Kostbare Geschenke

Preisträger des Buindeswettbwerbs „Jugend musiziert“ verzaubern mit Meisterleistungen

von Frank Becker
Kostbare Geschenke
 
Johanna Ponzer, Svenja Kallweit,
Amadeus Wiesensee und Clemens Schuldt
mit Werken von
Reinecke, Berlioz und Rachmaninow
 
Man kann nach einem solch beglückenden Abend getrost von einem Geschenk sprechen, sind doch musikalische Kostbarkeiten, wie sie am vergangenen Freitag im Preisträger-Konzert „Total Genial“ des Wettbewerbs „Jugend musiziert“ im Remscheider Teo Otto Theater präsentiert wurden, von großer Seltenheit, zumal, wenn die aufführenden Künstler nicht nur durch ihre hohe Kunst, sondern auch durch ihr jugendliches Alter überraschen. Noch hat sich diese hervorragende Reihe in Remscheid nicht ganz durchgesetzt – etwas mehr Gäste als im Vorjahr waren gekommen – doch wird sich herumsprechen, welch exorbitante Darbietungen jene versäumt haben, die an diesem Abend nicht dabei waren.
 
Die Harfenistin Johanna Ponzer (19), im eleganten nachtblauen Kleid zum dunklen Haar, eröffnete den köstlichen Reigen mit Carl Heinrich Reineckes Harfenkonzert e-Moll op. 182, am Pult der sensibel begleitenden Bergischen Symphoniker Clemens Schuldt (28). Der bereits vor Beendigung seines Dirigierstudiums international hochrangig tätige Schuldt führte die Symphoniker mit leichter Hand und eindrucksvoller Körpersprache. Nach einer wunderbar umarmenden Akkord-Bewegung baut das Konzert, noch der Romantik verpflichtet, im Allegro moderato einen weit von blauem Frühlingshimmel überspannten Prospekt auf. Streicher und Blech legen einen dichten Teppich, über dem Harfe und Holzbläser harmonieren, das große Solo der Harfe wird weich von der Oboe aufgenommen. Ein gefühlvolles Klangbad, das sich in den weichen, traumschön schwebenden Linien des Adagio, als berühre sie die Saiten kaum - und dem strahlenden Licht des strake Akzente setzenden Finale mit seinen Trompeten-Fanfaren fortsetzt.
 
Mit den sechs Liedern der „Sommernächte“ von Hector Berlioz (Seine Instrumentierung ist so entsetzlich schmutzig., zitiert Moderator Ulrich Mutz mit Augenzwinkern Berlioz´ Kollegen Mendelssohn) wurden die Zuhörer auch zu Zuschauern, denn ebenso faszinierend wie die reife Stimme der 20-jährigen Ausnahme-Sängerin Svenja Kallweit ist ihre Erscheinung. Eine schlanke Schönheit im bodenlangen, schulterfreien altrosa Abendkleid, mit hüftlangem dunkelblondem Haar und blitzenden Augen steht auf der Bühne – und beherrscht mühelos alle Sopranlagen mit Möglichkeiten bis zum Alt, ausdrucksvoll, ungemein variabel, weitgespannt - eine Stimme, die das Orchester auf die Plätze verweist. Dramatisch, beschwörend, schwermütig, doch auch heiter und beschwingt liefert Svenja Kallweit eine mit- und hinreißende Interpretation der „Nuit d´ete“. Das fließt leicht und perlend und glänzt zugleich kraftvoll klar in den Höhen.
 
Sergej Rachmaninow hat mit seinem 2. Klavierkonzert nicht nur den Durchbruch geschafft, er hat damit eines der schönsten Konzerte der Klavierliteratur überhaupt geschrieben – und eines der schwierigsten, wie Ulrich Mutz in seiner bewährt brillanten Moderation wissen läßt. Den Beweis trat sensationell sogleich der letzte Solist des Abend an, der wie seine Kolleginnen bereits international gefragte Amadeus Wiesensee. Es ist Musik, in der man baden kann, ja baden muß, Musik, die schwärmt und prickelt, die jubelt und in tiefste Schwermut versenkt. Daß alles das ein erst 19-jähriger Pianist, eben dem Knabenalter entwachsen, illustrieren kann, erscheint nahezu unfaßbar. Weich fließend, dann kraftvoll, mit hoher Anschlagkultur und brillanter Grifftechnik, mit Feuer und Sentiment, wirbelnd und lyrisch tut er das, ohne Blatt, notabene, die bestens aufgestellten Symphoniker unter Clemens Schuldt stets an seiner Seite. Ein virtuoser Hochgenuß, der mit lauten Bravi belohnt wurde – wie alle Beteiligten beim tosendem Schlußapplaus. Welch beglückender Abend!
 
 Weitere Informationen: www.jugend-musiziert.org/  und  www.bergischesymphoniker.de