Es reicht, Herr Wulff!

Ein Kommentar

von Ludwig Lenis
Es reicht, Herr Wulff!
 
Eigentlich hatte ich geglaubt, blauäugig, wie ich nun mal in die Welt schaue, daß solche grotesken, einer sogenannten Demokratie und ihrer gewählten Vertreter unwürdigen Vorgänge nur im finstersten Herzen Afrikas, vielleicht noch in Mittelamerika, auf den Philippinen oder allenfalls in Italien unter Berlusconi möglich seien. Ich habe mich getäuscht. Deutschland hat sich durch Christian Wulff und die ihm verpflichteten politischen Beamten als Bananenrepublik desavouiert. Das ist bitter.

Wir wollen hier nicht noch einmal all die sich zu einem handfesten Vorteilnahme-Skandal summierenden Vorwürfe (alle hatten mit schnödem Geld zu tun) gegen den ehemaligen Ministerpräsidenten und mit aller Gewalt von CDU-Kanzlerin Angela Merkel zum Bundespräsidenten durchgesetzten CDU-Politiker Christian Wulff aufkochen. Das ist alles lang und breit öffentlich ausgebreitet worden und auch in der letzten Dachkammer unserer Republik bekannt. Immerhin hat Herr Wulff kein öffentliches Ehrenwort gegeben, davor hat ihn der noch tiefere Sturz seines verblichenen Kollegen Uwe Barschel gewarnt. Aber er hat sich so lange an seinen Präsidenten-Sessel geklammert, wie es die massiven Vorwürfe nur zuließen. Als er schließlich angesichts der nicht mehr zu vermeidenden Vertreibung aus dem Präsidenten-Paradies zurücktrat, hängte er dem den feierlichen Mantel der politischen Rücksichtnahme um. Und jeder wußte, daß er über seine eigene ungeschickte wie maßlose Überheblichkeit gestolpert war.

Diese verblüffend kurzsichtige Maßlosigkeit (und wieder geht es um schnödes Geld) führt er Deutschland jetzt erneut vor Augen, indem er sich von einem einst von ihm selbst eingesetzten Beamten des Bundespräsidialamtes seinen nicht nur vom Wort her wahrlich unverdienten lebenslänglichen „Ehrensold“ zuschustern läßt – und des weiteren auf dem ebenso lebenslänglichen und ebenso unverdienten Ex-Präsidenten-Büro samt Chauffeur, Dienstwagen und Sekretärin besteht. Das ist dermaßen schamlos, daß mir glatt die angemessenen Worte der Empörung fehlen, bzw. nicht fehlen – ich spreche sie nur nicht aus, weil ich mich von Herrn Wulff, der ja nächstens wieder als Rechtsanwalt arbeiten wird - auch das ein Hohn - nicht verklagen lassen möchte.

Was mir nun überdies die Zornesröte ins Gesicht treibt, ist die Tatsache, daß diesem Mann nun auch noch einer geblasen wird. Ein Zapfenstreich nämlich. Heute Abend. Da treten deutsche Soldaten in schimmernder Wehr an, um einen wenig ehrenhaft abgehalfterten Präsidenten von Merkels Gnaden mit allen Ehren und Musik zu verabschieden. Und der hat die Stirn, sich auch noch eine Zugabe zu seiner Abschieds-Hitparade auszubitten. Ich bin sicher, man wird ihm auch die blasen. Wohin wohl?

Mit einem Rest von politischer Vernunft, mit ein wenig Anstand gegenüber den Bürgern unseres Landes und nicht zuletzt mit ein wenig Selbstachtung würde Herr Wulff mit einer dezenten Verbeugung auf all diese völlig unangemessenen Gelder und Ehren verzichten. Sein ehrenhaft zurückgetretener Vorgänger Horst Köhler - ein Mann der allen Respekt verdient – hat es ihm, zumindest was den Ehrensold angeht, vorgemacht. Das finden auch Wulffs Vorgänger und sein designierter Nachfolger. Die kommen nämlich nicht zu dem peinlichen Spektakel. Wulff könnte jetzt ein wenig Demut zeigen. Er könnte damit seinem Namen ein wenig von dem Glanz zurückgeben, den er vielleicht einmal hatte.