Beschwörung der Geister

Skulpturen und Masken aus Nigeria in Tony Craggs Skulpturenpark

von Frank Becker

Idiok Ekpo Anang Ibibio - Foto © Frank Becker
Zeugnisse von Kult
und Kultur


Man kommt nicht umhin einzuräumen, daß die seit gestern im lichtdurchfluteten Ausstellungskubus des Wuppertaler Skulpturenparks von Tony Cragg  ausgestellten kultischen Masken und Skulpturen aus dem Südosten Nigerias selbst in unserer aufgeklärten, säkularen westlichen Welt und Kultur und sogar bei hellem Tag und ein wenig unheimlich, wenn nicht gar bedrohlich wirken. Damit haben sie ihren Zweck erreicht, denn nichts anderes war seit jeher ihr Ziel: Verkörperung der Macht und Gefährlichkeit der Geister, die entweder im religiösen Kontext zu beschwören oder zu beschwichtigen waren - oder aber die als Schutzgeister den Repräsentanten weltlicher Macht zur Seite standen.

Der gelegentlich erstaunlich wirksame Glaube an Naturgötter ist nicht allein Afrika eigen - bevor Christentum und Islam in bitterer Konkurrenz weltweit mit ihrer Blutvergießen "für Gott und Allah" nicht scheuenden Missionstätigkeit in den "unterentwickelten" Regionen Afrikas, Asiens, Amerikas und Australiens begannen, wußten sich die sogenannten Naturvölker mit einer Vielzahl von Göttern, Schutzgeistern und Magie gut zu helfen. Die für Beschwörungen und kultische Handlungen benutzten Gegenstände und Masken wurden - hier am afrikanischen Beispiel Nigerias zu sehen - im Laufe des Landraubs, der Versklavung und Unterdrückung der Bevölkerung und ihrer zwangsweisen Christianisierung bzw. Islamisierung ihrer Bedeutung beraubt und zum begehrten Sammelobjekt überwiegend europäischer, aber auch arabischer Interessenten. So landeten solche Masken, wie sie jetzt in erstaunlichere Zahl und Fülle in Wuppertal zu sehen sind, in europäischen Kabinetten, Museen, naturkundlichen und Missions-Sammlungen.

Das Besondere an den 40 bis zum 15. Juli 2012 in Wuppertal gezeigten nigerianischen Masken und Skulpturen ist, daß alle bisher nie zuvor in der Öffentlichkeit zu sehen waren, da sie verschlossen in privaten Sammlungen schlummerten, zu großen Teilen in der des Kurators Dierk Dierking sowie einiger anderer Leihgeber. Aus Holz, Tierhäuten, Fasern, Stoffen, Pigmenten und verschiedenen Metallen gefertigten Kunstwerke können überwiegend ziemlich genau ihren Ursprungsgebieten zugeordnet werden. In einem Fall, beim jüngsten Objekt ca. aus dem Jahr 1950, kann sogar der Künstler Ofunwa Ume of Akwa, genannt werden. Sehen sie einige Impressionen.

 
Foto © Frank Becker



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Mfon Ekpo Anang Ibibio  - 
Foto © Frank Becker

Von Mai bis Juli wird die Ausstellung von einem spannenden kulturhistorischen, literarischen und musikalischen Programm begleitet, das u.a. von dem Ethnologen Herbert M. Cole, den Schauspielern Dietmar Bär und Mechthild Großmann und den Musikern Fatoumata Diawara, Volker Goetze und Chiwoniso Maraire Mbira gestaltet wird.

Termine, Öffnungszeiten und weitere Informationen: www.skulpturenpark-waldfrieden.de