonders mit Stücken wie „Abwärts! Aufwärts!“ als Diva von der Rolltreppe, ehe sie schimpfend zwischen den Kleiderständern entschwand.
 
Und was die Schnäppchenjagd angeht, wenn auch hier heiter überspitzt mit „Angeboten“ wie „Zwei Paar fehlerhafte Strümpfe und ein Topf ohne Henkel“: Das ist auch uns Heutigen ja alles andere als unvertraut – und vielleicht geringfügig modifiziert etwa durch Austausch der „Knöpfe“ im Eingangszitat gegen, sagen wir, „Coffee-Pads“: Dann hat sich eigentlich doch gar nichts geändert.